Alle reden wieder davon, in Gold anzulegen. Was halten Sie davon?
Gold ist und bleibt ein sicherer Hafen. Aber es wirft keine Zinsen oder Dividende ab und ist ausser als Besitz in Form von Barren oder Schmuck für nichts zu gebrauchen. Dennoch übt Gold mit seiner einzigartigen Geschichte eine Faszination aus, die Tausende Jahre zurückreicht – als Inflationsschutz, Zahlungsmittel in Krisenzeiten, Statussymbol, seltenes Edelmetall und Basisrohstoff für Schmuck. Seit Mitte 2020 pendelt der Goldpreis zwischen 1600 und 1700 Franken.

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Was bedeutet das für die Entwicklung?
Dazu habe ich folgende Überlegungen: Wenn alle von Gold reden und es besitzen, ist Vorsicht angebracht. Und sollte Gold – wie in der Vergangenheit – von negativen Realrenditen profitieren können, dann steht dem edlen Metall eine «goldene Zeit» bevor. Sollte sich Gold aber gegenüber steigenden Zinsen behaupten müssen, geriete sein Preis gehörig unter Druck. Zinsen, Inflation und Notenbanken dürften sich weiterhin so entwickeln und verhalten wie in den vergangenen Monaten. Das bedeutet, dass Gold und speziell Goldminenaktien eine lukrative Zeit bevorsteht. 

Auch in der Autoindustrie tut sich derzeit viel - setzen Sie nach wie vor auf Tesla oder auch auf Volkswagen?
Tesla ist und bleibt teuer. Weshalb ist das zu Recht so? Tesla ist kein Autoproduzent, sondern ein Technologieunternehmen mit einzigartiger Zukunft. Obwohl Tesla im Vergleich zum etablierten Automobilhersteller VW ein Teenager ist, hat es dem erwachsenen Unternehmen einiges voraus. Unter anderem die EV-DNA, den First-Mover-Vorteil, die eigene Ladeinfrastruktur, fünf Jahre Erfahrungsvorsprung (Batterien, Ladeinfrastruktur, autonomes Fahren, etc.), den Kultstatus, eine unerschütterliche Anhängerschaft und eine bestechende Vision.

Und Tesla ist wohl weiter in Sachen autonomes Fahren?
Der Fokus auf autonomes Fahren macht Tesla zu einem Unternehmen der nächsten Generation des Individual- und öffentlichen Verkehrs, das die Mobilität neu erfindet. Ein Auto ist auch ein Bus, ein Tram und eine Bahn, und der Fahrplan wird vom Nutzer definiert. Es ist gut möglich, dass VW auf diese Infrastruktur angewiesen sein wird und die Margen von Tesla sich dadurch zusätzlich verbessern.

Was denken Sie: Was wird die Märkte bis zum Jahresende am meisten beschäftigen – Inflation und die Zinsen? Covid-19? Etwas anderes?
Unsere Wirtschaft befindet sich in einer einzigartigen Übergangsphase. Die Digitalisierung stellt alle globalen wirtschaftlichen Aktivitäten auf den Kopf, und rasante Innovation und neue Geschäftsmodelle bringen Disruption in noch nie gesehenem Ausmass. Wer sich nicht bewegt, gehört zu den Verlierern; um mitzuhalten, wird investiert. Unsere Wirtschaft wird gestärkt aus dieser Transition hervorgehen, davon bin ich überzeugt. Die Kosten sind eine erhöhte Inflation, die von den Notenbanken jedoch zugelassen werden wird. Die Zinsen dürften sich etwas normalisieren und zu einer negativen Realrendite führen.

Was bedeutet das für die Anleger?
Die Lösung für Anleger ist das mutige, langfristige Investieren in Sachwerte mit speziellem Potenzial. Warum nicht in Titel der Pharmaindustrie, weil Corona nicht verschwinden wird? Auch Themen, Sektoren und Branchen wie alternative Energien, Robotik, Raumfahrt, Digitalisierung, das Internet der Dinge, Smart Home oder künstliche Intelligenz erlauben es den Investoren, schmerzhafte negative Realrenditen zu vermeiden.

Jacques E. Stauffer

Jacques E. Stauffer ist Gründungspartner und CIO beim Vermögensverwalter Parsumo Capital. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Vermögensverwaltung und in der Beratung institutioneller und privater Anleger, unter anderem bei der Credit Suisse.

Quelle: ZVG

Wie würde sich eine vierte Welle in der Schweiz niederschlagen? 
Die Wahrscheinlichkeit einer anhaltenden vierten Welle ist aufgrund der beachtlichen Anzahl geimpfter Personen in der Schweiz eher klein. Der Aktienmarkt nimmt die zurzeit steigende Zahl an Covid-Erkrankungen deshalb gelassen. Selbstverständlich könnte eine besonders aggressive Virusvariante zu einem Marktrückschlag führen. Exogene Schocks sind nie auszuschliessen, sollten in Anlageentscheiden aber nicht prophylaktisch berücksichtigt werden. Heute präsentiert sich der Markt als robust, und wir halten in unseren Portfolios ein Übergewicht an Sachwerten. Unsere Nominalwertequoten decken wir mit inflationsgeschützten Anleihen, kurzlaufenden Bonds in Fremdwährungen und Liquidität ab. Das hat sich in den letzten Monaten gut bewährt.

Was muss passieren, dass es zu einem ernsthaften Rückschlag an den Märkten kommt? Wie hoch schätzen Sie die Gefahr derzeit ein? Haben Sie jüngst eine interessante Entdeckung gemacht? Eine Anlageklasse, die noch zu wenig beachtet war? Eine Aktie? Ein Sektor?
Aufgefallen ist uns in den letzten Monaten, dass die Zins- und Inflationsdiskussion den Aktienmärkten keinen Schaden zufügen konnte. Unter der Oberfläche der Indizes hat sich jedoch einiges getan: Growth und Value liefern sich einen unerbittlichen Kampf. Der Sektor Technologie (Growth) hat kurzfristig deutlich korrigiert, erholt sich nun aber wieder. Das ist ein gutes Zeichen für beide Styles und somit für den Gesamtmarkt. Langfristig ist die Akkumulation von Value-Titeln zu empfehlen.

Und was ist mit den vielen politischen Risiken?
Die politischen Risiken sind wie Lügen, sie haben meist kurze Beine. Der Markt fokussiert sich auf die wirtschaftliche Entwicklung, die gegenüber der Politik meist erstaunlich resistent ist.

Wo steht der SMI in 12 Monaten?
Der SMI dürfte sich in den nächsten Monaten leicht abschwächen und danach wieder an Fahrt gewinnen. Es ist gut möglich, dass die Inflationsentwicklung Zinsängste schüren und die labilen Monate September und Oktober belasten könnte. Unsere proprietären Risikoindikatoren weisen jedoch auf keinen deutlichen Rückschlag hin. Gegen Ende des Jahres sollten sich die ausgezeichnete Konjunktur durchgesetzt und die China- und Zinsängste wieder gelegt haben. Der SMI könnte neue Höchststände erreichen.