Rendite von Bankaktien seit der Finanzkrise im Vergleich

Es ist ein Bild für die Geschichtsbücher: Bankerinnen und Banker tragen ihr Hab und Gut im Karton aus dem Lehman-Hochhaus. Die Investmentbank ist pleite, die Wallstreet erschüttert, die Finanzkrise auf dem Höhepunkt. Das weltweite Finanzsystem steht vor dem Kollaps, an der Börse stürzen die Kurse, Finanzaktien trifft es besonders hart. Die Folgen sind bis heute spürbar, wie Daten von Bloomberg zeigen. Wer im Januar 2009 100 Franken auf europäische Finanztitel setzte, steht nach 14 Jahren mit einem Verlust von über 20 Franken da. Wer dagegen Finanztitel aus dem Portfolio strich, hat über 80 Franken gewonnen und den Einsatz damit fast verdoppelt. Es ist paradox: Die Finanzindustrie prägt die Skyline von London, Frankfurt, Paris und Mailand. Sie vergoldet ihre Angestellten mit üppigen Salärpaketen, finanziert Milliardendeals und agiert als Schmiermittel des kapitalistischen Wirtschaftsmotors. Aber für die Anlegerinnen und Anleger waren europäische Finanzaktien ein Renditekiller. Auf fünf Jahre gerechnet bringen sie im Schnitt ein Nullwachstum, auf zehn Jahre gerechnet ein kleines Plus von 32 Prozent, auf 15 Jahre gerechnet ein Minus von 23 Prozent. Banken im Liquiditätskorsett Ganz anders ist das Bild unter Ausschluss der Finanztitel: Aktien aus der Industrie und der Realwirtschaft stellen die Banken locker in den Schatten. Der Stoxx Europe 600 Index erzielt, in Euro gerechnet, eine 5-Jahres-Rendite von 39 Prozent, wenn man die Aktien der europäischen Finanzdienstleister exkludiert. Auf 10-Jahres-Sicht sind es satte 134 Prozent. Und auf 15-Jahres-Sicht sogar fast 160 Prozent. Bestes Beispiel für die Malaise der Industrie sind die Credit Suisse und die Deutsche Bank. Beide Institute waren einst nationale Aushängeschilder. Die Vermögendsten der Welt vertrauten auf sie. Aber das kolossale Beben der Finanzkrise erschütterte beide Häuser im Mark. Es folgten diverse Nachbeben auf regulatorischer und aufsichtsrechtlicher Ebene. Ein Bussenhagel und strengere Kapitalvorschriften mischten sich bei beiden zum Liquiditätskorsett. Plötzlich war Feuer unterm Dach. Die Folge: Der Gürtel wurde enger geschnallt. Gleichzeitig entstand neue Konkurrenz. Die Neo-Bank Revolut etwa entsprang der Idee eines ehemaligen CS-Händlers, der sein Projekt eigentlich innerhalb der Bank umsetzen wollte, dafür aber kein Geld kriegte. Heute ist Revolut mehr wert als die CS, und der Revolut-Gründer war in der Spitze mit einem Vermögen von über 7 Milliarden bewertet – damit hätte er die CS im vergangenen Jahr fast im Alleingang kaufen können. Die Bilanz für Anlegerinnen und Anleger ist desaströs. Die Credit Suisse hat seit der Finanzkrise eine annualisierte, negative Rendite von 17 Prozent erzielt. Selbst wer die Dividenden reinvestiert hat, kann das Minus nur auf maximal 15 Prozent drücken. Zum Vergleich: Der Swiss Market Index erzielte im gleichen Zeitraum eine annualisierte Rendite von knapp über 5 Prozent, mit reinvestierten Dividenden sogar fast 9 Prozent. Die Romands liefern Rendite Aber nicht alle Bankaktien mutierten in der Vergangenheit zum Renditekiller. Die Waadtländer Kantonalbank etwa hat ihren Kurs im Nachgang zur Finanzkrise vervierfacht. In der Spitze erzielte die Aktie des Westschweizer Geldhauses Preise von über 100 Franken. Die annualisierte Performance liegt auf 10 Jahre hinaus bei 6 Prozent. Wer die Dividenden reinvestierte, kann die annualisierte Rendite sogar auf 11 Prozent anheben. Die Waadtländer haben auch das Krisenjahr 2022 relativ gut gemeistert. Die Kantonalbank profitierte davon, dass sich die Genferseeregion zum Cluster für Rohstofffirmen entwickelte und dass reiche Privatpersonen in Scharen an die Küste des Lac Léman zügelten. Das eine zahlte auf das Handelsgeschäft ein, das andere auf das Vermögensverwaltungsgeschäft. Unterm Strich war das ein profitabler Mix, der, gepaart mit einem Boom bei den Hypotheken, ein verlässlicher Renditelieferant war. Als Resultat gehört die Aktie der Romands zu den besten Finanztiteln in ganz Europa. Auf fünf Jahre gerechnet erzielt sie eine jährliche Rendite von 6,7 Prozent. Nur zehn europäische Finanztitel aus dem Stoxx Europe 600 Banks Index schaffen eine bessere Performance. Sie stammen mehrheitlich aus den nordischen Ländern. Gemessen an der Fünf-Jahres-Performance schwingt die dänische Ringkjøbing Landbobank obenaus. Sie ist der Tesla der nordischen Bankindustrie, ihr Aktienkurs geradezu explosiv: Seit der Finanzkrise hat sich der Wert ihrer Aktie verzwanzigfacht. In den letzten fünf Jahren, 2022 mitgezählt, erzielte die Bank unterm Strich jedes Jahr eine Rendite von sagenhaften 26 Prozent – vor Dividenden. Die Dänen sind ein Anlegertraum mit teuflischen Zahlen. Wer vor zehn Jahren eingestiegen ist und sämtliche Dividendenzahlungen reinvestierte, erzielte unterm Strich einen Gewinn von 666 Prozent, zumindest in dänischen Kronen gerechnet. Das sind Zahlen, die selbst den Vergleich mit Apple, dem Tech-Superstar des letzten Jahrzehnts, nicht scheuen müssen. Der iPhone-Konzern kommt, in Dollar und auf zehn Jahre gerechnet, auf ein Plus von 644 Prozent ohne reinvestierte Dividende – und auf 765 Prozent mit Dividende. Die zweitbeste europäische Finanzaktie stammt aus Schweden. Die Avanza Bank glänzt mit ähnlichen Renditezahlen wie die dänische Ringkøbing Landbobank – und das liegt vor allem an der Kursexplosion im Nachgang zur Pandemie. Der Stockbroker, der 2018 den billigsten Fonds der Welt lancierte, wird aktuell fast zum dreifachen Wert von vor der Corona-Krise gehandelt – ein Spiegel der Profitabilität. Die Schweden erzielten selbst im Krisenjahr 2022 eine Marge von 65 Prozent. Einem Umsatz von umgerechnet 265 Millionen Franken steht ein operativer Ertrag in Höhe von umgerechnet 173 Millionen Franken gegenüber. Der Kundenstamm ist netto um 117’000 auf fast 1,8 Millionen angewachsen. Die drittbeste Finanzaktie kommt überraschenderweise aus Italien, ausgerechnet aus dem Land, dessen Kapitalmarkt besonders unter der Finanzkrise und der anschliessenden Euro-Krise gelitten hat. Weniger überraschend ist dagegen die Tatsache, dass der italienische Finanzstar ein Online-Broker ist: Die Fineco Bank hat auf fünf Jahre und in Euro gerechnet eine annualisierte Rendite von fast 13 Prozent erzielt. Das Haus ist ein Blue Chip an der Mailänder Börse. Sie hat sich 2019 von der Unicredit losgeeist. Die Marktkapitalisierung liegt bei fast 10 Milliarden Euro – und damit auf Augenhöhe mit der Credit Suisse, wohlweislich bei einem Bruchteil des Umsatzes: Während die CS von Januar bis September 2022 einen Umsatz von 11,9 Milliarden Franken machte, erzielte Fineco im gleichen Zeitraum nur umgerechnet 685 Millionen Franken. Drei Shooting-Stars aus Schweden So erfolgreich die drei Finanztitel sind – im Vergleich zu den Shooting-Stars der anderen Sektoren verblasst ihr Glanz. Gleich drei schwedische Firmen (Fortnox, Evolution und Hexatronic) erzielen annualisierte Renditen von 50 bis 60 Prozent, ohne Berücksichtigung der Dividendenzahlungen. Das macht die drei Titel zu den Renditeperlen im Stoxx Europe 600 Index, zu dem auch Firmen wie Nestlé (annualisierte Rendite auf Fünf-Jahres-Sicht: 9 Prozent) und Roche (annualisierte Rendite auf Fünf-Jahres-Sicht: 8 Prozent) zählen. Die beste Schweizer Performance liefert Bachem. Der Pharmaauftragsfertiger gehörte in den letzten Jahren zu den Darlings bei Profi-Investoren – zumindest bis zum grossen Kurssturz im Nachgang zum Hoch im Herbst 2021. Eine Bachem-Aktie kostete zu Spitzenzeiten knapp 170 Franken. Anfang 2018 wurde das Papier noch zu 30 Franken gehandelt, mittlerweile kostet es rund 80 Franken. Bachem ist, wie andere Überflieger der letzten Jahre – etwa Siegfried, VAT oder Lonza –, ein Wachstumstitel. Und als solcher hat er in der Vergangenheit vom tiefen Zinsumfeld und von der allgemeinen Geldschwemme profitiert. Die steigenden Zinsen lasten jetzt auf der Aktie – und ausgerechnet Bankaktien, die Renditekiller der letzten 15 Jahre, haben Oberwasser. Dank steigenden Zinsmargen sind die Geldhäuser wieder auf Rekordkurs und so profitabel wie seit 2007 nicht mehr. Beispiel UBS: Die Bank startete das letzte Jahr mit dem besten Quartalsergebnis seit 2007. Die Turbulenzen des Ukraine-Krieges haben der Grossbank in der Folge etwas zugesetzt, aber das Bild unterm Strich ist so stark, dass ein Grossteil der Analystengemeinde die Aktie zum Kauf empfiehlt. Zwei von drei Analystinnen und Analysten raten dazu, das Papier ins Portfolio zu nehmen. Fast vergessen sind da die Tage im Oktober 2008, als sich die Bank unter den rettenden Schirm des Staates flüchten musste, als der damalige Bundespräsident Pascal Couchepin dem Land verkündete, dass der Bund und die Nationalbank 68 Milliarden Franken zur Verfügung stellen, um die Kernschmelze im Schweizer System zu verhindern. Die Pleite von Lehman Brothers hatte da erst vier Wochen zurückgelegen.

Rendite von Bankaktien seit der Finanzkrise im Vergleich

Finanzaktien sind Renditekiller