Per Krypto in Wein investieren - wie das geht

Mit teuren Weinen handeln ist jetzt für alle möglich, auch ohne profunde Weinkenntnisse. Den Weg geebnet hat die Bank Sygnum, wie Mitgründer und CEO Mathias Imbach ausführt. Dank ihm kann man ein klitzekleines Stück einer Flasche Château Latour, eines der teuersten Weine im Bordeaux, besitzen. Der Ökonom trinkt im Kreis seiner Familie und Freunde gerne ein Glas Wein. «Aber als Weinkenner würde ich mich nicht bezeichnen», meint er. Sein Antrieb, Wein – und übrigens auch Kunstgegenstände, Immobilien und weitere reale Vermögenswerte – handelbar zu machen, hat seinen Ursprung in der Faszination, reale Werte zu digitalisieren und effizient über eine dezentralere Finanzmarktinfrastruktur an andere Personen zu übertragen. Das geht über einen Prozess, der Tokenisierung genannt wird. Vereinfacht gesagt werden dabei Eigentumsrechte auf einer Blockchain abgebildet. Die Blockchain ist die Technologie, die hinter den Kryptowährungen steckt, also beispielsweise hinter Bitcoin und Ether. Die Tokenisierung bietet gemäss Imbach viele Vorteile: «Heute haben wir technische Möglichkeiten, dem Kunden wieder mehr Kontrolle über den Umgang mit Eigentum und Vermögen zu geben – und neue Formen von Investitionsmöglichkeiten zu schaffen.» Teure Weine stückweise kaufen Bei Sygnum kann man bereits ab 100 Franken einen Anteil an einem Weinportfolio erwerben und handeln. Der genaue Betrag hängt vom sogenannten Tokenisierungsprojekt ab. Eine solche Investitionsanlage in Token-Form kann ein Portfolio von mehreren gleichen oder verschiedenen Weinen umfassen. Oder ein 60 000 Franken teurer, besonders edler Tropfen kann in 1000 Anteile «digital zerlegt» und in tokenisierter Form investierbar gemacht werden. Die Investitionsregeln werden vor dem Kauf transparent gemacht und müssen von allen Investoren akzeptiert werden. So kann beispielsweise festgelegt werden, dass ein Investor, der 51 Prozent der Token eines Weinportfolios besitzt, das Recht hat, die restlichen 49 Prozent auch zu erwerben und sich die Weinflaschen physisch ausliefern zu lassen. So kann auch initial tokenisierter Wein genossen, verschenkt oder im eigenen Keller gelagert werden. Emittent des ersten nach schweizerischem Registerwertrecht tokenisierten Weinportfolios ist momentan die Fine Wine Capital. Mit anderen potenziellen Partnern sei man im Gespräch, deutet Imbach die Ausweitung des Handels mit Wein-Token an. Die Auswahl der Weine, die einer Geldanlage würdig sind, liegt in den Händen der Emittenten. Bevor eine Flasche in Form von Token handelbar wird, wird die Stückelung festgelegt, also in wie viele Einzelteile die Flasche zu Investitionszwecken zerlegt wird. Diese Stückelung darf nicht verändert werden, solange Token der Flasche im Handel sind. Ausserdem werden die tokenisierten Flaschen separat von unabhängigen Spezialisten gelagert. So versucht man zu vermeiden, dass jemals mehr tokenisierte Flaschen existieren als reale Flaschen. Um den Wert der Flaschen zu erhalten, werden sie unter optimalen klimatischen Bedingungen gelagert. Damit könnte es durchaus geschehen, dass tokenisierter Wein in Zukunft zu einem höheren Preis gehandelt wird als physisch gehandelter. Denn während bei Ersterem belegt ist, dass er stets unter optimalen Bedingungen gelagert wurde, so ist dies bei physisch gehandelten Weinen nicht der Fall. Wärme, Licht, Bewegung beeinflussen den Alterungsprozess eines Weines. Fälschungen möglichst ausschliessen Ein weiterer Punkt ist gerade bei teureren Flaschen die Gefahr von Fälschungen. «Die Emittenten stellen die Echtheit der Weine bei der Anlieferung durch unabhängige Experten sicher», betont Mathias Imbach. Dies entspricht der gängigen Praxis. Eine 100-prozentige Sicherheit für die Echtheit der Flasche gibt es jedoch weder im tokenisierten noch im physischen Handel mit hochpreisigen Weinen. Am höchsten ist die Sicherheit, wenn der Wein direkt vom Weingut bezogen wurde. Deshalb legen Weingüter mit hochpreisigen Flaschen wie etwa Château Pétrus hohen Wert darauf, dass der Verbleib ihrer Weine nachverfolgbar ist. Erfahren sie, dass Privatpersonen ihre Weine weiterverkaufen, so unterbinden sie den Verkauf ihrer Weine an diese Personen, um zu verhindern, dass von Privatpersonen Fälschungen erzeugt werden. Werden Weine als Token gehandelt, so geschieht eben gerade dies: der Verkauf von Wein von einer Privatperson an eine andere. Für Imbach hat sich diese Frage bislang noch nicht gestellt: «Wir haben momentan noch keine Token von Pétrus-Weinen. Aber es würde sicher Lösungen geben, beispielsweise könnte Château Pétrus gleich selbst als Emittent fungieren», schlägt Imbach vor. Wie andere Weingüter, deren Weine tokenisiert wurden, auf diese Neuigkeit reagierten, weiss Imbach nicht. «Aber es haben sich Weinhäuser gemeldet, die daran interessiert sind, dass ihre Top-Weine als Token handelbar werden», berichtet er. Seit Februar sind die Wein-Token im Handel – gleichzeitig ist das neue Gesetz zur Distributed-Ledger-Technologie (DLT) in Kraft getreten. Dieses erlaubt die Tokenisierung als Alternative zur traditionellen Verbriefung, also zum Prozess, das Eigentum an einem realen Gut als Wertpapier handelbar zu machen. Doch wer kauft sich denn einen Zehntel einer teuren Weinflasche? Konkrete Namen von Kunden kann Imbach nicht nennen, aber den Namen eines Käufers von Wein-Token verrät er: Imbach selbst habe einige gekauft. Über die Menge schweigt er sich aus. Imbach ist überzeugt, mit den Wein-Token eine neue Gruppe von Investoren anzusprechen, Personen, die über die Token-Technologie den Zugang zum Weininvestment finden. Macht diese Anlagemöglichkeit Schule, so könnten sich die Preise für prestigeträchtige Weine weiter in die Höhe schrauben. «Zurzeit spricht das Angebot insbesondere Privatinvestoren sowie vereinzelt Family Offices an.» Mittelfristig würden sich auch institutionelle Anleger wie Banken, Versicherungen und Pensionskassen mit solchen Investitionsmöglichkeiten auseinandersetzen, so Imbach. Bisher fänden sich diese aber noch nicht unter den Kunden, denn deren Investitionsreglemente lassen solche Anlageformen noch nicht zu. Privatanleger, denen Token und die Blockchain-Technologie zu technisch sind, investieren besser in Flaschen, die sie im eigenen Keller lagern. Beim Zusammenstellen eines solchen Wein-Portfolios sollte der persönliche Geschmack nicht unbedingt zum Investitionskriterium erhoben werden. Der eigene Lieblingswein ist keine Garantie für Rendite. Wenn es darum geht, eine Weinkiste mit Gewinn wiederverkaufen zu können, lohnt es sich, auf international bekannte Weingüter zu setzen. Sonst läuft man Gefahr, den teuren Schatz im Keller nicht verkaufen zu können, weil ihn niemand kennt. Es ist von Vorteil, wenn der Wein aus einer bekannten Weinregion stammt. Die typischen Regionen hierzu sind Bordeaux, Toscana, Piemont, Rioja, Ribera del Duero, Australien oder Kalifornien. Zudem ist es wichtig, auf Weinregionen zu setzen, in denen alterungsfähige Weine erzeugt werden. Also kräftige Weine mit einer guten Säurestruktur und genügend Gerbstoffen. Was bei allen anderen Anlagen gilt, lässt sich auch auf den Wein übertragen. Ein Portfolio aus nur einer Branche ist nicht ausgewogen; ein Weininvestor sollte auf mehrere Weinregionen setzen. Auf langjährige Qualität setzen Sich ein Beispiel an Napoleon zu nehmen, ist sicherlich nicht falsch. Als er 1855 eine Klassierung der Bordeaux-Weine einführte, so zählten diejenigen Weingüter zu den besten, die in den hundert Jahren zuvor die höchsten Preise erzielt hatten. Weine von Weingütern, die kontinuierlich Weine mit sehr guter Qualität erzeugen, werden auch in Zukunft gefragt sein und preislich eher steigen. Den Wein eines Newcomer-Weingutes als Investition in den Keller zu legen, kann gut gehen. Falls nicht, verflüssigt sich die Investition im eigenen Glas. Langfristige und weltumspannende Trends sind bei Weininvestitionen ebenfalls zu berücksichtigen. So ist es sicherlich von Vorteil, im Weinportfolio Weine von biologisch oder biodynamisch produzierenden Winzern zu führen. Eines dieser Beispiele ist Château Pontet Canet, ein Bordeaux aus der Appellation Pauillac. Das Weingut stellte die Produktion seit 1975 Schritt für Schritt auf biodynamisch um. Die Ergebnisse überzeugen. Der Wein ist alterungsfähig und heimst regelmässig über 93 Parker-Punkte ein. Wer in Château Pontet Canet investieren will, braucht bloss noch die Jahrgangsqualität zu beachten, die beispielsweise 2018 sehr gut war. Mit dem Jahrgang 2019 haben die meisten grossen Weingüter ihre Preise massiv gesenkt, wobei Château Pontet Canet eine Vorreiterrolle gespielt hat. Dieser Jahrgang konnte im vergangenen Sommer in der Subskription erworben werden. In den Handel wird er erst im Sommer 2022 kommen. Eine Investition wert ist der Wein von Château Ausone. Dieses Weingut ist eines von vier im Gebiet Saint-Émilion, das die Klassierung Premier Grand Cru A besitzt. Die Weinberge des Châteaus liegen optimal zur Sonne ausgerichtet. Der Wein ist rar, von höchster Qualität und spiegelt das Terroir. Für Investoren ist dieser Wein gewinn-, für Weinfreunde genussversprechend. Ein Kultwein, der seinen Wert steigert, ist der von Sine Qua Non in Kalifornien von Manfred und Elaine Krankl. Das Paar macht vollmundige Weiss- und Rotweine, die in jedem Jahrgang einen eigenen Namen und ein eigenes Etikett erhalten. Robert Parker hat 21 der Weine dieses Weingutes mit 100 Punkten bedacht. Aufgrund des Alterungsprozesses ist ein Syrah zu empfehlen. Die Warteliste für die Sine-Qua-Non-Weine ist allerdings lang. Eine gute Anlage sind die sogenannten Supertuscans, die Weine aus der Toskana, die vorab aus internationalen Sorten gekeltert werden. Einige lohnenswerte Weine sind hier die Ur-Supertoskaner Tignanello, Sassicaia, Tenuta Luce oder Masseto. Als Jahrgang empfiehlt sich der 2017er, der noch ein gutes Lagerpotenzial hat. Ein Weingut, das seit Jahren in der Top-Liga mitspielt, ist Vega Sicilia im spanischen Ribera del Duero. Der Spitzenwein des Weingutes ist der Reserva Especial, der herausragende Jahrgänge zu einer Cuvé vereinigt. Wer in der Wahl der Weine, die er als Geldinvestment kauft, auf Nummer sicher gehen will, könnte sich auch an denjenigen Weinen orientieren, die als Token gehandelt werden. Denn nicht zuletzt dank der dadurch steigenden Nachfrage werden diese Weine im Preis eher zulegen.