Der weltweit grösste Rückversicherer Munich Re verlässt die Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) und will ambitionierte Klimaziele allein weiterverfolgen. Als Grund für den Rückzug nannte CEO Joachim Wenning «Kartellrisiken». Diese schränkten die Verwirklichung der Dekarbonisierungsziele des Unternehmens ein.

«Die Möglichkeiten, im kollektiven Schulterschluss der Versicherungsindustrie weltweit Dekarbonisierungsziele zu verfolgen, ohne materielle Kartellrechtsrisiken einzugehen, sind nach unserer Einschätzung so begrenzt, dass es wirksamer ist, unsere Klimaambition zur Reduktion der globalen Erderwärmung selbstständig als Unternehmen weiterzuverfolgen», äusserte sich Joachim Wenning in einer am Freitag publizierten Medienmitteilung.

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Unter anderem wurden Bedenken laut, dass Regulierungsbehörden Absprachen in der Branche zum Verhalten gegenüber Klimasündern blockieren könnten. Die Münchener Rück ziehe möglicherweise Konsequenzen aus einem Hinweis der britischen Wettbewerbsaufsicht CMA, schreibt dazu das Handelsblatt. Die NZIA hatte sich demnach bereits 2021 an die Behörde gewandt, weil sie «ein Spannungsverhältnis zwischen Nachhaltigkeits-Initiativen und Wettbewerbsrecht» ausgemacht und um Ausnahmen gebeten hatte.

Ziel: Netto-Null bis 2050

Die von den Vereinten Nationen ins Leben gerufene Net-Zero Insurance Alliance ist eine Gruppe von 30 Versicherern und Rückversicherern, die rund 15 Prozent des weltweiten Prämienvolumens repräsentieren und gemeinsam das Ziel verfolgen, ihr Versicherungsportfolio bis 2050 auf Netto-Null-Treibhausgasemissionen umzustellen. 

Die Münchener Rück hatte 2021 zu den Gründungsmitgliedern der NZIA gehört. Neben der französischen AXA gehörten die Allianz, Zurich und Swiss Re aus der Schweiz, die britische Aviva und der französische Rückversicherer Scor zu den ersten Mitgliedern.

Christian Mumenthaler, Group Chief Executive Officer, Swiss Re, sah in der Mitgründung der Net-Zero Insurance Alliance vor zwei Jahren die Möglichkeit einer engeren Kooperation zwischen Versicherern und Rückversicherern, um den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft durch die Underwriting-Expertise weiter auszubauen. Die Gründung der NZIA erschiend dabei als ein «wichtiger und logischer nächster Schritt auf dem Weg zu Netto-Null.»

Klimaziele der Munich Re bleiben ehrgeizig

Trotz Austritt aus der NZIA hält Munich Re an ihren ambitionierten Klima-Zielen fest. Bei der Umsetzung orientiere man sich an wissenschaftlichen Empfehlungen, liess Wenning wissen. «Bis dato dekarbonisieren wir sogar schneller als es Netto-Null in 2050 erfordert.»

Seit 2018 versichert Munich Re keine neuen Kohlekraftwerke und -minen und seit 2019 keine Ölsand-Anlagen mehr. Von April 2023 an werden keine neu erschlossenen Öl- und Gasfelder mehr versichert, ebensowenig der Ferntransport und die Aufbereitung von Erdöl.

Die NZIA hatte vor kurzem auf der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos (Schweiz) ihr erstes Zielsetzungsprotokoll vorgestellt, das der Vorsitzende und AXA-CRO Renaud Guidée als «bahnbrechenden Durchbruch» bezeichnete. Das Protokoll soll die NZIA-Mitglieder in die Lage versetzen, eigenständig Zwischenziele für ihre Versicherungsportfolios im Einklang mit einem Netto-Null-Umstellungspfad festzulegen. (pm/hzi/mig)