Herr Fengler, warum sind möglichst exakte Wetterdaten so wichtig für die Versicherungsbranche?

Ein sehr wichtiger Bestandteil des Versicherungsgeschäfts sind die Risikomodelle, die hinter der Berechnung der Prämien stehen. Da Wetter ein sehr grosses Schaden-Risiko für Gebäude, Infrastruktur und andere Güter wie PKW oder Schiffe darstellt, ist es wichtig, das Gefahrenpotential von Wetter möglichst genau im Risikomodell abzubilden. Je genauer die Wetterdaten, desto genauer das Risikomodell. Aber auch im Schadenmanagement spielt das Wetter eine entscheidende Rolle. Wenn ein Privatkunde meldet, dass sein Auto einen Hagelschaden erlitten hat, muss die Versicherung in der Lage sein, zu überprüfen, ob es an diesem Zeitpunkt an der angegeben Stelle auch wirklich gehagelt hat. Dazu braucht man möglichst genaue Wetterdaten.

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Welche Vorhersagegenauigkeit und -länge sind heute realisierbar?

Heutzutage ist so ziemlich alles möglich, allerdings gibt es Zielkonflikte zwischen der Vorhersage-Genauigkeit, also der räumlichen und zeitlichen Auflösung, sowie dem Vorhersagezeitraum. Die Auflösung sowie die Vorhersagedauer benötigen beide sehr viel Rechenleistung aus Supercomputer-Zentren, oftmals muss man sich dann bei einem Modell für eine der beiden Optionen entscheiden. Also entweder macht man ein Modell, das sehr genau ist und eine sehr hohe räumliche und zeitliche Auflösung hat, dann aber nur für zwei bis drei Tage Vorhersagen stiftet. Das praktizieren wir bei Meteomatics mit unserem EURO1k-Modell, das als erstes überhaupt auf nur einen Kilometer skaliert. Oder man erstellt ein Modell, das 10 oder 14 Tage oder mehrere Monate in die Zukunft schaut. Das hat dafür aber eine viel tiefere Auflösung. 

Wie können die Daten mit möglichst wenig Aufwand in der Steuerung des Versicherungsgeschäfts genutzt werden?

Es kommt immer auf die Datenschnittstelle an – in welcher Form werden die Parameter geliefert, und wie integrieren sie sich ins System der Versicherung? Bei Meteomatics setzen wir auf eine extrem einfach nutzbare Wetter-API. Versicherungsunternehmen können die Wetterdaten direkt in ihre Workflows integrieren und die gewünschten Daten im passenden Format direkt und fortlaufenden ohne Einschränkung nutzen. Wir bieten speziell für Versicherungen ein Tool zur Schaden-Verifizierung an, das die Nutzung von Wetterdaten für das Claims-Management sehr einfach und effizient macht. Man gibt einfach das Datum, die Uhrzeit und die Koordinate ein – der Ortsname reicht in der Regel – und erhält einen Report zu Windstärken, Niederschlägen wie Hagel oder Regen, Blitzeinschlägen und bei Bedarf weiteren Parametern. 

Wie lässt sich das Forderungsmanagement vereinfachen?

Grundsätzlich kann man beim Claims-Management viel automatisieren und Schaden-Forderungen basierend auf festgelegten Schwellenwerten für bestimmte Wetterereignisse mittels Algorithmus automatisch verifizieren lassen. Unser Tool MetX Claims ist für die automatisierte Verifizierung von Schäden entwickelt. Voraussetzung für solch eine Lösung sind natürlich Mitarbeiter, die mit grossen Datenmengen umgehen können und entsprechende Programmierkenntnisse mitbringen.

Wie kann die Versicherungswirtschaft CMIP6-Klimaprojektionsdaten in ihre Dateninfrastruktur integrieren?

Das funktioniert wie bei allen Datenlieferungen von Meteomatics über die Wetter-API. Damit können Versicherer alle Meteomatics-Daten direkt in die eigenen Workflows integrieren und nutzen, also etwa für Risikomodellierung, Schadenmanagement oder Wetter-Briefings für Standorte. Unsere Nutzer können die neuesten CMIP6-Daten für alle fünf sozioökonomischen Pfade bis zum Jahr 2100 abrufen. Wir haben die Rohdaten der Klimaprojektionen aus den CMIP6-Modellen standardisiert und vorverarbeitet. Dies erleichtert der Versicherungsbranche die Nutzung und Integration in ihre bestehenden Dateninfrastrukturen. Bei solch grossen Datenmengen macht es für die Firmen keinen Sinn, eigene Speicherlösungen aufzubauen und die Daten selbst zu verwalten, das wäre äusserst komplex.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

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