Die Finma hat sich zum Thema der Leistungsabrechnungen zuletzt im Januar 2025 in Form einer Medienmitteilung an die Öffentlichkeit gewandt («Krankenzusatzversicherer: Fortschritte und Herausforderungen bei Leistungsabrechnungen»). Die in jener Medienmitteilung beschriebene Situation bezüglich intransparenter und teilweise ungerechtfertigt hoher Abrechnungen in der Krankenzusatzversicherung ist in den meisten Regionen in der Schweiz unverändert oder hat sich mehrheitlich weiter verbessert. 

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Fortschritte in der Umsetzung und positiver Einfluss auf die Versicherungsprämien

Viele Krankenzusatzversicherer haben die Anforderungen betreffend Definition und Abgrenzung von Mehrleistungen im Vertragswesen und die Transparenz in den Abrechnungen der Leistungserbringer weitgehend umgesetzt.

Bran­chen-Frame­work zu «Mehr­leis­tun­gen VVG»

Die Krankenversicherungsbranche gestaltet die Mehrleistungen der Spitalzusatzversicherung verständlicher und für ihre Kundinnen und Kunden nachvollziehbarer. Unter dem Dach des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV ist hierzu ein Regelwerk erarbeitet und mit den Leistungserbringern abgeglichen worden. Hier geht es zum Branchen-Framework «Mehrleistungen VVG».

Und viele Krankenzusatzversicherer haben eigene Bewertungsmodelle entwickelt, um Mehrleistungen gegenüber der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu identifizieren und zu bewerten. Auf Basis dieser Bewertungen konnten die Versicherer in den Verhandlungen mit den Leistungserbringern (Ärzte und Spitäler) in mehreren Fällen vertraglich vereinbarte Preise für Mehrleistungen senken, falls die bisherigen Entschädigungen im Verhältnis zu den erbrachten Mehrleistungen unangemessen hoch waren. 

Zum Autor

Thomas Fux ist Leiter Fachgremium Kranken- und Unfallversicherung bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma.

Diese Entwicklungen haben insgesamt dazu geführt, dass die Preise für stationäre Spitalaufenthalte in der halbprivaten und privaten Abteilung seit 2020 trotz gleichzeitigem starkem Anstieg der Gesundheitskosten und der allgemeinen Teuerung mehrheitlich stagnierten und insbesondere in vielen Hochpreisfällen gesenkt werden konnten. Dies wiederum hat dazu beigetragen, dass auch die Prämien der Spitalzusatzversicherungsprodukte in weiten Teilen stabil blieben oder sanken, was direkt den Versicherten zugutekommt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die zulässigen Gewinne der Versicherer auf den einzelnen Krankenzusatzversicherungsprodukten aufsichtsrechtlich (Art. 38 Versicherungsaufsichtsgesetz) begrenzt sind und dass die Finma gemäss Aufsichtspraxis (Rundschreiben 2010/3 – Krankenversicherung nach VVG, Randziffer 9) bei überhöhten Gewinnen auf diesen Produkten einschreitet und gegebenenfalls Prämiensenkungen veranlasst.

Bestehende Mängel mit regionaler Akzentuierung

Neben den mittlerweile deutlich erkennbaren Fortschritten bestehen gemäss aktuellen Erkenntnissen allerdings weiterhin wesentliche Umsetzungslücken, beispielsweise jene, dass viele Marktpreise immer noch deutlich über den internen Referenzpreisen der Versicherer liegen oder dass teilweise noch keine transparenten Abrechnungsmodelle implementiert wurden. Diese Umsetzungslücken sind bei den verschiedenen Krankversicherungsunternehmen unterschiedlich ausgeprägt. Es bestehen zudem starke Anzeichen dafür, dass die Umsetzungslücken teilweise nicht allein von den Krankenzusatzversicherern verantwortet werden müssen, sondern massgeblich auch von den jeweiligen Leistungserbringern, das heisst von den jeweiligen Kliniken und Ärzteschaften. In dieser Hinsicht lässt sich eine Akzentuierung der noch bestehenden Umsetzungslücken in den Kantonen Genf und Waadt feststellen, was sich auch in den verschiedenen Medienartikeln der letzten Monate widerspiegelte. Es ist dabei wichtig, festzuhalten, dass auch in den Kantonen Genf und Waadt bei einigen Kliniken wesentliche Fortschritte erzielt werden konnten. Der Anteil der Kliniken und Ärzteschaften mit wesentlichen Umsetzungslücken ist in diesen Kantonen allerdings überproportional hoch. Die von diesen Leistungserbringern abgerechneten Preise (beispielsweise die Arzthonorare für eine bestimmte Behandlung) liegen deutlich über den durchschnittlichen Preisen im Rest der Schweiz, ohne nachvollziehbare Begründung. Eine Datenanalyse eines Krankenzusatzversicherers zeigte etwa, dass in den Kantonen Genf und Waadt die durchschnittlichen, von den Ärzten abgerechneten Kosten für vergleichbare Fälle in der Zusatzversicherung mehr als 60 Prozent höher liegen als die vergleichbaren Kosten in der übrigen Schweiz.

Auch ein Vertreter des Kantons Genf hat eingeräumt, dass insbesondere im Bereich der Spezialärzte tarifliche Anpassungen notwendig seien. So äusserte sich der zuständige Regierungsrat in einem Interview Mitte April 2025 dahingehend, dass Tarifsenkungen von 20 bis 40 Prozent erforderlich seien. 

Es scheint, dass die Verhandlungen zur Umsetzung der notwendigen Massnahmen mit diesen Kliniken und Ärzteschaften in den letzten Jahren weniger konstruktiv verliefen als in den übrigen Regionen.

Schutz der Versicherten im Vordergrund

Die aktuell noch bestehenden Umsetzungslücken insbesondere in Bezug auf überhöhte Tarife führen oft zu Eskalationen zwischen Versicherungsunternehmen und Leistungserbringern, was für die Versicherten im Einzelfall zu Einschränkungen bei der Spital- und Arztwahl führen kann. 

Zu den teilweise geäusserten Bedenken, dass Patienten ein dringend benötigter Zugang zu medizinischer Versorgung verwehrt wird, ist zu beachten, dass die in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung geltende gesetzlich geregelte Aufnahmepflicht der Listenspitäler auch in Zeiten tariflicher Auseinandersetzungen betreffend die Krankenzusatzversicherung bestehen bleibt. Die Kliniken und Ärzte stehen diesbezüglich den Patienten gegenüber in der Pflicht.

Hierzu ist auch zu beachten, dass es in der Verantwortung der Krankenzusatzversicherer liegt, die Erfüllung der vertraglich zugesicherten Leistungen gemäss den Versicherungsbedingungen sicherzustellen. Dabei sind alle aufsichtsrechtlichen Anforderungen einzuhalten. Diese beinhalten unter anderem, dass sich die über die Abrechnungen der Leistungserbringer und von den Krankenzusatzversicherern mit Prämiengeldern der Versicherten bezahlten Entschädigungen für alle Mehrleistungen in einem angemessenen und nachvollziehbaren Rahmen bewegen. Andernfalls kann ein vorübergehender oder im Einzelfall sogar dauerhaft vertragsloser Zustand mit den betroffenen Leistungserbringern im Interesse der Versicherten eine notwendige Alternative darstellen. Diese Massnahme dient mittel- und langfristig dem Schutz der Versicherten vor überhöhten Prämien in der Krankenzusatzversicherung zulasten des Versichertenkollektivs. 

Rolle und Erwartungen der Finma

Die Umsetzung der Anforderungen hinsichtlich Transparenz der Leistungserbringung und Angemessenheit der Preise liegt in der Verantwortung der Versicherungsunternehmen, welche dies wiederum gegenüber und mit den jeweiligen Leistungserbringern zum Beispiel mit geeigneten Tarifmodellen umsetzen. Die Finma nimmt keine derartigen Tarifmodelle oder diesbezüglichen Verträge ab und äussert sich auch nicht in grundlegender Art zu den jeweiligen Tarifmodellen. Stellt die Finma (beispielsweise im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen bei den Krankenzusatzversicherern) fest, dass aufsichtsrechtliche Anforderungen zum Schutz der Versicherten nicht eingehalten werden, so veranlasst die Finma entsprechende Massnahmen. 

Die Finma erwartet von den Krankenzusatzversicherern, dass aktuell keine gravierenden Mängel in Bezug auf die aufsichtsrechtlichen Anforderungen mehr bestehen. Bei weiterhin gravierenden Mängeln – sei es etwa in Bezug auf die zeitliche Umsetzung oder aufgrund eines Missverhältnisses zwischen Referenzpreis und vertraglich vereinbartem Preis für Mehrleistungen – wird die Finma schärfere und weiterreichende Massnahmen gegenüber den betroffenen Versicherern anordnen müssen.

Die Finma begrüsst die vielerorts laufenden Anstrengungen, das Problem von intransparenten Abrechnungen und überhöhten Preisen zu lösen, und ruft die Beteiligten nochmals im Interesse der Versicherten zur konstruktiven Lösungsfindung auf.

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Andrea Hohendahl, Chefredaktor von HZ Insurance, und sein Versicherungsexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die nationale und internationale Versicherungswelt bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt kostenlos zum Newsupdate für Insurance-Professionals anmelden.
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