Die Unfallforscher der deutschen Versicherer haben herausgefunden: Über 40 Prozent aller Unfälle infolge von Falschfahrten auf Autobahnen werden von Menschen jenseits des 75. Lebensjahrs begangen. Das ist ein wesentliches Ergebnis eines Forschungsprojekts, das die Unfallforschung der Versicherer am 23. August 2023 in Münster vorstellte.

Demenz oder Verwirrtheit

Dass es sich dabei weit überwiegend um Männer handelte, liegt vermutlich eher daran, dass in dieser Altersgruppe überwiegend Männer noch Auto fahren. Demenz oder Verwirrtheit waren in dieser Altersgruppe das herausragende Problem.

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Suizidale Absicht und Flucht

Besonders erschreckend: In vielen Fällen wurde die Falschfahrt bewusst begonnen, dabei wurde in rund einem Drittel der Fälle im fliessenden Verkehr gewendet. Während bei Senioren die Verwirrtheit eine Rolle spielt, waren bei den jungen Verursachern eine suizidale Absicht und eine Flucht vor der Polizei häufig.

Alkohol spielt eine Rolle

Alkohol spielt mit knapp einem Fünftel der Fälle ebenfalls eine Rolle, zumindest als Begleitumstand, allerdings beinahe ausschliesslich bei Personen unterhalb des 65. Lebensjahres. Interessant auch, dass die falsch zurückgelegte Wegstrecke weit überwiegend auf der (in korrekter Richtung) linken Spur lag und dementsprechend dort auch die meisten Unfälle stattfanden.

Nur begrenzte Wirkung

„Die Ergebnisse sind erschreckend und zeigen, dass wir bisher unsere Hoffnungen auf Massnahmen gesetzt haben, die nur begrenzt Wirkung entfalten können“, so UDV-Chef Siegfried Brockmann. Eine Verbesserung der Linienführung und „Stopp-Hände“ nach österreichischem Vorbild an Autobahn-Anschlussstellen könnten nur wirken, wenn die Tat unbewusst geschieht und keine Demenz oder Verwirrtheit die Wirkung minimieren. Automatisch ausfahrende Krallen an Anschlussstellen können nur an Ausfahrten Einfluss nehmen, sind aber dazu noch sehr teuer und würden auch Rettungs- und Einsatzwagen stoppen.

Mit Notbremsfunktion ausrüsten

Längerfristig könnten Neuwagen mit einer Notbremsfunktion ausgerüstet werden, die via Verkehrszeichenerkennung und GPS die beginnende Falschfahrt frühzeitig erkennt und das Fahrzeug stoppt.

Informationen via Verkehrsfunk

Kurz- und mittelfristig sollte nach Ansicht der UDV auf optimierte Information via Verkehrsfunk, Verkehrsbeeinflussungsanlagen und vor allem App-Lösungen im Fahrzeug oder Smartphone gesetzt werden. Da angesichts der festgestellten Hergänge der Einfluss auf die Verursacher ohnehin nur in einem Teil der Fälle möglich ist, liege hier der Schwerpunkt auf der Information der übrigen Verkehrsteilnehmenden.

VerhaltensempfehlungZu diskutieren wäre dann jedoch noch die Verhaltensempfehlung. Laut Brockmann ist zwar die bisherige Empfehlung richtig, äusserst rechts zu fahren und nicht zu überholen, jedoch sollte diese um die Empfehlung ergänzt werden, nicht schneller als 80 km/h zu fahren und das Warnblinklicht einzuschalten. Voraussetzung ist eine örtlich verlässliche und zeitnahe Information über die Falschfahrt.

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Menschen, die versehentlich in falscher Richtung auf die Autobahn auffahren und ihren Fehler frühzeitig bemerken, empfiehlt Brockmann, möglichst auf dem Standstreifen stehenzubleiben, das Warnblinklicht einzuschalten und Hilfe zu rufen. Dann hätten sie wenigstens keine eigene Bewegungsenergie und seien nicht gefährlicher als Pannenfahrzeuge. (pd/hzi/hoh)