Börsen: Wie weiter, und wo gibt es noch Gewinnchancen?

Aktuell steht der SMI bei etwa 10’300 Punkten. Das sind rund 2700 Punkte weniger als beim Höchststand im Dezember 2021. Angesichts dieses Rückgangs fragen sich viele Anlegende, ob nicht bald das Ende der Talsohle erreicht ist. Leider bieten die entscheidenden Börsenfaktoren nur wenig Grund für Optimismus und Zuversicht. Eine Übersicht. 1. Wo stehen wir? Von Anfang 2019 bis Ende 2021 ist der SMI um mehr als 50 Prozent gestiegen. Im langfristigen Mittel erzielen Schweizer Aktien allerdings eine Nominalrendite von lediglich 7 Prozent. Eine Rendite von jährlich 14,5 Prozent, wie von 2019 bis 2021, ist offensichtlich ein extremes Ergebnis. Leider kehren die Börsen langfristig von solchen Höhenflügen zu ihren Durchschnittswerten zurück. Das Ergebnis für US-Titel, die auch die hiesigen Börsen bestimmen, ist noch extremer. Der S&P 500 etwa legte von 2019 bis 2021 um knapp 100 Prozent zu, Anlegende haben ihr Geld in dieser kurzen Zeit also verdoppelt. Eine Rückkehr zu den langfristigen Mittelwerten könnte dabei auf zwei Arten passieren: Durch eine lange Phase mit mehr oder weniger seitwärts tendierenden Kursen. Oder durch einen ausgeprägten Rückschlag, von dem aus es dann wieder aufwärts geht. Im Moment zeichnet sich an den Finanzmärkten eher der zweite Weg ab. 2. Wie geht es weiter? Hätte der SMI seit Anfang 2019 und einem Punktestand von 8430 jedes Jahr seine Durchschnittsrendite von 7 Prozent erzielt, stünde er Ende 2022 bei 11000 Punkten. Selbst nach den Rückschlägen der jüngsten Zeit sind die Börsen im Vergleich zu den langjährigen Durchschnittswerten also keineswegs stark unterbewertet. Aber das ist nicht alles. Denn normalerweise sinken die Kurse nach einer euphorischen Boomphase nicht einfach auf ein fundamental gerechtfertigtes Niveau ab. Wenn es in der Aufwärtsbewegung der Börsen zu Übertreibungen gekommen ist, schwingt das Pendel dann häufig auch in der Gegenrichtung weit über das fundamental gerechtfertigte Niveau aus. 3. Wie weit runter kann es noch gehen? Nach euphorischen Boomphasen werden die Gewinne aus den vorangegangenen drei oder vier Jahren nicht selten geradezu pulverisiert. Davon ist bis jetzt noch nichts zu sehen. Angenommen, die Kurse kehren zum Niveau von 2019 zurück. Das bedeutet, der SMI würde bei rund 8400 Punkten notieren, der S&P 500 bei 2500 Punkten. Das wären selbst vom aktuellen Niveau aus Rückschläge von 20 Prozent beim SMI oder von 30 Prozent beim S&P 500. Dieser Umstand erfüllt nicht wenige Expertinnen und Experten mit Besorgnis. Die Kurse scheinen angesichts der Übertreibungen der letzten Jahre einfach nicht tief genug gefallen zu sein. Dazu kommt, dass es Risiken gibt, die noch nicht in vollem Umfang eingepreist scheinen, etwa das Inflationsrisiko oder das Rezessionsrisiko. Darum befürchten zahlreiche Börsenprofis selbst von dem heutigen, bereits tieferen Niveau aus weiter fallende Kurse. 4. Wie wird die Ertragssaison ausfallen? Kurz gesagt: Die Ertragssaison dürfte für zahlreiche Negativüberraschungen sorgen. Denn die bisherigen Kursrückgänge verdanken sich vor allem den Zinsanhebungen der Zentralbanken. Aber für die Aktienkurse spielen nicht nur die Zinsen eine Rolle, sondern auch die Frage, wie viel die Unternehmen verdienen. Und die Gewinnprognosen der Analysten sind trotz schwierigerem Wirtschaftsumfeld sowie den Inflations- und Rezessionssorgen nur wenig nach unten korrigiert worden. Wie gewaltig die Negativ-Überraschungen sein könnten, zeigt ein Marktbericht von Yardeni Research. Laut dem Finanzunternehmen besagen die Analystenschätzungen, dass die grossen US-Unternehmen im dritten Quartal 2022 ihr Ergebnis zum Vorjahr um durchschnittlich 3,1 Prozent steigern konnten. Yardeni Research geht jedoch von einem Gewinnrückgang um 5,4 Prozent aus. Sollte sich dies auch nur annähernd bewahrheiten, dürften die Börsen einige sehr unruhige Tage haben. Dies umso mehr, als auch die Zahlen für das vierte Quartal einiges an Rückschlagspotenzial aufweisen. Die Analysten gehen von einem Gewinnwachstum der US-Unternehmen von 7,1 Prozent aus. Yardeni Research erwartet dagegen ein Minus von 3,8 Prozent. 5. Wo kann ich als Anleger noch Geld verdienen? Langfristig orientierte Passivinvestorinnen und -investoren machen jede Baisse des breiten Marktes voll mit, falls sie vor allem Indexprodukte im Portfolio haben. Deswegen muss es für sie weniger darum gehen, wo sie noch Geld verdienen können, als vielmehr darum, wie sie ihr Portfolio vor Verlusten schützen. Die einfachste Möglichkeit ist, den Anteil riskanter Anlagen am Portfolio zu verringern. Etwas mehr Möglichkeiten bestehen für aktiv operierende Anglerinnen und Anleger. Sie könnten auf Strategien setzen, die in von Inflation geprägten Bärenmärkten gute Resultate erzielen, etwa Momentum- oder Low-Risk-Strategien (letztere umfassen insbesondere Aktien mit tiefem Beta oder einer tiefen Volatilität). Es gibt auch vereinzelte Aktien, die sich trotz der Rückschläge bei den breiten Aktienindizes in einem Aufwärtstrend befinden. Dazu gehört etwa Eli Lilly. Das US-Pharmaunternehmen setzt seine Schwerpunkte auf Neurowissenschaften, Endokrinologie, Krebs und Immunologie. Geschäftsbereiche also, die auch in schwierigen Zeiten ordentliche Gewinne versprechen. Dementsprechend gut ist die Performance seit Anfang dieses Jahres. Die Aktien von Eli Lilly sind in den letzten acht Monaten um 18 Prozent gestiegen. In die Kategorie der diesjährigen Gewinner gehört auch Globe Life. Die Versicherungsgesellschaft gehört zu Berkshire Hathaway, dem Konzern der legendären Investoren Warren Buffett und Charlie Munger. Globe Life hat seit Anfang Jahr um 13 Prozent zugelegt. Die Gewinnsteigerungen in den letzten fünf Jahren betrug annualisiert über 10 Prozent. Es gibt also durchaus vereinzelte Nischen, in denen Anlegende noch Chancen finden. Eine sehr genaue, vertiefte Analyse ist aber zwingend notwendig, sollte man versuchen, das Portfolio mit Einzeltiteln aufzupeppen.

Börsen: Wie weiter, und wo gibt es noch Gewinnchancen?

Hier lauern jetzt an den Börsen die Gewinnchancen

1. Wo stehen wir?