Mehrrendite dank Indikator: So nutzen Sie den Bitcoin-Kurs fürs Anlegen am Aktienmarkt

Noch Anfang Jahr notierte der Bitcoin bei 16’500 Dollar, heute kostet er 24’500 Dollar. In wenigen Wochen hätte ein Investor also eine Rendite von rund 50 Prozent erzielen können. Der Anstieg verdankt sich zu einem guten Teil einer massiv höheren Risikobereitschaft an den Märkten, der Liquiditätsausweitung in China sowie den gelockerten Finanzbedingungen in den USA. Geht es weiter aufwärts? Möglich, allerdings sprechen viele Faktoren dagegen. Ähnliches gilt auch für die Aktienmärkte. Das Kursniveau ist fast überall extrem hoch, was für die zukünftigen Renditen von Buy-and-hold-Investoren (kaufen und halten) nichts Gutes verheisst. Dennoch gilt diese Strategie vielen Privatanlegern als die einzig vernünftige – ganz ungeachtet der Marktsituation. In einem labilen Marktumfeld bei gleichzeitig hohen Kursen kann es jedoch sinnvoll sein, sich über alternative Strategien zu informieren. Strategien beispielsweise, die einem Investor erlauben, einen hohen Aktienanteil zu halten, aber trotzdem einen gewissen Schutz vor Rückschlägen bieten. Ein Investor mit perfektem Vorauswissen Angenommen, eine gute Fee verleiht einem Investor die Gabe, die Entwicklung eines Indizes vorauszusehen. Zwar nicht den genauen Punktestand, aber die Tendenz, ob es nach oben oder unten geht. Jedes Wochenende weiss dieser Investor im Voraus, ob der US-Aktienindex S&P 500 die nachfolgende Woche mit einem Plus oder einem Minus schliesst. Das würde sich natürlich sehr lohnen, wie ein Vergleich zeigt: Hätte jemand Anfang 2017 den Betrag von 10’000 Dollar in den S&P 500 investiert, wären daraus mit der Strategie Buy-and-hold bis zum Januar 2023 rund 20’000 Dollar geworden. Nicht schlecht. Der Investor mit der perfekten Voraussicht hätte allerdings aus seinen 10’000 Dollar sage und schreibe 240’000 Dollar gemacht. Dies, weil er oder sie jeweils nur investiert hätte, wenn die Kurse in der Woche steigen, ansonsten hätte er oder sie nicht investiert – mit Shortselling, dem zusätzlichen Wetten auf fallende Kurse, wäre die Rendite noch höher. Was dieses märchenhafte Beispiel verdeutlicht, ist Folgendes: Wenn jemand im Voraus wüsste, ob ein Index in der nächsten Woche eine negative Performance erzielt, und er dadurch diese Wochen meiden könnte, wäre das ein ungeheurer Vorteil für die Performance. Und weil der Vorteil des Vorauswissens derart gross ist, könnte selbst eine relativ schwache Prognosefähigkeit die Performance des Investors erheblich verbessern. Hohe Trefferquote des Bitcoin-Indikators Nun gibt es zwar keine guten Feen und niemand hat das perfekte Vorauswissen für die Börsen. Aber es gibt vorauslaufende Indikatoren, denen es in der Vergangenheit sehr gut gelungen ist, Börsentendenzen zu prognostizieren. Zwar nicht immer, aber eben doch mit einer so hohen Trefferquote, dass damit erstaunliche Mehrrenditen möglich waren. Einer der besten dieser Indikatoren war der Bitcoin-Kurs. Selbst mit ganz simplen Strategien liessen sich mit dem Bitcoin-Kurs als Indikator in den letzten Jahren enorme Renditen erzielen. Ein Beispiel: Ein Investor schaut immer am Freitag nach Börsenschluss, ob der Bitcoin-Kurs über seinem einfachen gleitenden Durchschnitt der letzten 15 Handelstage liegt. Ist dies der Fall, kauft er in der folgenden Woche einen ETF auf den S&P 500, wenn nicht, bleibt er in Cash. Wie gut wäre er damit seit 2017 gefahren? Die Grafik zeigt die Antwort. Zwar hätte ein Investor, der den Bitcoin-Kurs als Prognosetool verwendet, bei weitem nicht das Resultat erreicht, das mit perfekter Voraussicht möglich gewesen wäre. Aber mit der oben dargestellten Strategie wäre eine Rendite möglich gewesen, die um 67 Prozent über derjenigen eines Buy-and-hold-Investors liegt. Dazu hätte man dieses Resultat bei einem sehr viel kleineren Risiko erzielt als bei «kaufen und halten». Mit dem Bitcoin-Indikator hätte der maximale Kapitalverlust nämlich lediglich etwas mehr als 6 Prozent betragen. Ein Buy-and-hold-Investor dagegen hätte auf sein Kapital einen zwischenzeitlichen Maximalverlust von 24 Prozent hinnehmen müssen. Die Strategie, den Bitcoin-Kurs als Indikator für ein Engagement in den Aktienmarkt zu nehmen, hätte übrigens auch in der Schweiz funktioniert, wenn die Zahlen auch nicht ganz so beeindruckend sind wie für die USA. Die Bitcoin-Indikator-Strategie hätte bei Schweizer Aktien seit 2017 gegenüber Buy-and-hold zu einer Mehrrendite von 35 Prozent geführt. Für die laufende Woche prognostiziert der Bitcoin übrigens ein positives Wochenergebnis bei den beiden Aktienindizes. An diese Information zu kommen, ist ausserdem überaus einfach. Denn heute gibt es unzählige Finanzseiten, welche erlauben, den gleitenden Durchschnitt für eine einzelne Anlage einzublenden, darunter investing.com, finance.yahoo.com oder onvista.de. Zwei Fragen Diese Superrenditen bei kleinem Risiko werfen natürlich zwei Fragen auf. Erstens: Warum funktionierte der Bitcoin-Kurs in der Vergangenheit als Indikator für die Entwicklung des US-Aktienindex S&P 500 derart gut? Und zweitens: Werden die Resultate in Zukunft genauso gut sein wie in der Vergangenheit? Zunächst zur ersten Frage. Einige eingefleischte Bitcoin-Fans preisen die virtuelle Währung seit langer Zeit als Goldersatz und Schutz vor Verwerfungen auf den Aktienmärkten an. Die Realität ist eine andere: Bitcoin verhält sich keineswegs wie Gold und bietet keinen Diversifizierungsvorteil für Aktienanleger. Das ist ungewöhnlich. Normalerweise würde man annehmen, dass ein Portfolio, das aus Bitcoin und Aktien besteht, risikoärmer ist als ein nur aus Aktien bestehendes Portfolio. Denn eine zweite Assetklasse sollte aufgrund der Diversifizierung einen gewissen Schutz bieten. Aber bei Bitcoin ist das nicht der Fall. Im Gegenteil, die Aufnahme von Bitcoin ins Portfolio erhöht das Abwärtsrisiko im Vergleich zu einem Portfolio, das nur Aktien umfasst. Das zeigt eine Untersuchung von Thomas Conlon und Richard McGee. Hohe Korrelation zum Aktienmarkt Bitcoin ist ein überaus riskantes Investment, verspricht aber auch entsprechende Gewinnchancen. In einem guten Marktklima nimmt die Nachfrage nach Bitcoin stark zu, weil die Investoren das im Vergleich zu Aktien höhere Aufwärtspotenzial schätzen. Anderseits ziehen sich Investoren bei sich anbahnenden Turbulenzen grundsätzlich aus den riskantesten Anlagen rasch zurück, je riskanter, desto früher. Aufgrund dieses Verhaltens der Bitcoin-Investoren ist der Bitcoin-Kurs zum einen stark mit dem Aktienmarkt korreliert, zum anderen erfolgen die Bewegungen sowohl in Hausse- als auch in Baisse-Phasen oft früher als bei Aktien und sind ausgeprägter. Deswegen gehörte der Bitcoin in den vergangenen Jahren zu den zuverlässigsten Börsenindikatoren. Aber wie steht es um die Zukunft? Können Anleger weiterhin auf die Prognosequalität von Bitcoin vertrauen? Die Chancen scheinen gut. Denn solange sich die Eigenschaften der Kryptowährung (hohes Risiko, Funktion als Zockervehikel und Überdruckventil für Marktliquidität) nicht fundamental ändern, sollten auch die Qualitäten als vorauslaufender Indikator bestehen bleiben. Allerdings sind diese Ausführungen keine Empfehlung, beispielsweise einfach die Indikatorstrategie von oben nachzubauen. Auch wenn die Prognosequalität des Bitcoin-Kurses in naher Zukunft intakt scheint, existieren wie bei allen Strategien nicht vernachlässigbare Risiken. Insbesondere erfordern Indikatorstrategien ein grösseres Investmentwissen als Buy-and-hold-Strategien. Investoren sollten allerdings ganz grundsätzlich über ihr Portfolio nachdenken und sich genauer über Indikatorstrategien informieren. Ganz besonders in einem derart mit Unsicherheit behafteten Marktregime wie aktuell. Denn ein Portfolio mit nur einer Idee zu bestreiten, kann gefährlich sein. Selbst wenn es sich bei dieser Idee um Buy-and-hold handelt.