Steigt der Goldpreis weiter? Bis zum 15. Oktober ist er um 42 Prozent gestiegen und übertrifft damit die Gewinne der US-, Schweizer und globalen Aktienmärkte – trotz Handelskonflikten, Putin und weiterer Unsicherheiten. Für viele, besonders in einem traditionell hartgeld- und metallaffinen Land wie der Schweiz, erhöht das die Attraktivität von Gold. 

Wenn Sie vom Goldanstieg profitiert haben, ist das erfreulich – doch jetzt ist nicht die Zeit zum Feiern. Schätzen Sie sich glücklich. Ich prognostiziere weder einen weiteren Anstieg noch einen Rückgang; das kann niemand. Ich jedenfalls nicht. In meiner letzten Kolumne zu Gold im Mai 2023 habe ich erläutert, warum die meisten gängigen Argumente für Gold – als Inflationsschutz, Absicherung gegen Kursverluste oder Rezession – Mythen sind und keine Orientierung bezüglich seiner Richtung bieten.

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In jener Kolumne wurde auch darauf hingewiesen, dass Gold historisch gesehen deutlich volatiler als Aktien ist und langfristig geringere Renditen erzielt. Die Gewinne entstehen meist in grossen Boom- und Crash-Phasen – was präzises Timing oder schlicht Glück verlangt.

Der Gastautor

Ken Fisher ist Gründer und Executive Chairman von Fisher Investments, einer Vermögensverwaltungsfirma, die weltweit Niederlassungen hat und über 362 Milliarden Dollar verwaltet. Fisher zählt zu den einflussreichsten (und auch reichsten) Investmentmanagern der USA.

Und seitdem? In den Jahren 2023 und 2024 verlief der Goldpreis seitwärts. Zwar übertraf er damals die schwachen SPI-Renditen, blieb jedoch hinter den globalen Aktien zurück. Jetzt erreicht er Rekordhöhen. Die meisten führen das auf die Angst vor Zöllen, auf die Handelskonflikte zwischen den USA und China sowie auf mögliche Zinssenkungen der US-Notenbank zurück – Faktoren, welche die Attraktivität von renditefreiem Gold gegenüber verzinslichen Anlagen steigen lassen.

Doch das sind nur neue Varianten alter, irreführender Vorstellungen von Gold als Absicherung oder sicherem Hafen. Man bedenke: Die meisten Experten gehen davon aus, dass Zölle inflationär wirken, da sie zu höheren Preisen führen und die Nachfrage dämpfen. Andere warnen, Zölle könnten einen Bärenmarkt und eine Abschwächung des Schweizer BIP auslösen – was Gold angeblich zum sicheren Hafen mache. Beides gleichzeitig? Wirklich? Und wie sieht die Realität aus? 

Es gibt keinerlei Belege dafür, dass Gold vor Zöllen schützt. Einziger relevanter Präzedenzfall seit dem Ende des Goldstandards in den 70er-Jahren sind Trumps Zölle auf China und Drohungen gegenüber anderen Ländern in seiner ersten Amtszeit. Von 2017 bis 2020 blieb Gold jedoch hinter dem SPI und den globalen Aktienkursen zurück – es funktionierte nicht.

Gold schützt weder vor Inflation noch vor Markteinbrüchen. Das Jahr 2022 widerlegt beide Vorstellungen. Damals stieg die weltweite Inflation rasant. Gold legte zunächst zu, verlor dann aber 15,4 Prozent zwischen März und September – parallel zum Rückgang der Aktienmärkte. Auch die aktuelle Goldrally geht mit sinkender Inflation und steigenden Aktienkursen einher. So funktioniert echte Absicherung nicht.

Langfristige Renditen? Nach dem Ende des Goldstandards erzielte Gold annualisiert nur 4,2 Prozent Gewinn (bis September). Die weltweiten Aktien übertrafen dies mit 6,7 Prozent. Schweizer Aktien verdoppelten es mit 8,2 Prozent nahezu. Zudem legte Gold seit 1974 nur in 59 Prozent der rollierenden Zwölfmonatsperioden zu – weit weniger als Schweizer und weltweite Aktien mit 74 Prozent beziehungsweise 71 Prozent.

Die Mythen über Gold sind historische Relikte. Gold symbolisiert seit langem Reichtum und Macht. Die Menschen übertragen dies auf die Märkte, doch die Wiederholung von Unwahrheiten macht sie nicht wahr.

Entscheidend ist, dass Gold kaum Fundamentaldaten aufweist. Abgesehen von Schmuck wie Schweizer Luxusuhren wird es kaum industriell genutzt und liefert keine Zinsen oder Dividenden. Sein Haupttreiber: die Marktstimmung. Deshalb erlebt Gold nach längeren Schwächephasen regelmässig unregelmässige Booms – wie 2025 – und ist schwer vorherzusagen. Gold ist viel schwieriger zu timen als Aktien oder Anleihen. 

Wenn Sie vom Goldboom 2025 profitiert haben, hatten Sie Glück. Toll! Aber das ist keine langfristige Strategie. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, über eine solche nachzudenken.