Gut möglich, dass Roger Federer bald die Glocken an der Wall Street in New York läutet. So ist es Tradition, wenn dort ein neues Unternehmen an der Börse begrüsst wird. Federer ist Investor und prominentestes Aushängeschild der Schweizer Sportschuhfirma On, die diese Woche bekannt gab, dass sie den Börsengang in New York wagt.

Jetzt wurde ich gefragt, warum On nicht an die Schweizer Börse geht, ob das Landesverrat sei. Die Antwort: Nein, es ist Marketing. Ein Börsengang bringt sehr viel Aufmerksamkeit. Diese nutzt On lieber im grössten Absatzmarkt für teure Sportschuhe, den USA mit 660 Millionen Füssen, als in der kleinen Schweiz mit nicht einmal 18 Millionen Füssen.

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Gründer wollen an die Börse, wo sie am meisten Geld verdienen können

On ist mit dem Börsengang fern vom Heimatland nur ein weiteres Beispiel für ein international schon länger verbreitetes Phänomen. Bereits im April 2018 debütierte der schwedische Musikstreaming-Dienst Spotify an der Wall Street. Damals fühlte sich die schwedische Finanzbranche übergangen, weil das Tech-Einhorn nicht im Heimatland an die Börse ging. Martin Lorentzon, Mitgründer von Spotify, sagte dazu: «Wir wollten in dem Land an die Börse gehen, in dem wir den grössten Markt für unseren Dienst haben.»

Klar, wollen Gründerinnen und Gründer auch dort an die Börse, wo sie am meisten Geld machen können, wo ihre Firma die höchste Bewertung erreicht. Das ist oft in den USA der Fall, wo Tech-Firmen mit doppelt so hohen Bewertungen wie in Europa rechnen können. Kein Wunder also, ging am 23. Juli auch schon die Schweizer Biotech-Firma Sophia Genetics (Hauptsitz in Lausanne) in den USA an die Technologiebörse Nasdaq, wo sie jetzt einen Marktwert von 1,1 Milliarden Dollar hat. An die Nasdaq will ebenfalls Sportradar, der Datenanbieter für Sportwetten (Hauptsitz in St. Gallen).

Trotz diesen Börsengängen in den USA gibt es auch gute Gründe für den Gang an die Schweizer Börse. Der Kapitalpool hierzulande ist gross, ebenso wie die Rechtssicherheit. Zudem verweist die Schweizer Börse gerne darauf, dass sie ein so schlankes Reglement habe, dass es von der Anmeldung bis zum Börsenstart nur zwanzig Arbeitstage dauern könne.

Diese milliardenschweren Firmen gewinnen an der Schweizer Börse

Auf jeden Fall gehen noch immer einige Firmen an die Schweizer Börse. Dieses Jahr haben schon zwei den Schritt gewagt. Die eine ist der Flugzeugzulieferer Montana Aerospace, der rund 1,6 Milliarden Franken wert ist – rund 10 Prozent mehr als am ersten Börsentag im Mai. Schon im April ist die Polypeptide Group an die Schweizer Börse und hat den Aktionären seither einen Gewinn von fast 60 Prozent gebracht. Die Firma ist jetzt 2,6 Milliarden Franken wert. Weitere Unternehmen haben über einen möglichen Schweizer Börsengang im laufenden Jahr gesprochen: Swiss Post Solutions (Spin-off der Post), Skan Holding (Pharma), Chronext (Uhren), Salt (Telecom) und Kinarus (Pharma).

Fazit: Die einen gehen leise in der Schweiz an die Börse und andere laut lärmend in den USA, wo das Motto gilt: «Too big is just right».

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