Atomunfall oder Pandemie: Die Poolstruktur ist ein Ansatz einer öffentlich-privaten Partnerschaft zur Absicherung gesellschaftlicher Grossrisiken. Grundsätzlich wird hierzulande das Nuklearrisiko durch den Schweizer Pool für die Versicherung von Nuklearrisiken gedeckt. Für einzelne Schadenversicherer sind nukleare Risiken nicht versicherbar. Weltweit schliessen Schadenversicherer das Nuklearrisiko von ihrer Versicherungsdeckung aus. Die Schadenansprüche könnten im Katastrophenfall zur Insolvenz der betroffenen Gesellschaft führen. Um trotzdem eine Deckung anbieten zu können, haben sich Versicherer zwecks gemeinsamer Deckung des Risikos im Nuklearversicherungspool zusammengetan. 

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Ein Versicherungspool ist eine Vereinigung von Versicherern, welche gemeinsam ein besonderes Risiko oder eine besondere Sparte versichern. Die Poollösung eignet sich speziell für schwer kalkulierbare Risiken, die sich zwar nicht oft ereignen, aber ein grosses Schadenpotenzial aufweisen können. Die Mitglieder verpflichten sich, bestimmte Risiken nur im Rahmen des Versicherungspools zu zeichnen. Das Poolkonzept hat sich nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern zur Versicherung von Nuklearrisiken durchgesetzt (und in der Schweiz kommt es auch im Rahmen der Elementarschadenversicherung zum Einsatz). 

Risikokollektiv wird erweitert

Das Risiko wird über viele Gesellschaften gestreut. Einzelne Versicherungen laufen im Schadenfall kein Insolvenzrisiko. Die Deckung des Versicherungsbetrages, der die Gesamtmittel der Poolmitglieder übersteigt, wird bei Nuklearversicherungspools im Ausland eingekauft. Der Schweizer Nuklearversicherungspool besteht derzeit aus 15 Schaden- und Rückversicherern und hat Rückversicherungsvereinbarungen auf Gegenseitigkeit mit 31 anderen nationalen Nuklearversicherungspools. Der Pool bietet neben einer Summe für die Entschädigung von Opfern auch eine Sachversicherung für Schäden am Kernkraftwerk selber an. Seine Hauptaufgabe ist aber im Rahmen der Haftpflichtversicherung die Entschädigung von Personen im Falle eines Nuklearschadens. 

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Der Betreiber eines Kernkraftwerks in der Schweiz ist verpflichtet, eine Nuklear-Haftpflichtversicherungsdeckung abzuschliessen. Ohne diese darf ein Kernkraftwerk nicht betrieben werden. Er schliesst eine Haftpflichtversicherung mit der privaten Versicherungsindustrie in Form des Nuklearversicherungspools ab. Der Staat übernimmt Risiken, die von der privaten Haftpflichtversicherung ausgeschlossen sind oder nicht vollumfänglich versichert werden können, wie kriegerische Ereignisse oder Terrorismus, und stellt den Kernkraftwerksbetreibern diese Deckung in Rechnung. Die damit verbundenen Zahlungen fliessen in den Nuklearschadenfonds. 

Der Staat trägt einen grossen Teil des Risikos

Die obligatorische Versicherungssumme liegt bei 1,1 Milliarden Franken, doch wird sie zum 1. Januar 2022 auf 1,5 Milliarden Euro steigen, da eine bereits im Jahr 2009 vom Parlament verabschiedete Revision des schweizerischen Kernenergiehaftpflichtgesetzes zur Umsetzung der Pariser und Brüsseler Zusatzübereinkommen in Kraft treten wird. Schäden, die über die obligatorische Versicherungssumme hinausgehen, werden von den Betreibern getragen, welche unbegrenzt haften. Wenn in Folge einer Nuklearkatastrophe die Versicherungssumme und die Zahlungsfähigkeit des Betreibers erschöpft sind, so liegt ein sogenannter Grossschaden vor. Die Bundesversammlung müsste dann eine Entschädigungsordnung aufstellen und der Bund weitere Mittel freigeben, um die Opfer zu entschädigen.

Gemäss Swissnuclear, dem Branchenverband der Schweizer Kernkraftwerksbetreiber, betrugen die Prämien für die obligatorischen Haftpflichtversicherungen für alle Kernkraftwerke zusammen im Jahr 2019 16,3 Millionen Franken. Dem Nuklearversicherungspool haben die Kernkraftwerke Haftpflichtversicherungsprämien in Höhe von 9,15 Millionen Franken bezahlt. Dem Nuklearschadenfonds des Bundes sind 7,15 Millionen Franken an Beiträgen zugeflossen. Das Vermögen des Nuklearschadenfonds lag zum Jahresende 2019 bei 514 Millionen Franken. Die ab 1.1.2022 sich auf 1,5 Milliarden Euro erhöhende Deckungssumme für Kernanlagen dürfte die Versicherungsprämien auf ca. 22,7 Millionen Franken erhöhen.

Die finanziellen Verluste eines Grossschadens wie Tschernobyl oder Fukushima überschreiten die Höhe der Versicherungsdeckung für nukleare Schäden und die finanziellen Möglichkeiten der Betreiber bei weitem. Gemäss einem vom Bundesrat in Auftrag gegebenen Bericht des Bundesamts für Energie aus dem Jahr 2015 bewegt sich die Bandbreite der Schätzungen zu den finanziellen Folgen eines Grossschadens laut verschiedenen Studien in der Schweiz und im Ausland aus den letzten 30 Jahren zwischen 88 Milliarden und 8000 Milliarden Franken. Die ab 1.1.2022 obligatorische Haftpflichtversicherungssumme von 1,5 Milliarden Euro macht zwischen 1,9 und 0,02 Prozent dieser Summen aus. Die Wahrscheinlichkeit einer nuklearen Katastrophe ist extrem niedrig und kaum kalkulierbar. Die staatliche Haftung ist potenziell ausserordentlich hoch, wird aber durch die vorrangige private Versicherungsdeckung reduziert. Eine vollumfängliche Deckung des Risikos durch die private Versicherungsindustrie wäre nicht finanzierbar

Axa und Zurich: Nachhaltigkeit und nukleare Risiken

Versicherer halten Kernkraftwerke für sicher und die Versicherung von nuklearen Risiken mit ihren Nachhaltigkeitszielen vereinbar. Sie sehen keinen Widerspruch zwischen ihrer Mitgliedschaft im Nuklearpool und den Nachhaltigkeitszielen, denen sie sich verschrieben haben. Die Medienstelle der Zurich Versicherung schreibt auf Anfrage, dass sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommt und zusammen mit anderen Gesellschaften sowie dem Bund nukleare Risiken versichert, angesichts der Entscheidung der Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die Laufzeit der Kernkraftwerke hierzulande nicht auf eine bestimmte Anzahl von Jahren zu beschränken. Gemäss Axa ist Nachhaltigkeit eines der zentralen Themen der Zukunft. Für die kommenden Jahre sind Kernkraftwerke in der Schweiz aber nach wie vor notwendig, um die Energieversorgung zu gewährleisten. Solange dies der Fall ist, ist es im Interesse der ganzen Gesellschaft, dass die entsprechenden Risiken gedeckt sind, weshalb Axa als Mitglied des Schweizerischen Nuklearpools auch Kernkraftwerke versichert.