Schweizerinnen und Schweizer wissen zu wenig über ihre Vorsorge. Das macht unter anderem die jährliche Erhebung des Instituts für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern deutlich. Gemäss der Studienleiterin Yvonne Seiler Zimmermann ist es offenbar vielen Versicherten nicht bewusst, dass sie durch frühzeitiges, aktives Handeln die eigene Vorsorgesituation positiv beeinflussen könnten. Doch was sind die häufigsten Falschannahmen und Fehler, die den Versicherten in Bezug auf die Einkünfte im Ruhestand unterlaufen? Eine Umfrage bei fünf verschiedenen Adressen zeigt eine beängstigende Kongruenz: Offenbar sind die Versicherten der trotz andauernden öffentlichen Debatte um Rentenreform und Umwandlungssatz mehrheitlich davon überzeugt, dass sie mit den Bezügen aus der Alters- und Hinterbliebenenrente plus der Rente von der Pensionskasse im Alter gut leben können. In Wahrheit jedoch entsprechen die künftigen Rentenbezüge voraussichtlich nur rund 50 bis 60 Prozent des bisherigen Einkommens. Auch sinken die Ansprüche und Ausgaben im Alter meist weniger als erwartet. Statt der Ausgaben für die Fahrt zur Arbeit stehen dann neue Ausgaben für Hobbys oder Reisen an. Und Steuern zahlt man als Rentner oder Rentnerin auch nicht unbedingt viel weniger als zuvor.

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«Die Ausgaben für das Leben nach der Pensionierung werden oft unterschätzt»

Roman Schwarz, Leiter Finanzberatung bei der Zürcher Kantonalbank

 

  1. AHV- und PK-Rente werden schon ausreichen! Die Renten aus AHV und Pensionskasse decken bestenfalls 60 bis 70 Prozent des bisherigen Erwerbseinkommens ab. Häufig sind die Einkommenslücken aufgrund von beruflichen Auszeiten oder Phasen von Teilzeitarbeit noch grösser. In der Regel braucht es zusätzliche Ersparnisse, um den gewünschten Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Aufbauen kann man sie beispielsweise mit der steuerbegünstigten Säule 3a.
  2. Ausgaben sinken im Ruhestand. Die Ausgaben für das Leben nach der Pensionierung werden oft unterschätzt. Wohnkosten sowie Krankenkassen- und Versicherungsprämien sind Fixkosten, die sich nicht ändern. Auch die Steuerbelastung reduziert sich oftmals weniger als erwartet. Zwar sind die Renteneinkommen tiefer, jedoch kann man aber auch weniger von den Steuern abziehen. Und während zwar die Kosten für den Arbeitsweg, die Verpflegung und die Arbeitskleidung wegfallen, kommen Ausgaben für Freizeit, Reisen und Gesundheit dazu.
  3. Das hat ja noch Zeit. Der Vermögensbedarf für den Ruhestand wird in der Regel unterschätzt. Es stehen rund vierzig Erwerbsjahre (von Alter 25 bis 65) zur Verfügung, um durchschnittlich gut zwanzig Jahre Ruhestand zu finanzieren. Um das benötigte Vermögen anzusparen, ist man gut beraten, auch kleinere Beträge über einen möglichst langen Zeithorizont auf die Seite zu legen, um vom Zinseszinseffekt zu profitieren.
  4. Das Sparkonto ist die beste und sicherste Wahl. Die Zinsen auf einem Sparkonto können die Inflationsraten kaum kompensieren, und es kann ein Kaufkraftverlust resultieren. Gerade die Gelder für die Altersvorsorge sind oft über einen sehr langen Zeithorizont angelegt. Dies ermöglicht es, das Risiko von negativen Wertschwankungen zu minimieren. Die Chancen auf eine deutliche Mehrrendite gegenüber den Kontozinsen sind langfristig gegeben und sollten genutzt werden.
  5. Mein Partner oder meine Partnerin ist gut abgesichert. Für verheiratete Paare sind die Hinterbliebenenleistungen aus AHV und Pensionskasse substanziell tiefer. Bei Paaren ohne Trauschein kann es gar sein, dass die Pensionskasse keine Leistungen für hinterbliebene Partnerinnen oder Partner vorsieht. Zudem kann es mit der Erbteilung für die verstorbene Person zu einem ungewollten Vermögensabfluss an weitere Erben und Erbinnen kommen. Konkubinatspartner und -partnerinnen haben keine gesetzliche Erbenstellung. Daher sollte auch die finanzielle Situation für den Ablebensfall eines Partners oder einer Partnerin geprüft werden.

«Einkäufe in die Pensionskasse lohnen sich oft erst ab fünfzig»

Sara Neuweiler, Vorsorgespezialistin beim VZ Vermögenszentrum

 

  1. Zu spät anfangen. Viele Menschen schieben die Planung ihrer Pensionierung auf die lange Bank. Allerspätestens mit 55 sollten sie aber damit beginnen. Wer allzu lange wartet, hat keine Zeit mehr, allfällige Vorsorgelücken zu füllen oder seine Steuerbelastung zu senken. Das rächt sich dann nach der Pensionierung: Es fehlt Geld, und man muss sich finanziell einschränken.
  2. Falsch budgetieren und Kaufkraftverluste. Die Rente aus AHV und Pensionskasse deckt oft nur rund 50 Prozent des letzten Lohns. Wer weiter wie gewohnt leben will, braucht aber bis zu 90 Prozent. Zwar fallen nach der Pensionierung einige Ausgaben weg – zum Beispiel für den Arbeitsweg oder für auswärtige Verpflegung. Oft nimmt aber die Steuerbelastung weniger stark ab als erhofft. Und es kommen Kosten hinzu, etwa für neue Hobbys oder eine lang ersehnte Reise. Zudem schlägt die Inflation zu: Bei 1 Prozent Inflation haben 1000 Franken nach zwanzig Jahren nur noch eine Kaufkraft von 820 Franken.
  3. Zu wenig sparen. Bei vielen Menschen reichen die Renten nicht so weit, dass sie nach der Pensionierung in finanzieller Hinsicht wie gewohnt weiterleben können. Diese Lücke müssen sie vorher schliessen, indem sie bis zur Pensionierung genügend Vermögen ansparen. Vor allem freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse und regelmässige Einzahlungen in die dritte Säule eignen sich gut dafür. So hat man später mehr Geld auf der Seite – und spart durch die Einzahlungen erst noch Steuern.
  4. Fehler beim Pensionskasseneinkauf. Viele zahlen zu früh, zu spät oder zu viel auf einmal ein. Einkäufe in die Pensionskasse lohnen sich oft erst ab dem Alter fünfzig und umso mehr, je höher das Einkommen ist und je schneller das Geld wieder bezogen wird. Und: Viele verpassen es, ihre Einkäufe über mehrere Jahre zu staffeln. So zahlen sie oft unnötig viel Steuern. Ein weiterer Fehler sind Einkäufe kurz vor der Pensionierung, obwohl man das Guthaben als Kapital beziehen will. Denn dann darf man drei Jahre vor der Pensionierung nicht mehr einkaufen.
  5. Falsch entscheiden: Rente oder Kapital? Kaum ein Entscheid hat so weitreichende Folgen: Was soll mit dem Pensionskassenguthaben bei der Pensionierung geschehen? Oft entscheiden dies angehende Rentnerinnen und Rentner zu spät und ohne fundierte Basis. Sie sollten aber sorgfältig abwägen, denn der Entscheid gilt für den Rest des Lebens. Die Rente ist ein Leben lang gesichert. Der Kapitalbezug ist dafür steuerlich attraktiver.

«Unternehmer sollten Optimierungsoptionen nicht ungenutzt lassen»

Thomas Wyss, Head Wealth Planning von Lombard Odier in Zürich

 

  1. Die Vorsorge auf die lange Bank schieben. Besser zu früh als zu spät – so müsste das Motto lauten. Doch das Gegenteil ist der Fall: Viele schieben die Thematik Vorsorge vor sich her, denn «es dauert ja noch lange bis zur Pension». Dabei ist es meistens unabdingbar, dass wir uns spätestens ab fünfzig um die Vorsorge kümmern, um unseren Ruhestand finanziell abzusichern und keine Optimierungsmöglichkeiten zu verpassen – insbesondere in Bezug auf eine mögliche Steuerersparnis.
  2. Schlecht oder falsch informiert. Viele Versicherte sind ungenügend über das Guthaben in der Pensionskasse und in anderen Vorsorgelösungen informiert. Erwerbstätige sind mehrheitlich mit ihrer Arbeit ausgelastet, und der Aufbau der Vorsorge geschieht nebenher, ohne dass diesem Thema besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies hat zur Folge, dass häufig der Überblick über den aktuellen Stand fehlt und entscheidende Planungsoptionen nicht umgesetzt werden.
  3. Falsche Annahmen bezüglich der Besteuerung. Beim Thema der Besteuerung von Vorsorgegeldern ist zwar viel Wissen aus verschiedenen Informationsquellen vorhanden, aber nicht immer stimmt dieses mit der Realität überein – und zwar in Bezug auf die Höhe der Besteuerung sowie auf die sich ergebenden Reduktion im Zusammenhang mit einem allfälligen Wohnsitzwechsel. Hier gilt tatsächlich diese Plattitüde: Durch Hörensagen ist noch niemand gut beraten worden.
  4. Unternehmerinnen, Unternehmer und Selbstständige. Diese sind auf die Entwicklung ihres Geschäfts fokussiert und sind sich oftmals nicht bewusst, welche Chancen der Aufbau ihrer eigenen Vorsorge bietet. Auch wenn ein geplanter Verkauf des Unternehmens dereinst einen entsprechenden Geldzufluss zur Folge haben kann, sollten Optimierungsoptionen nicht ausser Acht gelassen werden, wie beispielsweise eine zusätzliche überobligatorische Lösung für die betriebseigene Pensionskasse.
  5. Das Big Picture fehlt. In vielen Fällen erfolgt eine separate Betrachtung des Unternehmens, des Privat- und des Vorsorgevermögens ohne eine ganzheitliche Sicht. Dabei ergeben sich durch eine kombinierte Analyse entscheidende Optimierungsvarianten, sowohl für die Privatperson als auch in Bezug auf das eigene Unternehmen. Die Optimierung betrifft insbesondere eine Reduktion der Gesamtsteuerlast – und zwar geschäftlich wie privat.

«Eine Frühpensionierung ist sehr teuer und sollte gut überlegt sein.»

Veronica Weisser, Vorsorgeexpertin bei der UBS

 

  1. Nicht oder viel zu spät starten. «Hätte ich mich doch früher drum gekümmert», ist eine der häufigsten Aussagen in Vorsorgeberatungen von Personen ab fünfzig. Tatsächlich: Die Renditen auf den Vorsorgeanlagen über dreissig, vierzig oder fünfzig Jahre machen im Ruhestand einen Viertel bis die Hälfte des Vorsorgevermögens aus. Wer also den Markt für sich arbeiten lässt, muss selber weniger sparen. Gut fährt, wer ab dem ersten Erwerbslohn 10 Prozent des Bruttolohns monatlich automatisiert in diversifizierte Aktien anlegt.
  2. Falsch anlegen oder zu früh die Aktien auflösen. Geld auf dem Sparkonto oder in festverzinslichen Wertschriften kann langfristig nicht immer die Inflation schlagen. Somit kann es sein, dass die Inflation die Ersparnisse wegfrisst. Wer einen Anlagehorizont von mindestens zehn Jahren hat, sollte in diversifizierte Aktien anlegen. Die privaten Ersparnisse werden vor allem in den späteren Rentenjahren und insbesondere ab Alter achtzig gebraucht.
  3. Den Partner oder die Partnerin nicht in die finanzielle Planung miteinbeziehen. Die Wünsche zweier Ehepartner sind nicht unbedingt identisch. Wer den Partner oder die Partnerin nicht frühzeitig in die Vorsorgeplanung miteinbezieht, riskiert nicht nur Enttäuschung und Streit, sondern auch finanzielle Nachteile. Auch bei einem Pensionskasseneinkauf sollte genau analysiert werden, welche Kasse besser ist und bei welchem der beiden Ehepartner sich der Einkauf mehr lohnt.
  4. Kosten einer Frühpensionierung unterschätzen. Eine Frühpensionierung ist sehr teuer und sollte gut überlegt sein. Zunächst müssen an die AHV die Nichterwerbstätigenbeiträge geleistet werden, die ins Geld gehen. In der AHV wird die Rente pro vorbezogenem Jahr um 6,8 Prozent gekürzt. In der zweiten Säule liegt die Rente pro Jahr Vorbezug meist um 7 bis 8 Prozent tiefer. Wer drei Jahre früher in Rente geht, hat lebenslang eine 20 bis 25 Prozent tiefere Gesamtrente. Das sollte man sich gut überlegen. Eine Pensumsreduktion mit oder ohne Teilpensionierung ist finanziell deutlich attraktiver.
  5. Ungenutzte steuerliche Vorteile. Wer 15 Jahre lang in die Säule 3a einzahlt, hat allein durch den Steuervorteil schnell mal 20 000 Franken für eine Weltreise gespart. Und zusätzlich zur Sicherung des Lebensstandards im Alter beigetragen. Wer clever gestaffelt einen Teil des Vorsorgekapitals der zweiten und dritten Säule bezieht, kann gut auch 20 000 bis 50 000 Franken an Steuern sparen. Statt einer kostspieligen Frühpensionierung ist eine optimierte, schrittweise Teilpensionierung zu prüfen, wodurch sich Steuern nochmals optimieren lassen.

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«Dank dem langen Anlagehorizont können sich Investitionen lohnen.»

Philipp Merkt, CIO Postfinance

 

  1. Zu spät anfangen. Es lohnt sich, schon in jungen Jahren, an die Vorsorge zu denken. Grundsätzlich kann man seine Altersvorsorge mit 18 Jahren in der Säule 3a in Angriff nehmen – sofern man ein AHV-pflichtiges Einkommen erzielt. Dann profitiert man über die Jahre vom Zinseszinseffekt und steuerlichen Vorteilen. 3a-Gelder können später auch für die Finanzierung von selbst genutztem Wohneigentum oder etwa als Startkapital in die Selbstständigkeit verwendet werden.
  2. Zu früh aufgeben. Je näher die Pensionierung rückt, desto weniger Jahre bleiben übrig, um allfällige Vorsorgelücken im Alter zu schliessen. Doch gerade ab dem fünfzigsten Altersjahr kann man noch sehr viel optimieren oder einen Beitrag für einen finanziell sorgenfreien Ruhestand leisten. Dies etwa durch freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse, Ausschöpfung der Einzahlungsmöglichkeiten in die gebundene Vorsorge oder Investitionen in Anlagelösungen unter Berücksichtigung des Anlagehorizontes. Wichtig ist auch die frühzeitige Planung eines gestaffelten Bezuges der Vorsorgeguthabens, des Entscheides für Rente, Bezug oder Kombination aus der zweiten Säule oder für eine eventuelle Früh- oder Teilpensionierung.
  3. Die Rente wird schon reichen. Die Leistungen der AHV haben zum Ziel, die finanzielle Existenz im Alter, bei Invalidität oder im Todesfall zu sichern. Mit der zweiten Säule soll bei Eintritt eines dieser drei Ereignisse die Fortsetzung des gewohnten Lebensstandards sichergestellt werden. Die Realität zeigt jedoch, dass bei einem durchschnittlichen Erwerbseinkommen von rund 90 000 Franken die gesetzlichen Altersleistungen der ersten und zweiten Säule nur rund 60 bis 70 Prozent des letzten Einkommens betragen, was in den allermeisten Fällen nicht dazu ausreicht, den Lebensstandard aufrechterhalten zu können.
  4. Ich bin in der Familie abgesichert. Wer kein Erwerbseinkommen erzielt, ist nur im Rahmen der ersten Säule und allenfalls via Krankenkasse oder private Versicherungen versichert. Hausarbeit und Kindererziehung werden in den meisten Fällen nicht finanziell entschädigt, haben aber ebenfalls einen finanziellen Wert. Insofern sollte man die Vorsorgesituation und den persönlichen Bedarf im gesamten Familienverbund jederzeit im Griff haben. Dies auch in Bezug auf die Regelung des Nachlasses.
  5. Anlagefonds sind Spekulation. Viele schrecken vor der Anlage in Fonds zurück. Aber dank des langen Anlagehorizonts bis zur Pensionierung können sich die Investition oder regelmässige Einzahlungen in Vorsorgefonds besonders lohnen, und man hat potenziell höhere Renditechancen.