Mit einem guten Teamgeist kann man im Sport viel erreichen. Aber nicht nur dort. Den entscheidenden Satz äussert Ruedi Kubat gegen Ende des Gesprächs am Hauptsitz der Allianz in Wallisellen: «Ich habe Freude am Austausch  mit Menschen und an der Menschenführung.» Das sagt viel über ihn aus. Tatsächlich sieht sich der 54-jährige Aargauer mit Zürcher Wurzeln überhaupt nicht als Einzelkämpfer. Deshalb kommt er auch gerne ins Büro. Er brauche die Leute um sich herum. Er würde vereinsamen, wenn er eine Einzelfirma zuhause hätte und sich jeden Tag wieder von selbst motivieren müsste, sagt er. Heute ist Ruedi Kubat CEO der Allianz Suisse und damit Chef von über 3300 Mitarbeitenden in der Schweiz.

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«Es ist schwierig, mich aus der Ruhe zu bringen.»

Wir treffen uns zum Gespräch nicht in seinem Büro, sondern vor der hauseigenen Aula. Kubat mag diesen Ort. Es sei eine wichtige, pulsierende Begegnungszone, die durch die vielen Veranstaltungen sehr lebendig sei. Er wird im Verlaufe des Gesprächs immer wieder auf die Mitarbeitenden zu sprechen kommen, wobei er nicht das Wort «Mitarbeitende», sondern das Wort «Leute» braucht.

Er sei ein Chef zum Anfassen und seine Tür stehe tatsächlich immer offen, sagt er. Von sich selber denkt er, dass er ein ganz normaler Mensch ist – mit allen Stärken und Schwächen. Aus der Ruhe bringt ihn jedenfalls so schnell nichts. Von anderen hingegen werde er aufgrund seiner Funktion häufig als respektheischende Person angesehen. Das sei in der heutigen Zeit ein antiquiertes Verständnis von der Rolle des CEO, meint Kubat bestimmt. Denn das entspricht ganz und gar nicht seinem Verständnis von moderner Menschen- und Unternehmensführung.

«Beim Sport kann ich wunderbar durchlüften.»

Ruedi Kubat spricht ruhig und wirkt auf den ersten Blick eher etwas zurückhaltend. Doch bei gewissen Themen funkeln seine Augen merklich, und er gewährt unerwartete Einblicke, die vielleicht nicht unbedingt zu einem Versicherungsprofi passen: «An der Streetparade war ich mehrmals. Das muss man mal gemacht haben!» Oder: «Alle vier Kinder wohnen noch zuhause. Das freut das Papiherz.» Oder: «E-Bike: Never say never, aber momentan mag ich noch in die Pedale treten.»

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Nach seinen Lastern befragt, sagt er, ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen: «Mein Weinkeller. Und Schokolade.» Er sei ein Genussmensch, fügt er als Erklärung an. Neben dem Sport geniesst er gern ein gutes Glas Wein. Er isst und kocht gerne. Seine beiden Jungs würden sich immer freuen, wenn er koche, weil es dann oft ein grosses Stück Fleisch gebe. 

«Ich habe nie ein Idol oder ein Vorbild gehabt.»

Sowieso sei er durch und durch ein Familienmensch. Die Familie gibt ihm eine ganz andere Perspektive und zeigt, was besonders wichtig ist im Leben: «Es ist eine andere Welt, wenn ich abends nach Hause komme.» Sein Zuhause liegt in Lenzburg. Im Sommerhalbjahr nutzt er für seinen Arbeitsweg nach Wallisellen gerne und so oft es geht das Fahrrad: 80 Kilometer, 1’000 Höhenmeter hin und zurück. Damit sei sein Trainingspensum der Woche erledigt. Seine Assistentin sage dann immer: Es ist gut, ist er heute mit dem Velo da, dann hat er gute Laune. 

Gute Laune hat er oft, obwohl sein Job sehr anspruchsvoll ist. Zu den grössten Herausforderungen nicht nur für die Allianz zählt er im Moment den Fachkräftemangel, die Inflation und wie eine gesunde Balance zwischen Wachstum und Profitabilität zu bewerkstelligen ist. Mit Niedrigpreisen in den Markt zu gehen, sei einfach, um Wachstum zu generieren. Aber das schlägt sich dann auf die Profitabilität nieder, überlegt er laut. 

«Was mir wichtig ist: More asking less telling.»

Beim Fachkräftemangel stellt er sich die Frage: Wie können Unternehmen diesem nachhaltig und langfristig begegnen? Eben nicht mit der Rutschbahn im Foyer, Gratiskaffee oder noch mehr kostenlosen Goodies. Es stellt sich mehr die Frage: Wie kriegt man eine Kultur hin, wo die Leute sagen, das ist cool, hier zu arbeiten. «Und das müssen wir als Unternehmen ausstrahlen.» Wenn man hier in das Gebäude hineinkomme und spüre, das ist lässig hier, dann ziehe man auch die guten Leute an. Wer sich mit ihm unterhält, merkt, wie wichtig ihm dieses Thema ist.

Was Ruedi Kubat als zunehmend anspruchsvoll und intensiv bezeichnet, sind die regulatorischen Anforderungen. Aber auch das bringt ihn nicht aus der Ruhe. Knapp formuliert meint er: «Dem müssen wir uns halt stellen. Da haben wir gar keine Wahl. Das ist ein allgemeiner Trend.» 

Sein Motto: «Sag, was du denkst und tu, was du sagst.»

Nach seinen Führungsgrundsätzen befragt, wird Ruedi Kubat wieder ausführlicher. Er sieht seine Rolle als Chef darin, sehr viele Fragen zu stellen. Er habe nicht den Anspruch, alles zu wissen. Deshalb stelle er rund 80 Prozent der Zeit Fragen. Erst dann könne er sich ein vollständiges Bild machen. Damit bringe er auch die Leute dazu, nachzudenken: «You better be prepared.» Niemand wolle sich blamieren, indem er nichts sage oder keine Ahnung habe. 

Zum Schluss kommt ein Tipp von ihm an die jungen Leute: «Wenn du Karriere machen willst, musst du zuerst herausfinden, was du wirklich gerne machst. Wo liegt deine Leidenschaft? Was man mit Leidenschaft macht, das macht man in der Regel mit Freude – und dann geht man auch gerne zur Arbeit und macht diese gut. Denn eine Grundvoraussetzung, um Karriere zu machen, ist: Du musst besser sein als der Durchschnitt. Durchschnittlich zu sein reicht nicht.» Den letzten Satz sagt er halb zu sich selbst.

Funktion: 
CEO der Allianz Suisse

Ausbildung:
1988–1993 Studium der Wirtschaftswissenschaften, Universität Zürich
1994–1997 Doktorat in Wirtschaftswissenschaften, Universität Basel
1994–1995 Nachdiplomstudium der Ökonometrie und Mikroökonomie, Studienzentrum der Schweizer Nationalbank, Gerzensee 

Karriere: 
Zuerst war Ruedi bei McKinsey & Co. als Berater von 1997 bis 2002 in Zürich, New York und Seoul tätig. Von 2003 bis 2007 war er Mitglied der Geschäftsleitung der Winterthur Schweiz.
2007 wechselte er zur Allianz Suisse, bei der er als Leiter Leben, Kranken und Unfall sowie Mitglied der Geschäftsleitung tätig war. Ab 2009 fungierte er als Leiter Operations & IT (COO) und Mitglied der Geschäftsleitung. 2015 übernahm er die Leitung im Group Strategy & Portfolio Management bei der Allianz SE in München. Von 2016 bis 2018 verantwortete er den Bereich Operations & IT (COO) und war Mitglied des Vorstands der Allianz Deutschland AG. Von 2018 bis 2021 war er als Leiter P&C (CUO) und Mitglied der Geschäftsleitung der Allianz Suisse tätig.
Seit dem 1. Januar 2022 ist Ruedi Kubat CEO der Allianz Suisse.

Hobbys:
Familie, Kochen, Velofahren, Langlaufen