Führungskräfte aus dem gesamten Versicherungs- und Rückversicherungssektor sehen eine starke Nachfrage nach Versicherungsschutz und haben die Branche dazu aufgerufen, ihre Stärken in einem herausfordernden Markt zu nutzen.

Auf dem Branchentreffen der Rückversicherer 2022 in Baden-Baden erörterten führende Vertreter der Branche, wie die Versicherungs- und Rückversicherungsbranche die erforderlichen Kapazitäten und Lösungen bereitstellen kann, um dem sich wandelnden Risikoumfeld adäquat zu begegnen. Generell werde die Nachfrage nach mehr Versicherungsschutz weiter steigen, so die Prognose der Führungskräfte.

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Steigende Risiken treiben Preise

Der weltgrösste Rückversicherer Munich Re betonte auf dem Branchentreffen die Notwendigkeit höherer Preise. Das Umfeld für Erst- und Rückversicherer sei angesichts der steigenden Inflation, der drohenden Rezession, zunehmender Naturkatastrophen und Cyberangriffe «so kompliziert wie selten zuvor», erklärte die Munich Re laut Reuters. Der Konzern sei weiterhin bereit, Risiken zu zeichnen. «Inflationserwartungen und sich ändernde Risiken müssen in unseren Preisen für Versicherungsdeckungen abgebildet werden», forderte der unter anderem für das Europa-Geschäft zuständige Vorstand Thomas Blunck.

Bei der bald anstehenden Erneuerung der Rückversicherungsverträge zum 1. Januar 2023 wird ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erwartet, insbesondere im Katastrophenschutzbereich. Mitbedingt ist die Situation auch durch den Rückzug einiger Anbieter aus diesem Marktsegment - bei unvermindert grosser Nachfrage der Käufer.

«Die Nachfrage nach Rückversicherung ist sehr stark und nimmt weiter zu», sagte Jean-Jacques Henchoz, Vorstandsvorsitzender der Hannover Rück. «Wenn wir die langfristigen Trends betrachten, ist der Klimawandel eine Herausforderung für unsere Branche, aber er schafft auch ein grosses Potenzial.»

Frank Reichelt, Leiter von Nord-, Zentral- und Osteuropa bei Swiss Re sieht die  bevorstehende Erneuerung der Rückversicherungsverträge in der EMEA-Region stark beeinflusst vom Krieg sowie anderen Spannungen in der Welt zusammen. «Die geopolitische Lage ist definitiv schwierig. Die Welt befindet sich in einer Krise, und damit ist auch die Branche mit einer Krise konfrontiert, einer globalen Krise, und das wird zweifellos Auswirkungen auf die Erneuerung der Rückversicherungsverträge haben», sagte er in einem Interview mit Reinsurance News.

Unterversicherung birgt Chancen für Rückversicherer

Vor allem im Bereich steigender Risiken durch Naturkatastrophen sieht Frank Reichelt immer noch eine «grosse Schutzlücke. Wenn wir die Welt widerstandsfähiger machen wollen, müssen wir diese Schutzlücken schliessen.» Vor allem in Schwellenländern sowie in einigen asiatischen Märkten sein die Versicherungsdurchdringung noch niedrig. Mit Blick auf  Veränderungen in der Technologie, der demografischen Entwicklung und Risiken durch Naturkatastrophen eröffneten sich hier erhebliche Chancen für Rückversicherer.

Während des Treffens der Rückversicherer in Baden-Baden unterstrich Massimo Reina, CEO Europa bei Guy Carpenter, die robuste Leistung der Branche trotz anspruchsvoller Bedingungen und forderte die Versicherungs- und Rückversicherungsbranche auf, gemeinsam die Herausforderungen zu meistern.

Ann Haugh, CEO von Axis Re, äusserte sich ebenfalls zu den zahlreichen Faktoren, die sich derzeit auf die Versicherungs- und Rückversicherungswelt auswirken, darunter die zunehmende Häufigkeit und Schwere von Schadenereignissen und der Kampf um Talente. «In einem so anspruchsvollen Markt ist es unerlässlich, dass unsere Branche ihre Stärken nutzt. Wir müssen uns überlegen, wie wir unsere Führungsposition in den von uns gewählten Märkten ausbauen können", sagte Haugh und betonte gleichzeitig. «Wir müssen uns voll und ganz auf die Betreuung unserer Kunden konzentrieren und gleichzeitig einen intelligenten, aber disziplinierten Ansatz beim Underwriting beibehalten. Wir müssen vorsichtige Rückstellungen bilden, indem wir in unseren Preismodellen angemessene Schadenskosten berücksichtigen. Und schliesslich müssen wir weiterhin in unsere Talente und unsere einzigartige Unternehmenskultur investieren, um die besten Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten.»