Die dramatischen Ereignisse rund um die Credit Suisse (CS) haben in den vergangenen Monaten dem Ansehen des Bankberufs geschadet. Davon sind 75 Prozent der Befragten überzeugt. Jeder vierte Bankmitarbeitende (26 Prozent) ist sogar der Meinung, dass das Ansehen seines Berufs «auf lange Zeit hinaus» beschädigt ist. Damit sich die Reputation der Branche wieder verbessert, braucht es laut 44 Prozent der Befragten «echte Vorbilder auf den Chefetagen».

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Beste unter allen schlechten Lösungen

Das sind einige Ergebnisse aus der 12. Online-Befragung zu den Berufsaussichten in der Schweizer Finanzbranche. Die repräsentative Erhebung bei insgesamt mehr als 1’100 Beschäftigten im Finanzsektor führten das Branchenportal finews.ch sowie das Swiss Finance Institute (SFI) und die Schweizer PR-Agentur Communicators in diesem Frühjahr durch.

Die Übernahme der CS durch die UBS halten 38 Prozent der Befragten für die beste unter allen schlechten Lösungen; 32 Prozent sind der Meinung, dass man die CS hätte aufspalten und nur die systemrelevanten Teile retten sollen. Uneins sind sich die Umfrageteilnehmenden bezüglich der Zukunft der Credit Suisse: 46 Prozent der Befragten fordern eine rasche Integration der CS, während 49 Prozent für eine Abspaltung der CS Schweiz sind.

Behörden zu lange untätig geblieben

Ganze 67 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass der Schweizer Finanzplatz mit dem Verschwinden der Credit Suisse als eigenständige Bank an Glaubwürdigkeit verlieren wird. Erstens, weil die Behörden viel zu lange untätig zugeschaut haben, zweitens, Notrecht zur Anwendung kam und drittens, die Schweiz keine konsistente Finanzplatz-Strategie besitzt.

Gleichzeitig sind 70 Prozent der Befragten der Meinung, dass die «neue» UBS gute Erfolgschancen hat. Erstens, weil sie eine hervorragende Wettbewerbsstellung hat, zweitens gut geführt ist und drittens, weil sie fortan besser reguliert sein wird.

Berufs- und Karriereaussichten bleiben gut

HZ Insurance wollte von Versicherern und Verbänden wissen, wie sich das CS-Debakel auf die Reputation von Versicherungsstellen ausgewirkt hat. 

Der Schweizerische Versicherungsverband SVV schreibt auf Anfrage, dass die Versicherungsbranche eine stabile Säule der Schweizer Finanzbranche und der Wirtschaft sei. Dies zeige sich sowohl bei der Bruttowertschöpfung, welche die Hälfte des Finanzsektors ausmacht, als auch als Arbeitgeber. Jüngst hab eine Studie zudem belegt, dass die Branche überdurchschnittlich vom Fachkräftemangel betroffen sei. Ein Bedarf werde insbesondere bei den Kundenberatenden sowie den wissenschaftlichen und technischen Berufen erkannt, heisst es weiter. «Die Berufs- und Karriereperspektiven bleiben also gut», teilt SVV-Sprecherin Lisa Schaller mit.

Keine markanten Veränderungen

Die Axa sagt gegenüber HZ Insurance, dass ihnen keine vermehrten Bedenken aufgefallen sind, wonach Kandidatinnen und Kandidaten im Rekrutierungsprozess Bedenken äussern, die auf das CS-Debakel zurückzuführen wären. Häufig genannte Gründe für einen Austritt sind laut Axa externe Entwicklungsmöglichkeiten, weitere Karriereschritte sowie Weiterbildungen oder auch eine Auszeit.

Die Swiss Life schreibt, dass derzeit keine markanten Veränderungen festzustellen seinen, weder bei der Anzahl Bewerbungen aus dem Banking-Bereich noch bei den Interessen und Prioritäten der Bewerbenden. «Die Motivation für die Bewerbung ist natürlich Teil der Gespräche mit den Interessenten, wird aber nicht systematisch erhoben», sagt Swiss-Life-Sprecherin Fabienne Schneider. Generell würden neben marktgerechter Vergütung und Anstellungsbedingungen zunehmend auch Themen wie persönliche und berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit sowie Faktoren wie Sinnhaftigkeit in der Tätigkeit und flexible Arbeitsmodelle eine grössere Rolle spielen, um als attraktive Arbeitgeberin wahrgenommen zu werden.

Berufsbild hat an Ansehen verloren

Im Vergleich über zehn Jahre haben die Berufsaussichten in der Finanzbranche eine Berg-und-Talfahrt durchgemacht. Stuften im Jahr 2013 nur gerade 2,8 Prozent der Befragten die Aussichten als «sehr gut» und 39,4 Prozent als «gut» ein, so stiegen diese Werte bis im vergangenen Jahr auf 11,5 Prozent («sehr gut») respektive 55,8 Prozent («gut»). Nach den jüngsten Ereignissen sind die entsprechenden Werte auf 4,3 Prozent («sehr gut») respektive 36,5 Prozent («gut») gesunken. Damit ist ein Grossteil des Reputationsgewinns seit der Finanzkrise von 2008 innert kürzester Zeit verschwunden.

Die Anforderungen im Beruf sind für die meisten Bankerinnen und Banker klar: Mit der fortschreitenden Digitalisierung sind IT-Kompetenzen (dies nannten 67,1 Prozent aller Befragten) und die Bereitschaft, sich kontinuierlich zu verändern (59,5 Prozent) wichtig. Interessant ist hier, dass noch vor zwei Jahren 71,5 Prozent der Umfrageteilnehmenden die Veränderungsbereitschaft nannten. In der zunehmend komplexeren Berufswelt ist ausserdem spezialisiertes Fachwissen unverändert stark gefragt (50,5 Prozent). Im Vorjahr waren es 50,8 Prozent gewesen.

Family-Office-Branche im Aufwind

Die grössten Karrierechancen sehen die Umfrageteilnehmer im IT-Bereich (59,4 Prozent der Befragten) sowie im Umgang mit digitalen Produktinnovationen (57,4 Prozent) und in der Sparte Legal & Compliance (46,5 Prozent). Zudem sind zwei weitere Bereiche in der Gunst der Beschäftigten gestiegen; 37,7 Prozent der Befragten erklärten, dass die Family-Office-Branche in den nächsten Jahren grosse Karrierechancen bieten werde; und 36,9 Prozent sehen grosses Potenzial im Bereich «Alternative Anlagen».

Im Vergleich: Vor zehn Jahren stand an erster Stelle der Bereich Legal & Compliance, dem die damals befragten Personen die grössten Berufschancen (75,2 Prozent) einräumten, gefolgt vom Asset Management (51,0 Prozent) und dem Wealth Management/Private Banking (42,4 Prozent).

Grösste Karriere-Bremser

Die Erhebung ging auch der Frage nach, welche Faktoren die Karriereentwicklung behindern. Mit 44,8 Prozent (im Vorjahr: 43,3 Prozent) an Nennungen stehen Verlagerungen von Geschäftsabteilungen ins Ausland an oberster Stelle. Neue Geschäftsmodelle in den Bereichen Fintech und Neobanken sind mit 40,1 Prozent (im Vorjahr 40,3 Prozent) der zweitgrösste Karrierebremser für klassische Bankangestellte. An dritter Stelle folgen die «Einschränkungen» durch die verschärfte Regulation mit 36,6 Prozent (im Vorjahr 42,4 Prozent).

Interessant ist, dass 25,6 Prozent der Befragten die Konkurrenz durch Expats als grösste Behinderung ihrer Karriere sehen. Im Vorjahr waren es erst 22,0 Prozent gewesen.

Wie aus den Umfrageergebnissen weiter hervorgeht, hat gut jeder fünfte Befragte (22,2 Prozent) für 2022 keinen Bonus erhalten, und bei 24,8 Prozent war er gleich hoch wie 2021. Nach wie vor macht der Bonusanteil einen substanziellen Anteil des Jahreseinkommens aus. Er betrug bei 38,5 Prozent der Befragten 10-25 Prozent des Jahresgehalts, und bei 22,9 Prozent sogar 25-50 Prozent.

Wunsch nach Weiterbildung nimmt zu

Überdurchschnittlich gross ist das Bewusstsein, dass die permanente Weiterbildung in der Finanzbranche wichtig ist: 43,4 Prozent der Befragten besuchen regelmässig themenspezifische Seminare, 38,0 Prozent öffentliche Referate und Konferenzen; 23,1 Prozent der Umfrageteilnehmer planen einen Lehrgang an einer Hochschule (MAS, DAS, CAS) und 24,0 Prozent wollen mit prüfungsfreien Kursen weiterbilden. Mit diesen Werten ist die Tendenz zu vermehrter Weiterbildung gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

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«Die Umfrageergebnisse bestätigen unsere Sicht, dass hervorragend qualifizierte Mitarbeitende ein Eckpfeiler des nachhaltigen Erfolgs unserer Schweizer Finanzindustrie sind. Dass wir unter anderem mit den SFI Master Classes und zwischenzeitlich mehr als 2'000 Absolventinnen und Absolventen einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, macht uns stolz», kommentiert Markus Bürgi, Chief Financial and Operating Officer beim SFI, die Umfrageergebnisse.