Darum geht's
  • Longevity Swaps sind vor allem in den USA, Grossbritannien und Niederlande ein grosses Thema
  • In diesem Jahr übernehmen Versicherungen Pensionsverpflichtungen jenseits der 22-Milliarden-Franken-Marke
  • Bislang keine Transaktionen in der Schweiz
  • Swiss Re lanciert teilautonome Lösung für das Rentenalter

Das Jahr 2023 endete auf dem Markt für Longevity Swaps mit einem erneuten Paukenschlag. Ende Dezember vermeldete die niederländische NN Group zwei grosse Transaktionen: Über ihre Tochtergesellschaft NN Life hat sie das gesamte Langlebigkeitsrisiko von Pensionsverpflichtungen in Höhe von rund 12,3 Milliarden Franken auf die Prudential Insurance Company of America und den globalen Rückversicherer Swiss Re übertragen. Die Transaktionen decken das Langlebigkeitsrisiko von etwa 300’000 Policen ab. Dieser Deal reiht sich ein in eine lange Liste ähnlicher Transaktionen, die im letzten Jahr weltweit durchgeführt wurden - seien es beispielsweise der MMC UK Pension Fund (2,2 Milliarden Franken/Munich Re) oder der Balfour Beatty Pension Fund (1,9 Milliarden Franken/Scor). 

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Swiss Re als Pionierin

Bereits 2022 wurden laut «Deal Directory» des Makler- und Beratungsunternehmens Willis Towers Watson (WTW) weltweit Transaktionen in Höhe von rund 18 Milliarden Franken erfasst. Das vergangene Jahr dürfte diese Zahl problemlos toppen - und für 2024 erwartet WTW sogar, dass Versicherungen Pensionsverpflichtungen jenseits der 22-Milliarden-Franken-Marke übernehmen. Trend: Weiter steigend. Denn Pensionsfonds suchen zunehmend nach Möglichkeiten zur Absicherung des Langlebigkeitsrisikos - vor allem in den USA, Grossbritannien und den Niederlanden. Und auch für die Rückversicherungen ist dies ein lukratives Geschäft: «Der Markt ist sehr aktiv. Jährlich gibt es etwa 10 Transaktionen dieser Art. Das Potenzial insgesamt ist enorm», weiss Klemens Binswanger, Leiter des Leben- und Krankengeschäfts in der Schweiz und Benelux. Die Swiss Re gilt selbst als Pionierin und weltweite Marktführerin für Longevity Swaps, seit sie 2007 den ersten öffentlich bekannten Vertrag mit Provident für die Übernahme der Pensionsverpflichtungen in Höhe von 1,7 Milliarden britischen Pfund abschloss. Seitdem kamen für Swiss Re etwa zehn weitere Transaktionen hinzu - rund 5 bis 10 Milliarden Franken an Kapazität stellt der Rückversicherer insgesamt pro Jahr zur Verfügung.  

Steigende Lebenserwartung

Die Idee hinter dem Geschäft ist so simpel wie bestechend: Die Lebenserwartung in den entwickelten europäischen Ländern steigt. Im Jahr 2018 gab es laut Swiss Re weltweit zum ersten Mal in der Geschichte mehr Menschen im Alter von 65 Jahren oder älter als Kinder im Alter von unter fünf Jahren. Die Zahl der Menschen, die 80 Jahre oder älter sind, wird sich gemäss dem Rückversicherer voraussichtlich verdreifachen, von 143 Millionen im Jahr 2019 auf 426 Millionen im Jahr 2050. Da liegt es für Unternehmen oder Pensionskassen nahe, die Langlebigkeitsrisiken ihrer Pensionierten an Rückversicherer zu transferieren, um das Risiko zu minimieren. Der Longevity Swap gilt als eines der effektivsten und effizientesten Instrumente zur Absicherung des Langlebigkeitsrisikos überhaupt. Ein Teil der Risiken verschwindet aus den eigenen Büchern - und belastet künftig auch nicht mehr die Bilanz. Der Longevity Swap hilft, eine Unterdeckung der Pensionskasse zu vermeiden und bei tiefem Aktiven-zu-Rentner-Verhältnis nicht in eine Sanierungssituation zu rutschen. Darüber hinaus wird die Planungssicherheit insbesondere auch hinsichtlich dem Asset Liability Matching (ALM) markant erhöht. Dafür kassiert der Rückversicherer als Risikoträger eine entsprechende Prämie.

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Kein Selbstläufer in der Schweiz

Also ein Selbstläufer? Nicht in der Schweiz. Obwohl von der Grösse her ähnlich wie die Niederlande, spielen Longevity Swaps hierzulande noch keine Rolle. Jedenfalls sind spektakuläre Transaktionen bislang Fehlanzeige. «Primär werden von Pensionskassen in der Schweiz die Risiken Tod und Invalidität rückversichert, weil dort das Nutzen-Kosten-Verhältnis am ehesten stimmt», sagt Nico Fiore, Geschäftsführer des Pensionskassenverbands Interpension, der 53 Pensionskassen mit 2 Millionen Aktivversicherten vertritt. Die Prämien für Longevity Swaps wären höher, als wenn sie das Risiko selbst tragen, so Fiore. Auch der Schweizerische Pensionskassenverband Asip als Dachverband für über 900 Pensionskassen hat laut Kommunikationschef Fredy Greuter «keine Anzeichen, dass sich unsere Mitglieder konkret mit der Rückversicherung von Langlebigkeitsrisiken beschäftigen». Und das, obwohl die Schweiz eine der höchsten Lebenserwartungen der Welt aufweist.

Teilautonome Lösung für die Schweiz

Klemens Binswanger von der Swiss Re bleibt dennoch zuversichtlich. Die Kapitalausstattung der Pensionskassen habe sich durch das veränderte Zinsumfeld wieder verbessert. Aber auch das Aktiven-/Rentnerverhältnis stelle verstärkt ein Problem dar. «Viele Pensionskassen werden sich immer mehr bewusst, dass Langlebigkeit tatsächlich ein Risiko darstellt und überlegen sich, entsprechende Sicherheiten einzukaufen. Wir wollen in der Schweiz eine teilautonome Lösung für das Rentenalter in den Markt bringen und stossen damit auf grosses Interesse», sagt der Rückversicherungsexperte. Mit der teilautonomen Lösung blieben die Reserven als auch der Rentnerbestand in der ursprünglichen Pensionskasse und gewähre dieser volle Kontrolle, damit würden auch die Investitionsgewinne nicht geschmälert. Zudem könne die Swiss Re auf die Erfahrungen im Ausland zurückgreifen. Die Angel ist also ausgeworfen. Bleibt die Frage, wann der erste grosse Fisch auch in der Schweiz anbeisst.