Der Traum vom Weinkeller: Kosten, Voraussetzungen und Alternativen

Er liebkost sie, streichelt sie, strahlt sie an. DJ Antoine, der Mann, der immer noch den Rekord für die meistverkaufte Schweizer Single aller Zeiten hält, ist sichtlich glücklich. Er könnte sie alle umarmen und herzen. All die Schönheiten, die sich um ihn scharen. Nein, hier geht es nicht um Groupies oder weibliche Fans – es geht um Weinflaschen. Vielleicht die grösste Liebe des Entertainers. Der Basler ist ein Weinsammler mit Passion. Aber wieso sammelt jemand Wein, in einer Zeit, in der praktisch jede Flasche zu jeder Zeit online verfügbar ist? «Weil es Spass macht, nach den richtigen Weinen zu suchen, sie bei sich zu wissen und jederzeit darauf zugreifen zu können», sagt er. Und weil es halt eine Leidenschaft sei. Und diese Leidenschaft treibt Antoine Konrad aka DJ Antoine an die Spitze. Er hat in seinem Weinclub «House of Wine» im Baselbieter Biel-Benken gleich zwei persönliche Weinkeller. Einen für Weissweine, einen für Rotweine. Mit unterschiedlichen Temperaturen, versteht sich. Wie ein Baby im Arm Da lagern sie dann, die Flaschen, von denen andere oft nur lesen: die grossen Burgunder von Bouchard Père & Fils, die herrlichen Sauternes, Pétrus, Mouton, Sassicaia, Clos de Bèze. Aber auch schöne Weine aus der Bündner Herrschaft, etwa von Thomas Studach oder seinem Freund Martin Donatsch. Und wenn man sieht, mit welcher Begeisterung der 48-Jährige von seinen Weinen erzählt, die Flasche wie ein Baby im Arm hält, schwappt etwas von dieser Wein-Euphorie über. Nein, Nichtsammlerinnen und Nichtsammler können nie ganz nachvollziehen, weshalb Weinfreunde Tausende, manchmal Zehn- oder gar Hunderttausende Franken ausgeben, um ihren Weinen ein entsprechendes Lager, ein gediegenes Ambiente zu schaffen. Fragt man Weinfreaks, werden immer nüchterne Gründe aufgeführt wie die Tatsache, dass man dann «immer Zugriff auf die Weine» habe. Dass «die Lagerung die Qualität der Weine verbessert». Dass «gelagerte Weine schliesslich auch im Einkauf viel teurer sind», will heissen, dass ein eigener Weinkeller ja quasi Geld sparen helfe. Die emotionalen Gründe werden weniger genannt: Der ausgeprägte Sammeltrieb, die Freude, einen raren Schatz im Keller zu wissen, die Genugtuung, einen seltenen Jahrgang neu einlagern zu können. Die Sucht auch nach immer mehr Weinen oder immer besseren. Wein sammeln fängt meist mit wenigen Weinen an – aber mit viel Liebe zum Wein. Bei Robert Merz, Unternehmer aus Gränichen AG, war es die Liebe zu den Burgunderweinen von Armand Rousseau, die auf diversen Reisen geweckt wurde. Grosshandelskaufmann Ruedi Kaiser aus dem liechtensteinischen Gamprin konnte von schönen Österreichern nicht lassen, bei DJ Antoine war es die Begeisterung für feine Champagner und edle Pinot noir. Der Buchser Ingenieur Andreas Scheibe begeisterte sich erst für Weine aus dem ostdeutschen Elbtal, dann für die Bündner Herrschaft. Und der Arzt Jürgen Behring kann sich schon gar nicht mehr entscheiden, weil ihm so viele Weine gefallen. Wo die (Wein-)Liebe hinfällt, da wachsen die Lager: Hier kommen sechs schöne Rieslinge rein, da stossen zwölf Flaschen aus dem Barossa Valley dazu («ein Schnäppchen, den musste ich kaufen»). Von den subskribierten Bordeaux, die im Sommer reingespült werden, ganz zu schweigen. Und ehe man es sich versieht, stapeln sich überall Kisten: In der Garage, im Keller unter der Treppe, im Fitnessraum. Und dann beginnt das Träumen. Die Träume vom edlen Weinkeller, wo Lafite, Leflaive, Pétrus oder Latour im gedämpften Scheinwerferlicht die Botschaft von der Herrlichkeit des Weines verkünden. Was viele Weinfreunde nicht wissen: Der Traum vom Weinkeller muss gar nicht teuer sein. Die Firma Klimawatt in Oberrieden am Zürichsee ist seit langem Spezialistin für Weinkellereinrichtungen. Sie baut auch auf kleinstem Raum. Klimawatt-CEO Fabio Franchella: «Wir installieren Weinkeller oft in ehemaligen Luftschutzräumen von 2 auf 1,80 Meter.» Im Idealfall habe man einen Raum von mindestens 25 Kubikmetern zur Verfügung, also zum Beispiel 4 auf 3 auf 2,2 Meter. Nicht nur die Temperatur spielt eine wichtige Rolle Klimawatt verbaut Weinkellertechnik bis zu 175 Kubikmeter. Beliebt sind die zwei Normgrössen bis 25 beziehungsweise 40 Kubikmeter, die mit der weltweit führenden Technik von Wine Guardian (WG) ausgestattet werden. Bei der Normgrösse WG 25 ist ein Weinkeller, klimatisiert und ausgearbeitet, ab 9000 Franken zu haben, bei WG 40, also 40 Kubikmeter, bewegen sich die Preise ab 11 000 Franken. Für Fabio Franchella müssen aber die Voraussetzungen stimmen: «Der Raum muss zwingend isoliert sein. Nebst Energieeinsparungen führt dies zu einer stabileren Temperatur (idealerweise zwischen 10 und 15 Grad Celsius) und zu einer längeren Lebensdauer der Anlage.» Zudem werde die Luftfeuchtigkeit auf 60 bis 75 Prozent geregelt. Während klimatisierte Weinkeller heute gang und gäbe sind (etwa 70 Prozent der Klimawatt-Keller werden gekühlt), ist die Luftfeuchtigkeit noch eher selten ein Thema. Das ist problematisch, denn je tiefer die Temperatur im Keller, desto tiefer ist meist die Luftfeuchtigkeit. Zu trockene Luft schadet den Korken. Fabio Franchella ist überzeugt: «Eine korrekte Weinkellertechnik ist wie eine Versicherung für die Weine.» Bernhard Aerni, CEO des gleichnamigen Spezialisten für Weinlagersysteme, fügt noch zwei wichtige Voraussetzungen hinzu: Räume, in denen ein Weinkeller eingebaut werden soll, sollten wenn möglich dunkel und vibrationsfrei sein. Seine Firma, in Pratteln domiziliert, stattet auch grosse Weinunternehmen wie etwa die Weinkeller von Château Faugères im Bordeaux mit ausgeklügelten Lagersystemen aus. Der Einbau eines Weinkellers ist eine sehr individuelle Angelegenheit, sowohl Klimawatt als auch Aerni analysieren zuerst die räumlichen Voraussetzungen beim Kunden oder bei der Kundin, checken deren Vorstellungen ab und entwickeln dann einen Vorschlag. Die Firma Winehosting des Sarganser Metallunternehmers Cemal Akkaya geht noch einen Schritt weiter: Sie erstellt dreidimensionale, bewegte Visualisierungen der künftigen Keller. Akkaya ist spezialisiert auf die Erstellung von Gesamtlösungen, Konzepten und der Bauführung von Weinkellern. Die Firma Klimawatt hat ihr Fundament in der Klimatechnik, Aerni im Bau von Metallweinlagern, Akkaya im Metallbau und in der Gesamtkonzeption. Ein ganz anderes Fundament hat die deutsche Firma Neuschwander im württembergischen Brackenheim. Sie baut pro Jahr gegen 120 Weinkeller und Gewölbekeller und hat auch diverse Kunden und Kundinnen in der Schweiz. Neuschwander ist 1926 als Ziegelwerk entstanden und baut heute Gewölbe- und Weinkeller vor allem aus Ziegelsteinen. Ziegel gilt im Kellerbau immer noch als hervorragendes Absorptionsmaterial, das die Klimaschwankungen tief hält, das heisst, für gleichmässige Feuchte und Kühle sorgt. Obwohl Neuschwander viele grössere Keller aufreisst, arbeitet sie auch mit kleineren Formaten. So ist ein kleiner Weinkeller bereits ab 20 000 Franken zu haben, während es finanziell gesehen nach oben freilich kaum eine Grenze gibt. Handgemauerte Ziegelgewölbe, die auch nachträglich in bereits bestehende Räume eingebaut werden können, sind naturgemäss teurer als die Fertigteilziegelgewölbe. Hier gibt es laut Juniorchef Felix Neuschwander Vorgaben: «Die Mindesthöhe eines Raumes sollte für den Einbau eines Gewölbes mindestens bei 240 Zentimetern sein, die Grösse des Raumes spielt dabei keine Rolle.» Sehr schöne und hochwertige Keller nicht nur zur Weinlagerung, sondern auch für Verkostungen sind bereits ab 15 Quadratmeter möglich. Für Weinkeller mit grosser Lagerkapazität, Barbereich und Lounge sollte der Kellerraum mindestens 25 Quadratmeter haben (siehe Beispiele auf der Sonderseite). Sie kosten dann allerdings auch ab 70 000 Franken. Schwarze Metalllegierungen, schwarzes Holz und Edelstahl Sinnvoll ist der Einbau eines Weinkellers ab einem Lager von 200 bis 300 Flaschen, fast zwingend ab 1000 Flaschen. Je grösser die Anzahl Kisten, desto schwerer wird es, den Zugang zu allen Weinen sicherzustellen. Bernhard Aerni: «Das ist auch für viele Kunden und Kundinnen der Hauptgrund, in einen Weinkeller zu investieren: Sie wollen Ordnung und haben schlicht genug davon, ständig Kisten herumzuschleppen.» Natürlich gibt es auch im Weinkellerbau Trends: Zurzeit sind schwarze Metalllegierungen, schwarzes Holz oder Edelstahl angesagt. Ist demnach die Zeit der barocken Weinkeller vorbei? «Nein, ich denke nicht. Gerade in modernen Villen bauen wir oft ausgesprochen gemütliche Keller ein, die ausschauen, als wären sie 300 Jahre alt. Vor allem durch ein zeitgemässes Lichtdesign wirken die Weinkeller aber deshalb noch lange nicht altbacken», so Neuschwander. Für viele Weinliebhaberinnen und -liebhaber ist die Lagerung der Weine nicht das Einzige; sie wollen die Weine auch in Gesellschaft geniessen. Aber in einem auf 12 Grad Celsius heruntergekühlten Raum hält sich die Gemütlichkeit in Grenzen. Da gibt es klassischerweise zwei Möglichkeiten: die Weine hinter Glas lagern oder eine gezielte Heizung. Felix Neuschwander: «Es gibt die Möglichkeit, spezielle Heizsysteme zu integrieren, die eine gesellige Runde im Keller ermöglichen, ohne gleich den Wein zu erwärmen.» Wie etwa eine Infrarotheizung unter oder über dem Tisch oder Sitzheizungen. Wer sich nicht für einen kühlen Weinkeller erwärmen kann, dem bleibt immer noch die einfache Lösung des Weinklimaschranks: Die Temperatur kann meist von 6 bis 18 Grad Celsius eingestellt werden und höherpreisige Modelle haben auch unterschiedliche Temperaturkammern. Nachteile: Die meisten Klimaschränke bieten nur Platz für 150 bis 200 Weine und sie sind nicht sehr energieeffizient. Allerdings ist man bei den grössten Modellen (bis 320 Flaschen), mit Preisen von 4000 bis 6000 Franken, schon fast wieder in der Grössenordnung eines kleinen Weinkellers.

Der Traum vom Weinkeller: Kosten, Voraussetzungen und Alternativen

Der Traum vom Weinkeller muss nicht teuer sein