«Best Ager» oder «Silver Society»: In wenigen Jahren wird mehr als jede dritte erwachsene Person in der Schweiz das sechzigste Lebensjahr überschritten haben. Angesichts des demographischen Wandels nimmt die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung der Altersgruppe 50+ also immer mehr zu.

Viele Frauen und Männer dieser Generation befinden sich meistens in einer Phase des Übergangs - sie sind in der Regel noch berufstätig, verfügen häufig über ein überdurchschnittliches Einkommen, das Rentenalter ist nicht mehr fern und sie werden im Durchschnitt zehn Jahre älter als ihre Eltern. Das macht sie auch für die Finanzindustrie interessant, denn neben dem selbst erwirtschafteten Vermögen erben nicht wenige in späteren Jahren zusätzlich noch beträchtliche Vermögen. 

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Hohes Gewicht

Mit anderen Worten: Über 50-Jährige kontrollieren bereits heute den grössten Teil des privaten Vermögens der Schweiz und stehen vor der Herausforderung, ihr Vermögen in Zeiten steigender Lebenserwartung, sinkender Zinsen und wachsender Eigenverantwortung mindestens zu sichern - oder bestenfalls sogar zu mehren.

Die Hochschule Luzern (HSLU) und der Vermögensverwalter Finpact mit Sitz in Zürich haben dieser Altersgruppe im Rahmen einer gemeinsamen Studie auf den Zahn gefühlt und deren Anlageverhalten untersucht. Was bereitet dieser Generation Sorgen, was wollen sie mit dem Geld machen, welche Anlagevehikel nutzen sie vor allem? Die Studie beruht auf einer Online-Umfrage unter mehr als 500 Personen aus der Deutschschweiz, die jeweils mindestens 250'000 Franken Finanzvermögen besitzen. Dieser Zuschnitt wurde nach Angaben der Studienautoren Alain Beyeler, CEO der Finpact AG, und Tatiana Agnesens, Dozentin für Finanzmathematik an der HSLU, bewusst gewählt. Denn die breite, vermögende Mittelschicht fliegt in der öffentlichen Debatte oft unter dem Radar. 

Kryptoassets spielen nur eine Nischenrolle.

Kryptoassets spielen nur eine Nischenrolle.

Quelle: HSLU / Finpact

Vorsorge und Sicherheit im Fokus

Dabei ist das finanzielle Gewicht, das sie auf die Waage legen, enorm: Die Kapitalbezüge der Altersguthaben erreichen in der Schweiz mittlerweile 15 Milliarden jährlich, Erbschaften - vor allem in Form von Immobilien - schlagen sogar mit fast 100 Milliarden Franken zu Buche. Wer viel hat, kann auch viel verlieren. Deshalb prägen in der Umfrage vor allem politische und regulatorische Veränderungen (76%), Marktrisiken (59%) und Inflationsängste (53%) die Sorgen bei der Vermögensplanung.

«Die Hauptsorge ist, dass im Ruhestand die Kaufkraft verloren geht», betont Beyeler. Die Erwerbstätigkeit ist bei rund 60 Prozent der Befragten nach wie vor die wichtigste Quelle für den Vermögensaufbau, bei den 50 bis 59-Jährigen stammen sogar 75 Prozent des Kapitals aus der Arbeit. Erbschaften und Vorsorgebezüge spielen dann noch keine so grosse Rolle. Die grösste Motivation, Vermögen aufzubauen, besteht vor allem in den eigenen Vorsorge (70%) und in dem berühmten Sicherheitsgroschen (64%). Konsum spielt nur eine untergeordnete Rolle. Das Vermögen an die nächste Generation zu vererben, ist tendenziell erst ab 70 Jahren und bei höheren Vermögen über 1 Million Franken eine besondere Motivation. 

Sehr hohe Investitionsbereitschaft

Interessant ist vor allem ein Blick auf das Anlageverhalten der älteren Generationen: Obwohl Sicherheit und die eigene Vorsorge im Vordergrund stehen, sind Investitionen in Wertpapiere für 77 Prozent der Befragten der dominierende Plan für das eigene Vermögen, an zweiter Stelle steht das Finanzpolster auf dem Bankkonto (60%), gefolgt von Immobilienerwerb oder -amortisation. Zudem ist die Investitionsbereitschaft sehr hoch, 85 Prozent der Befragten investieren ihr Geld bereits, 7 Prozent sind offen dafür. «Das ist im Vergleich zu ähnlichen Studien bei jüngeren Generationen eine sehr hohe Anzahl - und gerade für Finanzdienstleister und Banken eine wichtige Erkenntnis», unterstreicht HSLU-Finanzexpertin Agnesens.

Dabei sind vor allem einfache, langfristige und passive Anlagelösungen gefragt, die stabile Renditen abwerfen. Risikoreiche und komplexe Anlagen wie Kryptoassets beispielsweise spielen quasi keine Rolle - ausser bei Personen mit steigendem Vermögen. Nachhaltige Anlagen sind in der Regel nur gefragt, wenn sie eine marktübliche Rendite abwerfen. 

Menschliche Beratung und langfristige Bindung stehen im Fokus.

Menschliche Beratung und langfristige Bindung stehen im Fokus.

Quelle: HSLU / Finpact

Solides Finanzwissen

Die Generation 50+ zählt ja eigentlich nicht zu den «digital natives». Dennoch nutzen immerhin 28 Prozent digitale Anlageplattformen, weitere 27 Prozent sind zumindest daran interessiert. Somit ist eine Mehrheit offen für digitale Lösungen, wobei transparente Kosten und eine klare Kommunikation seitens der Anbieter Vertrauen schaffen. Die persönliche Beratung und eine langfristige Bindung sind und bleiben aber für die meisten Befragten unverzichtbar.

Mangelndes Finanzwissen ist auch in der Schweiz ein weit verbreitetes Phänomen, darauf weisen immer wieder zahlreiche Studien hin. Die vermögende Altersklasse der über 50-Jährigen bescheinigt sich selbst in der Finpact-Studie «ein solides, aber selektives Finanzwissen», das sie in erster Linie aus Fachbeiträgen in klassischen Medien wie Tageszeitungen und Wirtschaftsmagazinen bezieht. Das Finanzwissen nimmt dabei mit dem Vermögen zu, mit dem Alter aber ab. Immerhin haben mehr als die Hälfte der Befragten (53%) Interesse daran, das eigene Finanzwissen zu erweitern - vorausgesetzt, es kostet nichts.

Die Generation 50+ zeigt sich also vermögensstark, digitalaffin, investitionsbereit und gut informiert. Das Potenzial für moderne und individuell auf Lebensphasen ausgerichtete Anlagelösungen ist somit gross, lautet das nicht ganz uneigennützige Fazit von Finpact-CEO Alain Beyeler.  

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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