Mehr Ältere – wie Anleger profitieren

Die Schweiz wird älter: Schon im Jahr 2050 werden rund drei Millionen Menschen, also ein Viertel der Bevölkerung, über 65 Jahre alt sein. Das schätzt das Bundesamt für Statistik der Schweiz. Heute liegt der Anteil dieser Altersgruppe noch bei rund 18 Prozent. Für die wachsende Zahl älterer Menschen gibt es zwei Gründe: Zum einen steigt die Lebenserwartung; wer heute als Frau in der Schweiz geboren wird, kann nach Schätzungen des Bundesamts damit rechnen, 86 Jahre alt zu werden. Das sind sechs Lebensjahre mehr, als Frauen erwarten konnten, die vor vierzig Jahren auf die Welt kamen. Zum anderen geht die Geburtenrate rapide zurück: Bekam eine Frau in der Schweiz in den 1960er Jahren noch im Schnitt 2,7 Kinder, sind es heute weniger als 1,5. Vorhersehbarer Trend Damit ist die Schweiz keine Ausnahme, praktisch alle industriellen Volkswirtschaften sehen sich mit dem gleichen Problem konfrontiert: dem demografischen Wandel. Kaum ein Trend ist so sicher, denn er lässt sich anhand von statistischen Berechnungen relativ gut vorhersagen. Für Wirtschaft und Gesellschaft ist das eine Herausforderung, für Anlegerinnen und Anleger birgt der Megatrend aber auch Chancen: Sie können am demografischen Wandel kräftig mitverdienen. Dafür müssen sie nur in die Branchen und Unternehmen investieren, die schon heute an Lösungen für eine alternde Weltbevölkerung arbeiten. «Die Palette solcher Investments ist gross», sagt Daniel Kalt, Chefökonom und Demografie-Experte bei der Schweizer Grossbank UBS. Investmentziele reichen von Pflegeheimbetreibern über Reiseanbieter bis zu Luxusmarken. «Manche dieser Investments sind offensichtlich, andere nicht», meint Kalt. Wenn Menschen immer älter werden, bleibt das nicht ohne Folgen: Krankheiten wie Herzinfarkte, Krebs oder Demenz nehmen im Alter deutlich zu. Je älter die Bevölkerung im Schnitt wird, desto mehr Menschen werden auf Medikamente, Operationen oder Therapien angewiesen sein. Kurzum: «Die Gesundheitsindustrie ist ohne Zweifel einer der stärksten Wachstumsmärkte», sagt Kalt. Das betrifft moderne Behandlungsmethoden wie zum Beispiel die Telemedizin, aber auch die automatisierte Pflege durch Roboter oder Dienstleistungen zur Vorsorge. «Klare Profiteure des demografischen Wandels sind zum Beispiel Hörgerätehersteller, Pharmaunternehmen oder Firmen, die Windeln für Senioren herstellen», erklärt Kalt. Während die Gesundheitsindustrie direkt vom höheren Durchschnittsalter in der Bevölkerung profitiert, passiert das in anderen Industriezweigen eher indirekt – wie zum Beispiel bei der Smart Mobility. Da die Zahl der Menschen wächst, die nicht mehr selbst Auto fahren wollen oder können, die aber trotzdem mobil bleiben wollen, werden alternative Fortbewegungsformen wichtiger, wie eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger zeigt. Selbstfahrende Autos könnten durch den demografischen Wandel noch mal einen deutlichen Schub erhalten, prognostizieren die Autoren. Reisen im eigenen Wohnmobil Auch Versicherungen und die Finanzindustrie profitieren. Gerade in Industrieländern wie der Schweiz oder Deutschland finanzieren die jungen Erwerbstätigen in der Regel den Ruhestand der Älteren. «Werden jedoch immer weniger Menschen geboren, geht die Rechnung nicht mehr auf», sagt Henk Grootveld, Head of Trends Investing bei Lombard Odier Investment Managers. Das macht private Altersvorsorge, also Produkte von Versicherern, Banken und Vermögensverwaltern, attraktiver als zuvor. Es sind indes nicht nur ernste Themen wie Gesundheit oder Altersvorsorge, mit denen Anleger am demografischen Wandel verdienen können. Senioren und Seniorinnen verreisen viel und anders als jüngere Generationen: Sie bevorzugen öfter Kreuzfahrten oder machen Sightseeing-Touren in interessante Städte. Viele legten sich im Alter auch ein eigenes Wohnmobil zu, meint Grootveld: «Deshalb sind für Anleger auch bestimmte Touristikunternehmen oder Wohnwagenhersteller interessant.» Demografie in Schwellenländern Anlegern sei allerdings dazu geraten, sich nicht nur auf immer älter werdende Volkswirtschaften zu konzentrieren. Der demografische Wandel verläuft nicht überall gleich: Während einige Länder vor allem immer älter werden, entsteht gerade in aufstrebenden Schwellenländern wie Brasilien, Indien oder Südafrika eine kaufkräftige Mittelschicht. Diese konsumiert mehr als frühere Generationen – und das vor allem im hochpreisigen Segment. «Sie machen öfter Urlaubsreisen, kaufen mehr Schmuck und leisten sich allgemein mehr Luxusgüter», sagt Grootveld. Auch wenn Fonds, die sich auf den demografischen Wandel fokussieren, lange Zeit ein Nischendasein führten, hat die Finanzwelt mittlerweile erkannt, dass sich mit dem Thema viel Geld verdienen lässt. Demografie-Experte Kalt rät allerdings dazu, in möglichst breit gestreute Fonds zu investieren. «Wenn ein Demografie-Fonds lediglich eine bestimmte Branche wie die Pharmazie abdeckt, ist das Risiko für die Anleger grösser, dass der Fonds auch mal schlecht performt», so der Experte. Die verschiedenen Fonds am Markt verfolgen unterschiedliche Ansätze: Der Golden Age von Lombard Odier etwa (ISIN: LU0504822510) fokussiert mit 51 ausgewählten Titeln überwiegend auf das Thema Bevölkerungsalterung. Trotzdem stammen die Unternehmen im Portfolio aus verschiedenen Branchen wie Gesundheit und Finanzwesen, aber auch aus dem Konsumgüterbereich. So sind die drei derzeit stärksten Positionen im Portfolio der Vermögensverwalter Amundi, der Finanzdienstleister American Express und der Arzneimittelforscher Iqvia. Binnen der vergangenen drei Jahre legte der Fonds um nahezu 40 Prozent zu. Eine noch stärkere Performance schaffte der Fidelity Global Demographic Fund (ISIN: LU0528228074) im selben Zeitraum mit gut 50 Prozent. Dabei profitierte der Fonds zwar auch von einer alternden Bevölkerung, er setzt allerdings noch auf zwei weitere Aspekte der demografischen Entwicklung: auf den steigenden Wohlstand in den Schwellenländern sowie auf die wachsende Weltbevölkerung. Mit Fonds auf den Trend setzen Einen gänzlich anderen Ansatz wählt die Kölner Kapitalgesellschaft Monega mit ihrem Guliver Demografie Invest (ISIN: DE000A2DL395): In einem ersten Schritt suchen die Fondsmanager nach Ländern mit einem hohen Anteil von Menschen im Alter zwischen zwanzig und vierzig Jahren. Erst im zweiten Schritt leitet das Management daraus aussichtsreiche Trends in diesen Ländern ab. Eine Strategie, die bislang aufgeht: Seit Auflegung im Jahr 2018 gewann der Fonds über 50 Prozent an Wert. Zu den grössten Titeln im Portfolio zählen Unternehmen aus der Immobilienbranche wie die Vonovia oder die TAG Immobilien. Anleger, die breit investieren, aber gleichzeitig Kosten sparen wollen, können auch auf einen der verschiedenen ETF des Vermögensverwalters Blackrock setzen. Der iShares Ageing Population (ISIN: IE00BYZK4669) setzt auf aktuell 131 Titel aus verschiedenen Branchen. Starke Unternehmen im Portfolio sind zum Beispiel das Biotech-Unternehmen Editas Medicine oder das schwedische Maklerunternehmen Avanza. Wer bereit ist, etwas mehr Risiko auf sich zu nehmen, kann auch direkt in solche Unternehmen investieren: Interessante Investments können zum Beispiel Aktien von Unternehmen aus der Halbleiterindustrie sein, die Systeme für autonome Fahrzeuge entwickeln – «aber auch Hörgerätehersteller, Windelunternehmen oder führende Anbieter von Kreuzfahrten profitieren letztlich vom demografischen Wandel und sind eine Geschäftschance für Anleger», sagt Kalt.