Nationalbank-Direktorin Andréa Maechler schimpfte letzten Monat ein bisschen mit den Banken: Die Finanzinstitute sollten bei der Vergabe ihrer Geldmarkthypotheken zügig damit anfangen, vom Referenzzinssatz Libor abzukehren.

Denn der Libor – voll ausgeschrieben «London Interbank Offered Rate» – wird definitiv nur noch bis Ende 2021 erstellt. Der Libor gibt wieder, zu welchem Zins sich grosse Banken Geld auszuleihen bereit sind. Auf Basis dieses Zinses werden viele Finanzprodukte berechnet.

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Libor wird Bedeutung verlieren

Beispielsweise steuerte die Schweizerische Nationalbank lange Jahre mithilfe des Libor ihren Leitzins. In einer anderen Anwendung sind sie auch Basis für Hypothekarzinsen: In der Schweiz werden neben Festhypotheken mit fixem Zins auch Hypotheken angeboten, deren Rate sich eben am Libor orientiert. Bis zu 20 Prozent des Schweizer Hypothekenvolumens basiert auf dem Libor.

Weil Banken den Libor mit bewusst falschen Zahlenangaben in der Vergangenheit manipuliert haben, ist er in Verruf gekommen und wird Ende 2021 aller Voraussicht nach seine überragende Bedeutung verlieren. In der Schweiz wurde Abhilfe geschaffen: Statt des Libor wird der Saron – «Swiss Average Rate Overnight» – zum Zuge kommen. Dieser basiert auf einem Tagessatz, zu dem sich Finanzinstitute in der Schweiz im Refinanzierungsgeschäft (Repo-Markt) Mittel ausleihen.

Die SNB empfahl den Banken letztes Jahr den Saron offiziell. Daher rührt vielleicht auch, dass Direktorin Maechler Mitte Dezember mit etwas Nachdruck den Wechsel anregte.

Erste Saron-Hypotheken gibt es schon

Noch sind Saron-Hypotheken eine Rarität. Die UBS hat bisher nach eigenen Angaben schon 2019 zwei Mal an Grosskunden eine Saron-Hypothek verliehen und kündigte an, auf dem Schweizer Referenzzins basierende Hauskredite im Laufe von 2020 auch der Kundschaft generell zugänglich zu machen.

Auch Raiffeisen kündigt die Saron-Hypothek für 2020 an. Mit der UBS und Raiffeisen sind damit schon zwei der wichtigsten Wohnfinanzierer der Schweiz an Bord. Auch weitere Banken werden den Saron Ende 2020 wohl im Angebot haben.

Geht es nach Florian Schubiger, Immobilienexperte von der Vergleichsplattform Hypotheke.ch, können Hypothekarnehmer der Umstellung relativ gelassen entgegensehen: «Die Basis der Zinsberechnung ist zwar eine andere, aber die Kunden werden dies nicht gross merken.»

Denn, wie Schubiger beobachtet hat, sind Libor und Saron in den vergangenen Monaten de facto gleich verlaufen. Also in etwa dort, wo die SNB die Zinssätze haben will: Bei grosso modo -0,75 Prozent.

«Banken tun sich schwer»

Libor- und Saronhypotheken sind so genannte Roll-Over-Kredite. Der zugrundeliegende Referenzzins ändert sich laufend, womit sich natürlich auch die Zinszahlung der Kunden immer wieder ändert. Bei der Liborhypothek wird der Zins alle drei Monate, seltener auch jeden Monat, alle sechs oder alle zwölf Monate angepasst.

Beim Saron ist es etwas komplizierter. Der Schweizer Referenzzins ist ein Tagessatz und eine Berechnungsgrundlage für Laufzeiten kann von sich aus zunächst nicht so leicht erstellt werden. So müssen sich Banken für eine Methode entscheiden, mit der ein Zins für eine Laufzeit definiert werden kann. Die SNB hat sieben Methoden ermittelt, wie dies geschehen könnte. An Umsetzungsmöglichkeiten fehlt es demnach nicht.

Trotzdem, wie Adrian Wenger vom Beratungsunternehmen VZ Vermögenszentrum sagt, tun sich die Banken schwer mit der Umstellung. Wenger geht aber davon aus, dass sie im Laufe des Jahres 2020 bekannt geben werden, wie sie den Wechsel vollziehen wollen. Umstellen dürften sie wohl spätestens im Sommer 2021.

Margenausweitung droht

Für die Kunden droht laut Wenger aber eine Klippe der besonderen Art: Neben den 20 Prozent Geldmarkthypotheken kämen nächstes Jahr vom gesamten Hypothekarvolumen weitere 30 Prozent zur Erneuerung. Also dürften 2021 insgesamt 50 Prozent der Schweizer Hypotheken erneuert werden. «Das birgt die Gefahr, dass die Banken dies zu einer Ausweitung ihrer Margen zum Anlass nehmen», sagt Wenger zu «cash».

Geldmarkthypotheken sind für Hausfinanzierer grundsätzlich weniger lukrativ als Festhypotheken. Schon seit einiger Zeit stellen Kunden fest, dass sie mit dem Argument, dass der Libor nicht mehr verwendet werde, zu Festhypotheken gedrängt werden. Die Saron-Einführung wiederum könnte dann bedeuten, dass die vom Zinsgeschäft abhängigen Schweizer Banken dort ihre Einnahmen zulasten des Kunden erhöhen könnten.

Um ein gründliches Studieren und Vergleichen der Angebote kommen Hauskäufer also auch im anbrechenden Zeitalter des Saron nicht herum.

Dieser Artikel erschien zuerst bei cash.ch mit dem Titel: «Was mit dem Saron auf Schweizer Hypothekarkunden zukommt».