Ende des Tech-Booms: Welche Aktien Insider jetzt verkaufen

Es klingt oft wie einfach so daher gesagt. «Wir erleben gerade eine massive Verkaufswelle», lautet eine gängige Floskel auf dem Börsenparkett. Und auch in den vergangenen Tagen wurde sie wieder vielfach beschworen. Wichtige Akteure würden sich derzeit von grossen Tech-Aktien-Paketen trennen. Doch wer genau verkauft da eigentlich? Wessen Orders sind es, die gerade bei Technologie-Aktie zu einer Art Ausverkauf führen. Die beunruhigende Antwort lautet: Es sind die Firmeninsider. Also das Top-Management oder Mitglieder des Aufsichtsrats. Nach einer Statistik des «Wall Street Journal» haben Firmeninsider in diesem Jahr so viel verkauft wie noch nie. 48 Top-Manager haben jeweils mehr als 200 Millionen Dollar aus Aktienverkäufen eingenommen. Das sind viermal so viel wie im Durchschnitt der Jahre von 2016 bis 2020. Zu den Spitzenverkäufern zählt Elon Musk. Er hat öffentlichkeitswirksam Tesla-Aktien im Wert von rund 13 Milliarden Dollar verkauft. Es waren seine ersten Aktienverkäufe seit 2010. Zu den prominenten Verkäufern zählen auch der Kosmetik-Milliardär Ronald Lauder und die Google-Mitbegründer Larry Page und Sergey Brin, die sich zum ersten Mal seit vier Jahren wieder von Aktien trennten. Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat Papiere im Milliardenwert abgestossen. Die Deals der Spitzenmanager sind deshalb besonders beunruhigend, weil die Firmeninsider gut darin sind, an Höchstpunkten zu verkaufen und an Tiefpunkten Aktien des eigenen Unternehmens zu kaufen. Das letzte Mal, dass sie so intensiv wie in diesem Jahr verkauft haben, war zur Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende. Auch damals hatten sie mindestens eine Ahnung davon, was kommen sollte, anders als Millionen Kleinanleger. Die meisten Firmeninsider verraten nicht, warum sie Papiere kaufen oder verkaufen. Es könnte beispielsweise sein, dass die aktuellen Steuerpläne der Demokraten viele amerikanische Top-Manager dazu bewogen haben, noch schnell Kasse zu machen, bevor sie auf ihre Erlöse höhere Steuern zahlen müssen. Das könnte auch der Grund sein, warum etwa Microsoft-Boss Satya Nadella mal eben die Hälfte seiner Microsoft-Aktien im Wert von 374 Millionen Dollar verkauft hat. Washington State führt im kommenden Jahr eine Sieben-Prozent-Steuer für langfristige Kapitalgewinne ein. Niemand kann also mit absoluter Sicherheit sagen, was hinter all den Insiderverkäufen steckt, ein gutes Zeichen ist es aber ganz sicher nicht. WELT hat basierend auf Daten des Finanzdienstes Bloomberg die Aktien identifiziert, bei denen es in den vergangenen drei Monaten besonders viele Verkäufe gab. Neben Tesla waren das: Amazon, Doordash, Mosaic, Blackstone, Kraft Heinz, Upstart, Alphabet, Unity Software. In Deutschland war das der Fall bei Incity Immobilien, Teamviewer, Helma Eigenbau, Symrise, Siemens, Henkel und Nagarro. Es kann sich aber auch lohnen, mal zu schauen, bei welchen Aktien die Insider zugeschlagen haben. In Deutschland trifft das auf TUI, Vitesco, SAP, PNE Wind, Delivery Hero, LEG Immobilien, Sino, Jungheinrich, Zalando, Flatexdegiro und Borussia Dortmund zu. In den USA haben sich in den vergangenen drei Monaten die Top-Manager von Asana, Sirius, Liberty Media, Canoo, Warby Parker oder Twitter mit Papieren des eigenen Unternehmens eingedeckt. Hierzulande gibt es sogar einen Index, der die sogenannten Directors Dealings nachbildet: Der GBC Insider Focus Index nimmt Unternehmen mit Insiderkäufen auf – vorausgesetzt, die entsprechende Aktie überzeugt auch in der weiteren Analyse. Bei einem Insiderverkauf wird ein Papier sofort gestrichen. Der GBC IFX enthält in der Regel zwischen 30 und 100 Aktien und wird wöchentlich angepasst. Nach drei, spätestens sechs Monaten muss eine Aktie den Index wieder verlassen, wenn es keine neuen Käufe von Insidern gibt. Das Indexzertifikat auf den GBC Insider Index gibt es von der UBS, nämlich das GBC Directors Dealings Value Zertifikat (WKN: UBS1GB). Das Papier kann mit dem Dax mithalten, in manchen Jahren sogar den Dax übertrumpfen. In diesem Jahr hat es nicht so gut abgeschnitten, auch weil gar nicht so viele Manager gekauft, sondern eher verkauft haben. Dieser Artikel erschien zuerst im Bezahlangebot der «Welt» unter dem Titel: Ende des Tech-Booms? Diese Aktien verkaufen jetzt die Insider