Der Logistiker Kühne + Nagel kommt neu in den Leitindex SMI – doch deshalb sollte die Aktie nicht gekauft werden

Das Logistikunternehmen Kühne + Nagel steigt in den Börsen-Olymp auf. Am 13. Juni übernimmt die Aktie der Firma den Platz der gescheiterten Grossbank Credit Suisse im Schweizer Leitaktienindex SMI. Dieser bildet die grössten 20 börsennotierten Schweizer Firmen ab. Nicht wenige Privatanlegerinnen und -anleger wittern deswegen eine Investmentchance. Die Überlegung ist folgende: Wenn ein Unternehmen neu in einen Index aufgenommen wird, sind Index-Fonds und Index-ETF gezwungen, die Aktien dieses Unternehmens zu kaufen. Der Aktienkurs von Kühne + Nagel sollte also in den nächsten Tagen steigen. Das klingt zwar plausibel, aber Anlegerinnen und Anleger sind trotzdem gut beraten, jetzt nicht kurzfristig auf Kühne + Nagel setzen, nur weil das Unternehmen neu in den SMI aufgenommen wird. Dagegen spricht die Forschung zu Index-Inklusionen: Der Index-Anbieter Standard & Poor's (S&P) verglich die Überschussrenditen von Firmen, die neu in den US-Leitindex S&P 500 aufgenommen wurden. Gemessen hat S&P die Überschussrenditen in der Zeit zwischen dem Datum der Ankündigung – dann also, wenn S&P die Aufnahme eines Titels in den Index ankündigte – und dem Datum der Neugewichtung – dann, wenn die Aufnahme wirksam wurde. Dabei untersuchte S&P drei verschiedene Zeiträume: 1995 bis 1999, 2000 bis 2010 und 2011 bis 2020. Die Ergebnisse dokumentieren, dass Kurssteigerungen in den Neunzigerjahren gang und gäbe waren, aber dann stark zurückgingen und heute verschwunden sind. Vielleicht ist die Schweiz anders als die USA Nun hat S&P den Leitindex der USA untersucht und nicht den SMI. Es wäre also möglich, dass auf dem Schweizer Markt andere Faktoren eine Rolle spielen oder die Effizienz des hiesigen Marktes nicht so gross ist wie in den USA. Dazu gelten die Untersuchungsergebnisse für das durchschnittliche, neu in den Index kommende Unternehmen. Es wäre also möglich, dass es spezielle Verhältnisse gibt, die im Fall von Kühne + Nagel ein vom Durchschnitt abweichendes Ergebnis bewirken. Allerdings deutet die Aktienkursentwicklung von Kühne + Nagel nicht darauf hin. Privatanlegerinnen und -anleger scheinen also gut beraten, wenn sie sich die Titel des Logistikunternehmens nicht einfach nur deswegen ins Portfolio legen, weil sie nächste Woche in den SMI kommen. Nur schon deswegen, weil es eine zu einfache Überlegung ist. Immer wenn einfache Überlegungen eine Investmentchance nahelegen, sollten Privatanleger misstrauisch werden. Wenn die Index-Aufnahme von Kühne + Nagel eine gute Investment-Chance wäre, könnte sie beispielsweise von Profi-Investoren wie etwa Hedge Funds und anderen professionellen Börsenakteuren ausgenutzt werden. Es wäre dann eine gewinnbringende Strategie für diese Investmentprofis, sich auf Firmen zu konzentrieren, die neu in einen Index aufgenommen werden, um so Überrenditen zu erzielen. Warum Überrenditen kaum mehr gelingen Aber solche Überrenditen gelingen Profis kaum mehr, wie Studien belegen. So haben etwa die Finanzmarktforscher Mike Sebastian und Sudhakar Attaluri festgestellt, dass der Prozentsatz der Profis, die Überrenditen erzielten, im Jahr 1993 bei etwa 20 Prozent lag. Bis 2011 war er auf nur noch 1,6 Prozent gesunken. Was sind die Gründe? Ist das Kompetenzniveau an der Börse etwa gesunken? Nein, ganz im Gegenteil. Früher schafften es auch mittelprächtige Finanzprofis, den Markt zu schlagen. Etwa indem sie die Kurssteigerungen nach Indexinklusionen ausnutzten. Heute gelingen Überrenditen nur einer ganz kleinen Elite von Superinvestoren. Denn die Märkte sind sehr viel effizienter geworden, so dass es kaum noch einfache Investmentchancen gibt, wie etwa einfach auf Indexinklusionen zu setzen.

Der Logistiker Kühne + Nagel kommt neu in den Leitindex SMI – doch deshalb sollte die Aktie nicht gekauft werden

Sollen Anleger jetzt Aktien von Kühne + Nagel kaufen?