Schroders-Experte Stephan Frischknecht empfiehlt Immobilienfonds

Empfehlen Sie derzeit Investitionen in Schweizer Immobilienfonds und -aktien, obwohl die Preise eher hoch sind? Nach Aktien sehe ich Immobilien als zweiten Schwerpunkt bei Sachwerten. Da für viele der Direktbesitz – ausser der eigenen vier Wände – nicht in Frage kommt, rate ich, dass Sie sich über Immobilienfonds und -aktien engagieren. Trotz der Tatsache, dass wir selbst einen Immobilienfonds verwalten, würde ich empfehlen, breit zu diversifizieren. Setzen Sie auf gute Lage und bewährte Vehikel mit Leistungsausweis, nicht auf neue unerfüllte Versprechungen wie «Immobilienbesitz für Kleinanleger via Crowdfunding». Ebenfalls empfehle ich trotz internationaler Diversifikation, den Schwerpunkt in der Schweiz zu setzen, da erwartet werden kann, dass langfristig der Schweizer Franken stark bleiben wird und gleichzeitig die Renditen im Ausland in vielen Regionen nur um ungefähr so viel höher sind, wie historisch der starke Schweizer Franken wettgemacht hat. Welche Vermögensverteilung empfehlen Sie durchschnittlichen Anlegerinnen und Anlegern: Wie hoch sollte die Aktienquote sein, welche Rolle sollten Sachwerte spielen, und wie viel Platz im Portfolio würden sie festverzinslichen Papieren einräumen? Der Schwerpunkt sollte bei Sachwerten, also Aktien, Immobilien und Rohstoffen gesetzt werden. Angesichts der Coronakrise verschulden sich viele Länder bis zum Hals. Die Notenbanken halten die Zinsen künstlich tief, indem sie diese Schulden kaufen. Das kann wohl nicht auf ewig gut gehen. Ich sehe zu enge Parallelen zu früheren Episoden, in denen Regierungen ihre Ausgaben damit finanzierten, dass sie die Zentralbank zwangen mehr Geld zu drucken. Zudem gibt es in Festverzinslichen in Schweizer Franken kaum oder sogar negativen Zins. Zur Aktienquote: eine alte Faustregel besagt, hundert minus das Alter sei die ideale Aktienquote. Das könnte man dahingehend anpassen, dass man in jungen Jahren 20 Prozent drauflegt: ein Zwanzigjähriger, wenn er spart, könnte alles in Aktien oder anderen Sachwerten anlegen. Rund 30 Fussballclubs weltweit werden an der Börse gehandelt – letzte Woche vergrösserte sich dieser Kreis um den FC Brügge aus Belgien. Eignen sich solche Fussball-Aktien nur für die Anhänger der Clubs? Fussball bewegt die Gemüter. Ein emotionaler Anhänger darf sich sicher eine Fussballaktie gönnen, um seine Bindung zu festigen. Langfristigen Gewinn sollte er nicht erwarten. Die meisten Clubs brauchen Sponsoren und Geld. Ich bin sicher, man kann von fast jedem Club Aktien erwerben, auch nicht börsenkotierten, es sei denn, man trifft auf einen besonders selbstgefälligen Oligarchen als Alleineigentümer. In diesem Fall kann man heute keine Aktien kaufen, sondern erst, wenn der Hochmütige gefallen ist. Die Preise im europäischen Emissionshandel sind stark gestiegen. Ist der Markt mit den CO2-Verschmutzungsrechten auch interessant für Anlegerinnen – und welche Möglichkeiten bestehen, um darin zu investieren? Seit die CO2-Emmissionsrechte vor mehr als 15 Jahren in Europa eingeführt wurden, hatte man sie lange zu grosszügig vergeben, ja fast verschenkt. Die Folge waren viel zu tiefe Preise; die Anreize zur CO2 Reduktion waren nicht gegeben. Es gibt nun aber Hoffnung. Die EU hat im Dezember 2020 ihr Regime geändert und will bis 2030 die CO2 Emissionen um 55% senken (bisher war die Rede von 40%). Unter anderem wurde beschlossen, dass ab 2021 die Anzahl der CO2 Zertifikate jährlich deutlicher verringert werden soll als dies bisher der Fall war. Diese Massnahme scheint auch zu wirken, so haben sich die Preise über die letzten 12 Monate mehr als verdoppelt. Das heutige Niveau von 50 Dollar ist immer noch deutlich zu tief. Gemäss unseren internen Berechnungen müsste es auf rund 70-100 Dollar steigen, damit die Klimaziele erreicht werden können. Das ist eine komplexe und nur ungefähre Schätzung, da noch viele andere Faktoren den CO2-Ausstoss beeinflussen und nicht alle Länder denselben Weg gehen wie die EU. Eine Anlegerin, die in ein Derivat oder strukturiertes Produkt für CO2-Zertifikate investiert, würde etwas Gutes für sich und das Klima tun. Nur sei hier gewarnt: Trotz Regimewechsel - Politiker bestimmen hier das Angebot. Blicken wir auf das allgemeine Börsengeschehen: Wie stark beschäftigt die Corona-Krise die Finanzmärkte? Die Coronakrise übt einen wesentlichen, aber nicht den wichtigsten Einfluss auf die Börse aus: je schneller sie überwunden ist, umso rascher wird sich die Wirtschaft erholen können. Dies wirkt auf die meisten Unternehmensgewinne, denn die meisten Firmen verzeichneten während der Lock-down-Phasen weniger Umsatz und Gewinn. Wichtiger scheint mir die extrem expansive Geld- und Fiskalpolitik. Meines Erachtens hielten die Zentralbanken und Regierungen die Zügel schon vor der Krise viel zu locker, und haben sie wegen der Krise deutlich weiter gelockert. Bedenklich daran finde ich, dass sie sich selbst einer Abhängigkeit ausgesetzt haben, bei jedem Bröckeln der Wirtschaft oder der Finanzmärkte mit noch grösseren Stimuli aufzuwarten. Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln? Die Bewertungen sind hoch, die Erholung in den vergangenen zwölf Monaten war fulminant und aus meiner Sicht gab es schon einzelne Exzesse, wie z.B. GameStop, Bitcoin, Tesla. So kann es noch einige Monate weitergehen. Jedoch stufe ich das Risiko für einen Rückschlag in der kürzeren Frist als nicht unerheblich ein, denn die Risikobereitschaft vor allem der privaten Kleinanleger ist so hoch wie noch nie in den vergangenen zwanzig Jahren. Bald könnte der marginale Impuls fehlen, denn für steigende Preise braucht es mindestens einen Kauf mehr als Verkäufe. Wo steht der SMI in zwölf Monaten? Zwölf Monate ist für mich zwar immer noch eher kurzfristig. Wenn sich aber die von mir wahrscheinlich erachtete Zwischenkorrektur eingestellt haben wird, dann sollte die Börse nochmals neue Allzeithöchststände erreichen. Weshalb? Im Falle einer moderaten Korrektur rechne ich damit, dass Zentralbanken und Regierungen reagieren werden und Kleinanleger nochmal zukaufen werden. In Bezug auf die vorhin angesprochenen Exzesse sehe ich diese noch nicht als hinreichendes Zeichen für ein nahes Ende der Börsenhausse sondern eher für einen Vorboten einer Zwischenkorrektur. Für das Ende braucht es mehr Übertreibungen. Das Interview wurde schriftlich geführt.

Schroders-Experte Stephan Frischknecht empfiehlt Immobilienfonds

Immobilienfonds: «Setzen Sie auf gute Lage und bewährte Vehikel»