Roger Federer: Der Maestro der Moneten

Roger Federer war mehr als ein erstklassiger Tennisspieler. Er war – und ist – vor allem ein grossartiger Geschäftsmann. Er ist der Liebling der Sponsoren, ein Racket schwingender Sympathieträger, der mit Talent und ganz viel Fingerspitzengefühl ein dreistelliges Millionenvermögen angehäuft hat. Die «Bilanz» führt ihn mit 750 Millionen Franken auf der Liste der 300 Reichsten im Land. Seit Jahren ist er Markenbotschafter für Mercedes-Benz, Rolex, Barilla, Lindt, Jura und die Credit Suisse. Die Verantwortlichen bei den Firmen lieben den Maestro. Lindt-Taktgeber Ernst Tanner zeigt sich gerne öffentlichkeitswirksam mit dem Tennisass. Gleiches gilt für Claudio Colzani, den Chef von Barilla. Federer sei ein «ein Spitzenathlet», sagte Colzani vor einiger Zeit gegenüber der «Handelszeitung». «Und dazu charmant, freundlich. Wir mögen Federers Persönlichkeit. Er ist weltweit eine Marke. Für mich ist seine Verpflichtung auch eine Botschaft nach innen: Es zahlt sich aus, charmant zu sein.» Globale Strahlkraft «Roger hat die Marke Jura bekannter gemacht und uns gerade in den USA Türen geöffnet und Glaubwürdigkeit bei der Expansion gebracht», sagte Jura-Chef Emanuel Probst vor wenigen Wochen gegenüber der «Handelszeitung». «Er passt bestens zu uns und verkörpert unsere Werte. Und er macht viele Mitarbeitende stolz und hat schon manche Leute dazu gebracht, sich bei Jura zu bewerben.»Federer über Rücktritt: «Eine bittersüsse Entscheidung» Mit 41 Jahren, nach 20 Grand-Slam-Titeln, 103 Turniersiegen und 310 Wochen als Weltnummer 1 erklärt Roger Federer seinen Rücktritt. Auf Instagram schreibt er, es sei «eine bittersüsse Entscheidung». «Ich muss einsehen, wenn es Zeit ist, meine Karriere zu beenden.» Mehr lesen Sie hier. Der Vertrag mit Federer bestehe seit 2006 und werde alle fünf Jahre verlängert. Aktuell stünde er bis 2025 unter Vertrag. Der Rücktritt scheint der Partnerschaft keinen Abbruch zu tun, denn Probst hielt seinerzeit fest, er hätte ihn am liebsten lebenslang unter Vertrag. Besonders ist Federers Beziehung zu Uniqlo, dem japanischen H&M: Der Retailer stellt Shirt und Hose, seitdem der Maestro mit Nike gebrochen hat. Angeblich hat Federer für den Deal ganze 300 Millionen Dollar eingestrichen, weswegen die Transaktion auch zu den grössten in der Geschichte des Sports zählt. Markenversprechen mit Wiedererkennungswert Federer ist Genie pur. Ein Markenversprechen ohne Schlagzeilen und mit weltweitem Wiedererkennungswert. Auf dem Court brillierte er mit seiner Vorhand, als Geschäftspartner mit höchster Lieferzuverlässigkeit. Wenn er ein Turnier gewann, zog er vor der Pokalübergabe regelmässig ein Modell von Sponsor Rolex übers Handgelenk. Die Bilder waren Millionen wert und trugen dazu bei, dass die Marke ihr Luxusimage hoch und ihre Verkäufe noch höher halten konnte. Federer ist es gelungen, ein Krösus fern der Kritik zu werden. Wenn der Fussballer Shaqiri in Basel eine kleine Villa baut, debattiert der Boulevard über Geschmack und Grössenwahn. Federer dagegen kann ganze Küstenabschnitte am Zürichsee kaufen und in steuergünstigen Gegenden wie Dubai residieren – in der öffentlichen Wahrnehmung bleibt er der bodenständige, charmante Typ von nebenan. Kein Journalist, keine Journalistin zerlegt sein Steueroptimierungsmodell. Federer ist eine Figur wie Michael Jordan oder David Beckham. Ein globaler Brand mit Status eines Mega-Influencers, der ganze Generationen geprägt hat. Wo andere Sportskanonen dem «fast buck» nachrennen und wie Cristiano Ronaldo ihren Namen für eine ordinäre Autochassispolitur hergeben, pocht Federer auf Niveau und Nachhaltigkeit. Die beworbene Marke muss dem eigenen Idealbild entsprechen. Stolze Credit Suisse Das weiss auch die Hausbank Credit Suisse. Sie buchte zu Federers 40. Geburtstag ganze Zeitungsseiten und plauderte – mit Einwilligung des Jubilars – sogar ein richtiges Geschäftsgeheimnis aus: «Seit vierzig Jahren» sei die CS die Bank von Federer, hiess es. Oder in anderen Worten: Bei seiner Geburt gab es ein Sparkonto für das Baby, das dereinst zum grössten Tennisspieler aller Zeiten avancieren sollte. Zum GOAT – dem «Greatest of all Time». Federer hat in seiner Karriere auch reihenweise Deals abgelehnt, die nicht zu seiner Marke passten. Dies zum Teil auf Anraten von Tony Godsick, seinem Manager. «Du bist global unterwegs, du musst Deals mit globalen Marken machen», soll er ihm bei der ersten Begegnung im Sommer 2005 gesagt haben. Federer verschob den Fokus seiner Geschäftsbeziehungen weg von Lokalmarken, hin zu potenten Megabrands – von Maurice Lacroix zu Rolex, von Helvetia zu Barilla. Der Maestro war kein Sportler, der die Denkarbeit an ein Betreuerteam delegiert, um sich auf Mobility-Work-outs und Trainingseinheiten zu konzentrieren. Er kümmerte sich persönlich um seinen Auftritt. Das wurde spätestens bei seinem Einstieg bei der Laufschuhfirma On definitiv sichtbar – und aktienrechtlich greifbar. Mit Federer als Aushängeschild und Federer im Aktionariat spurtete die Schweizer Laufschuhfirma aufs New Yorker Parkett, um Milliarden zu lösen; die Firma hat aktuell einen Marktwert von knapp 12 Milliarden Dollar. Die Rücktrittsankündigung von Federer lässt die Aktie sogar anziehen – und das Portemonnaie von Federer paradoxerweise dicker werden. Er ist eben auch abseits des Tenniscourts der «Greatest of all time».