US-Tech-Riesen: Dieses Risiko haben Anlegerinnen und Anleger nicht auf dem Radar

Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren hat vor einiger Zeit mit der Idee für Aufsehen gesorgt, Facebook, Google und Amazon zu zerschlagen. Die Aktienmärkte haben jedoch sowohl bei diesem Vorstoss als auch bei entsprechenden Gerichtsverfahren nur gegähnt. Das Risiko einer Zerschlagung gilt als klein, und selbst wenn es dazu käme, würden Monopole bestehen bleiben. Facebook etwa wäre im Bereich «virtuelle Freundschaftsnetzwerke» auch nach einer Aufspaltung dominant – das Gleiche gilt für Youtube oder den Apple Store, wenn man diese Teile aus dem Mutterkonzern herauslösen würde. Darum ist es kein Wunder, dass die Anleger und Anlegerinnen regulatorische Risiken kaum auf dem Radar haben. Aber das könnte sich als Fehler erweisen. Das liegt insbesondere an Lina Khan. Die 33-jährige Juristin ist Chefin der US-Kartellbehörde FTC (Federal Trade Commission) und so etwas wie die Angstgegnerin der Tech-Riesen. Wie gross deren Furcht vor Khan ist, zeigte sich darin: Kurz nach ihrer Ernennung hatten sowohl Amazon als auch Facebook quasi einen Antrag auf ihre Amtsenthebung gestellt. Was genau macht die junge Juristin für die Tech-Superstars so gefährlich? Sie vertritt eine altmodische Rechtsmeinung, die bis in die siebziger Jahre im US-Kartellrecht angewandt wurde: Für Eingriffe in den Markt reichte es, wenn Monopole oder konzentrierte Marktstrukturen festgestellt wurden. Den grossen US-Monopolen, allen voran der US-Telefongesellschaft AT&T, passte das aber nicht. In den siebziger Jahren haben sie es geschafft, die Rechtsansicht und Rechtsprechung zum Kartellrecht in ihrem Sinne zu verändern. Aufgrund des von diesen beförderten neuen Rechtsparadigmas achteten die Behörden und Gerichte nicht mehr auf die Marktkonzentration, sondern auf die Preise, welche die US-Bürgerinnen und -Bürger zahlen mussten. Nur wenn die Endpreise höher waren, musste die Kartellbehörde einschreiten. Ein hanebüchenes Rechtsparadigma Und der Nachweis, dass schädigende Monopolpreise verlangt wurden, war kaum zu erbringen. Denn, so wurde argumentiert, Wettbewerbsbedingungen könnten auch dann herrschen, wenn nur ein einziges Unternehmen in einem Markt aktiv sei. Grund seien potenzielle Konkurrenten, die möglicherweise in den Markt einträten. Diese potenziellen Konkurrenten würden beobachten, ob der Alleinanbieter hohe Monopolpreise verlangt. Wenn ja, würden auch sie von diesen Preisen profitieren wollen und träten in den Markt ein. Aufgrund der Angst vor dieser potenziellen Konkurrenz entferne sich der Preis selbst bei nur einem einzigen Anbieter nie weit vom Wettbewerbspreis. Aus diesem Grund liessen Gerichte und Aufsichtsbehörden immer häufiger zu, dass Unternehmen durch Monopolisierung den Wettbewerb ausschalteten. Die achtziger Jahre waren der Beginn eines Eldorados für Fusionen und Übernahmen. Es etablierte sich auch ausserhalb der USA eine monopolfreundliche Ausrichtung der Gesetzgebung und Rechtsprechung. Als Folge schritt die Marktkonzentration voran, Monopolisten feierten fröhliche Urstände. Das Pendel schwingt zurück Dabei klingt die ganze Argumentationslinie, wonach selbst ein einziger Anbieter normalerweise kein Monopol darstellt, ziemlich hanebüchen. Und nun schwingt das Pendel zurück in Richtung einer wirksameren Bekämpfung von Monopolen und anderen Marktkonzentrationen wie den Oligopolen. Dafür ist nicht zuletzt die Berufung von Lina Khan an die Spitze der FTC ein deutliches Zeichen. Denn sie vertritt in aller Konsequenz den ursprünglichen Rechtsstandpunkt, wonach die Branchenstruktur ein hinreichendes Merkmal für gesellschaftsschädigende Wettbewerbsbehinderungen sei. Die grösste Gefahr für die Tech-Konzerne ist eine Regulierung, wie sie viele Länder für ihre ehemaligen Monopoltelefongesellschaften eingeführt haben. Die Monopolisten wurden verpflichtet, neuen Konkurrenten diskriminierungsfreien Zugang zum Telefonnetz zu gewähren, um so ein Wettbewerbsumfeld zu schaffen, das den Kundinnen und Kunden zugutekommt. In den USA ist der politische Wille für eine ähnliche, aber gegen die Tech-Riesen gerichtete Regulierung, auf dem Vormarsch. Denn deren Marktmacht zu schwächen, ist ein Anliegen, das beide grosse US-Parteien auf dem Programm haben. Die Investoren und Investorinnen haben die gestiegenen regulatorischen Risiken und die ersten Erfolge von Khan und ihrer Behörde gegen Kartelle und marktbeherrschende Firmen aber noch nicht auf dem Radar. Dementsprechend sind diese Risiken in den Kursen bislang nicht eingepreist.Der grosse Sturz der Tech-Titanen Was für ein Manager, was für eine Firma. Mark Zuckerberg war der Digital-Whiz, Facebook das Mass aller Dinge. Sein Social-Media-Konzern kontrollierte den digitalen Kosmos, zermalmte die Konkurrenz, schüttelte Milliarden für Startups aus dem Ärmel und war ein Magnet für die smartesten Talente. Ein Job in Cupertino kam einem Ritterschlag gleich. Die Firma hatte das Chinin in einem von Moskitos verseuchten Markt, wie der New Yorker Professor Scott Galloway schrieb. Fünf Jahre später ist der Glanz ab. Facebook hat sich in Meta umbenannt und verbrennt jeden Tag eine Viertelmilliarde Dollar. Tendenz: steigend. Während die Lohnspirale dreht und die Kosten steigen, brechen die Erträge ein. Es ist ein Giftcocktail und ein Zeichen für den dramatischen Fall der einstigen Ikone. Jetzt greift Zuckerberg durch: 11’000 Mitarbeitende verlieren den Job, und bis Ende März 2023 gilt ein Einstellungsstopp, vielleicht auch länger. Es ist das Eingeständnis der eigenen Ignoranz, denn das Desaster kündigte sich schon vor Monaten an. Mehr lesen Sie hier.

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