Im Bündner Bergdorf Vals soll der Schweizer Tourismus nach der Zweitwohnungsära in eine neue Epoche gehen: Der Churer Immobilienunternehmer Remo Stoffel will dort 300 Millionen Franken investieren und mit 381 Metern das höchste Gebäude Europas bauen.

Bereits im Vorfeld hatte Bilanz darüber berichtet, doch erst jetzt liess Remo Stoffel in Zürich und unter grossem Medieninteresse die Katze aus dem Sack: Am Mittwoch präsentierte er den geplanten Turm, der mit 381 Metern den Eiffelturm um über 50 Meter überragt.

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«Femme de Vals»

«Femme de Vals» soll das Gebäude mit 107 Zimmer auf 82 Stockwerken auf der rechten Seite des Valsertales heissen, in Anlehnung an die filigranen Figur «Femme de Venise» des Künstlers Alberto Giaccometti.

Der Turm, der auf Bildern wie eine überdimensionierte Nadel in die Höhe ragt, soll zudem das höchste Hotel der Welt werden und das schlankeste. Bezahlt wird die Baute mit Eigenkapital, wie Remo Stoffel vor den Medien betonte. Wieviel von den insgesamt 300 Millionen Franken an Investitionen in den Turm fliessen, wollte Stoffel nicht verraten.

«Möchte in einem Turm leben»

«Ich muss sagen, ich möchte auch in einem Turm wohnen», sagte Stoffel. Er sei überzeugt, viele Gäste würden das auch so sehen. Stoffel und sein Partner, der Valser Steinbruch-Unternehmer Pius Truffer, betonten, sie wollten einen neuen Tourismus, einen Tourismus nach der Ära der Zweitwohnungen.

Stoffel sagte weiter, Vals solle zum zentralen Ausgangspunkt für Leute werden, die Europa besuchten und in der Regel im Helikopter unterwegs seien. Eine neue, reiche Klientel soll angesprochen werden anstelle der Masse. Entworfen wurde der Turm vom amerikanischen Architekten Thom Mane.

Turm, Park und Hotel

Zusätzlich plant Stoffel in seinem Heimatdorf Vals einen Park in der Grösse von fünf Fussballfeldern. Entworfen wird die Anlage vom japanischen Architekten Tadao Ando. Ausserdem soll das bestehende Hotel schrittweise in den Fünf-Sterne-Bereich geführt werden. Die Bevölkerung von Vals soll am Mittwochabend über die Pläne Stoffels informiert werden, ohne Medien.

Truffer unterstrich, die Projekte würden nicht erzwungen. Ohne Bevölkerung gehe es nicht. Die Bevölkerung hatte Stoffel schon einmal das Vertrauen geschenkt, als es um den Verkauf der Therme ging. Die Gemeindeversammlung zog ihn, der in Vals aufwuchs, als Käufer dem Therme-Schöpfer und Stararchitekten Peter Zumthor vor.

«Dubai-Turm»

Kritik schlägt dem Vorhaben bereits jetzt von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz SL entgegen. Geschäftsführer Raimund Rodewald sprach auf Anfrage von einem «reinen Luftschloss», das aus verschiedenen Grünen nicht realisierbar sei, unter anderem aus Sicherheitsgründen im Falle eines Brandes oder wegen der Gefahr von Erdbeben. Mit seinem «Dubai-Turm» gehe Stoffel zurück in die 1960-er Jahre, als Hochhäuser in den Alpen geplant waren.

Würde die Realisierung scheitern, wäre es nicht der erste Turm, der in Graubünden nicht gebaut wird. In Davos wurde zwar eine Sonderzone für einen 105 Meter hohen Turm an der Urne gutgeheissen. Gebaut ist er jedoch bis heute nicht. 2006 scheiterte das Projekt eines 77 Meter hohen Turms von Stararchitekt Mario Botta in Celerina am Veto der Stimmberechtigten.

Ortsplanung müsste revidiert werden

In Sachen Realisierbarkeit des Valser Turm gibt man sich im Bündner Amt Raumentwicklung zurückhaltend. Amtsvorsteher Richard Atzmüller sagte auf Anfrage, für den Bau des Turms müsste die Ortsplanung revidiert werden. Für eine solche Revision sei das Ja der Stimmberechtigten nötig, ebenso danach dasjenige der Bündner Regierung.

(sda/ccr)

Der Turm zu Vals im europäischen Vergleich: