Der deutsche Bundesrat hält es angesichts von Katastrophen wie dem Hochwasser im Sommer 2021 für erforderlich, bundesweit eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden einzuführen. Die Länderkammer folgte damit einer Initiative von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Jetzt ist die Bundesregierung am Zug: Sie muss den Gesetzentwurf dem Bundestag vorlegen. 

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Die Versicherungswirtschaft hatte sich bislang gegen eine Pflichtversicherung für Elementarschäden ausgesprochen und bevorzugt stattdessen ein Opt-out-Modell. Einzelne Gesellschaften wie die HUK-Coburg schaffen allerdings bereits Tatsachen: Sie versichert keine Gebäude mehr, wenn nicht eine Grunddeckung gegen Elementargefahren abgeschlossen wird. Nach der Flutkatastrophe 2021 mussten deutsche Versicherer laut einer Umfrage der Finanzaufsicht Bafin Schäden von bis zu 5,7 Milliarden Euro tragen.

 

Gegen eine allgemeine Pflichtversicherung wandten sich bisher insbesondere Hauseigentümerverbände. Sie sind der Ansicht, dass die Eigentümer ihre Risiken selbst einschätzen und entsprechend individuell absichern sollen. 

Solidargedanke steht hinter der Pflichtversicherung 

«Katastrophen machen nicht an Landesgrenzen halt», heisst es in einer am Freitag von der Länderkammer verabschiedeten Entschliessung auf Initiative von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. «Der mit der Einführung einer Pflichtversicherung verknüpfte Solidargedanke erfordert eine zeitgleiche, flächendeckende und einheitliche Vorgehensweise.»

Die Versicherung privater Gebäude gegen Elementarschäden sei «noch nicht ausreichend» argumentiert der Bundesrat. «Bundesweit verfügt nur rund die Hälfte der privaten Gebäudeeigentümer über eine Elementarschadenversicherung», wobei die Versicherungsdichte im Ländervergleich auch noch stark schwanke. 

«Zu oft wird das Thema nach einer Unwetterkatastrophe wieder verdrängt, weil man darauf vertraut, selbst nicht betroffen zu sein», betont der Bundesrat. Eine Pflichtversicherung werde somit die nötige Akzeptanz nur finden, «wenn von Beginn an klar ist, dass sie bundesweit gilt».

Extremwetterereignisse treten häufiger auf

Die vergangenen Monate und Jahre hätten gezeigt, «dass Extremwetterereignisse immer häufiger auftreten», heisst es in der Entschliessung weiter. Es sei an der Zeit, «systematisch Massnahmen zu ergreifen und zu fördern, damit nach einer Hochwasserkatastrophe oder anderen Grossschadenereignissen kein Mensch vor dem finanziellen Ruin stehen muss». Die Bundesregierung solle daher «kurzfristig einen konkreten bundesgesetzlichen Regelungsvorschlag" vorlegen, verlangt der Bundesrat.

Bundesweite Pflichtversicherung «muss kommen»

Hendrik Wüst (CDU) von Nordrhein-Westfalen sagte in der Debatte, die bundesweite Pflichtversicherung «muss kommen». Die Bundesregierung habe bereits vor längerer Zeit zugesagt, sich des Themas anzunehmen, bisher sei aber nichts passiert. «Aus unserer Sicht besteht nach wie vor dringender Handlungsbedarf.»

Nach der Flutkatastrophe im Rheinland und in der Eifel im Juli 2021 sagte der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, eine Versicherungspflicht für Elementarschäden könne sinnvoll sein. Allerdings müssten die Prämien abhängig von den lokalen Risiken sein, Immobilienbesitzer in Flutgebieten also mehr zahlen. «Dann kann die Versicherungspflicht dazu beitragen, langfristig die gesamtwirtschaftlichen Schäden durch Überflutungen zu verringern. Die Versicherung schafft einen Anreiz, Neubauten eher in weniger gefährdeten Gebieten zu errichten.» (pm/hzi/mig)