Am ersten Future Talk des Instituts für Versicherungswirtschaft in 2024 diskutierten zahlreiche Expertinnen und Experten diese Woche über die zukünftigen Trends in der Assekuranz. Was die Branche bewegt, verrät Institutsleiter Hato Schmeiser im Interview:

Mit dem Future Talk bringen Sie Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. Wie wichtig ist der gegenseitige Austausch?

Der Austausch ist sehr wichtig und wird von beiden Seiten sehr gut angenommen. Die Teilnehmerzahl ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Die Mitglieder der Future Talks schätzen vor allem die physischen Treffen, bei denen es neue Impulse durch Vorträge und ausreichend Zeit für Diskussion und «Networking» gibt.

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Zur Person

Professor Hato Schmeiser ist seit 2005 geschäftsführender Direktor des Instituts für Versicherungswirtschaft (IVW) an der Universität St. Gallen.  

Die Relevanz eines Themas kann am besten von der Versicherungspraxis beurteilt werden.

Hato Schmeiser, IVW

Inwieweit profitiert Ihr Institut von diesem Austausch?

Als Institut für Versicherungswirtschaft wollen wir neben unserer unabhängigen Forschung und Lehre auch der Versicherungspraxis als Ideengeber dienen. Der Austausch mit Experten aus der Versicherungswirtschaft bietet die Möglichkeit, besser zu verstehen, welche Punkte die Branche aktuell bewegen, bestehende Forschung aus unterschiedlichen Perspektiven zu diskutieren und Anregungen für neue Forschungsfragen zu erhalten. Wissenschaftliches Feedback für unsere Forschung wird zwar auch auf internationalen Fachkonferenzen eingeholt, die Relevanz eines Themas kann aber am besten von der Versicherungspraxis beurteilt werden. Insofern profitiert auch das Institut sehr von den Future Talks.

In diesem Jahr standen vor allem die Themen «Future Customer», «All-Insurance», digitales Monitoring und dynamisches Pricing im Vordergrund. Wo drückt die Versicherungswirtschaft der Schuh aus Ihrer Sicht am meisten?

Wir sehen vor allem zwei Themen im Fokus: Die Veränderung der Kundenbedürfnisse durch die jüngeren Generationen sowie moderne Pricing-Methoden, die verstärkt zu Produkttrennungen führen (Risikotransferprodukt plus Dienstleistungen, bei denen die Zahlungsbereitschaft des Kunden zentral ist). Für die Kundensegmentierung wird das digitale Monitoring zu einem zentralen Baustein werden. 

Zweifelsohne gibt es einen grossen Fortschritt in der Branche in Hinblick auf Effizienz und Effektivität.

Hato Schmeiser

Hat die Branche in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht? 

Zweifelsohne gibt es einen grossen Fortschritt in der Branche in Hinblick auf Effizienz und Effektivität. Gerade die Kundenzugangswege und die Schadenregulierung wurden deutlich weiterentwickelt – und sind in ihrer heutigen Ausprägung nicht leicht kopierbar. Dies haben z.B. auch neue Anbieter am Markt gezeigt, die häufig die Kostenseite nicht unter Kontrolle bringen konnten und Nachteile in der Kundenberatung besitzen.   

Die Künstliche Intelligenz ist derzeit das Megathema schlechthin. Wird es auch die Versicherungswirtschaft revolutionieren? 

Revolution ist ein grosses Wort. Wir sehen eher eine weitere Evolution hin zu einem kundenzentrierten Geschäftsmodell. KI erweist sich unter anderem im Bereich der Erstberatung und der Schadenregulierung als hilfreiche Technologie. Die meisten Versicherer sind hier bereits in der Erprobungsphase und erhalten in der Regel positives Feedback.

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Was bedeuten die neuen Möglichkeiten für die Kundinnen und Kunden?

Die Kundinnen und Kunden werden in zweierlei Hinsicht von KI profitieren: Geschwindigkeit und Qualität. Beispielsweise werden Versicherungsnehmer nach einer Schadenmeldung deutlich schneller - teilweise innerhalb von Sekunden - Zahlungen von ihrem Versicherer erhalten. Zudem wird die Qualität der Schadenbearbeitung durch KI-gestützte Analysen präziser und weniger fehleranfällig. Im Direktgeschäft kann KI beispielsweise auch zu einer besseren Informationsvermittlung, das heisst zu einem Abbau von Informationsasymmetrien und damit zu einer Reduktion von Fehlkäufen führen.

Die Qualität der Schadenbearbeitung wird durch KI-gestützte Analysen präziser und weniger fehleranfällig.

Hato Schmeiser, IVW

Um den Titel ihres Future Talks aufzugreifen: Was erwartet die Versicherungsbranche in den nächsten Jahren? 

Die Assekuranz steht vor zahlreichen Herausforderungen. Intern müssen die Versicherer die neuen technologischen Möglichkeiten weiterhin konsequent nutzen und die dafür notwendigen Talente rekrutieren. Externe Faktoren (z. B. Regulierung, Zinsen, geopolitische Entwicklungen) sowie neue Kundengenerationen werden den Versicherungsmarkt prägen.