Die anhaltend schwierige Lage in der Rückversicherung stellt den in der vergangenen Dekade aufstrebenden Rückversicherungsstandort Schweiz vor eine Bewährungsprobe. Eine anhaltend hohe Schadenlast und niedrige Kapitalanlagerenditen haben im Jahr 2021 die Eigenkapitalrendite auf 0,45 Prozent schrumpfen lassen, berichtet die Finma in ihrem Bericht über das Jahr 2021.

Bereits im von Pandemieschäden überschatteten Geschäftsjahr 2020 hatte die Eigenkapitalrendite nur enttäuschende 0,80 Prozent erreicht. Nachdem die Schadenquote der in der Schweiz beaufsichtigten Rückversicherer im Jahr 2021 um 11 Prozent zurückgegangen war, schrumpften die Erträge aus Kapitalanlagen. Die Nettorendite auf die Kapitalanlagen der Rückversicherer lag bei unbefriedigenden 1,48 Prozent. 

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Klassische Rückversicherung: Minus 16 Prozent

Die jüngste Gewinnwarnung der Swiss Re macht deutlich, dass sich die Lage auf den Rückversicherungsmärkten nicht so bald bessern wird. Die Rückversicherer machen deshalb bei den Erstversicherern massiv Druck, die Raten zu erhöhen und die Selbstbehalte anzuheben. Es heisst, der Markt brauche einfach einmal ein gutes Schadenjahr, um wieder auf die Erfolgsspur zurückzukommen.

Angesichts der zunehmenden Risiken aus dem Ukraine-Krieg, den Folgen des Klimawandels und Naturkatastrophen wie beispielsweise dem Wirbelsturm Ian versuchen die Rückversicherer durch eine fast panische Ausweitung der Ausschlusskataloge (Krieg, Cyber, innere Unruhen, Blackout und so weiter) ihr Pulver trocken zu halten.

Scor schliesst letztes Kapitel

Seit 2019 hat der Schweizer Rückversicherungsmarkt 16 Prozent seiner Beitragseinnahmen eingebüsst (Tabelle). Dies liegt vor allem an den klassischen Rückversicherern. Die Beitragseinnahmen bei Swiss Re, New Re, Catlin Re, Euler Hermes Re sowie Coface Re waren stark rückläufig. Dies konnte der Markt durch das Wachstum kleinerer Rückversicherer wie Validus Re, Uniqa Re, Deutsche Rück und Echo Re nicht kompensieren. Zudem zogen die Swiss Re Corporate Solutions und Scor Re ihre Einheiten aus der Schweiz ab. Die Scor schliesst damit das letzte Kapitel der ehemaligen Zurich Re, die 2001 unter dem Namen Converium an die Börse gebracht worden war und 2007 von der Scor übernommen wurde. Die Legal Entity Corporate Solutions AG wurde aufgelöst, und die Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft AG ist nun die wichtigste operative Einheit für alle Geschäftseinheiten, mit der Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft AG als oberster Muttergesellschaft.

Stabile Rückversicherungscaptives

Während die klassischen Rückversicherer der Schweiz zurückstecken mussten, waren die Einnahmen der Rückversicherungscaptives stabil. Mit einem Prämienvolumen von 726 Millionen Franken machen sie allerdings nur 2 Prozent des gesamten Rückversicherungsstandorts Schweiz aus. Rückversicherungscaptives dienen als Instrument des finanziellen Risikomanagments von Grossunternehmen. 2020 erschien in HZ Insurance der letzte Bericht über den Rückversicherungsstandort Schweiz («Pandemie wird für Rückversicherer zur Nagelprobe»), mit Zahlen über das Jahr 2019. Seitdem gingen die Einnahmen der grossen Rückversicherungscaptives wie Kot Insurance, Omnium Re und Sigurd Rück zurück, während die kleineren Captives ihre Einnahmen steigerten. 

Entscheidend für die stabile Lage bei den Rückversicherungscaptives war die Ansiedlung von drei grösseren Rückversicherungscaptives. Zwar kehrten Unternehmen wie RELX Risks (Analytics), Unilever Reinsurance (Chemie) und Takeda Re (Pharma) der Schweiz den Rücken, doch es kamen mit der Readal SA, der Agthemis Re und Volcap drei grössere Captives hinzu.

Rückversicherungsmarkt: Standard & Poor’s mit negativem Ausblick

Schon vor dem verheerenden Wirbelsturm Ian in Florida betrachtete die Ratingagentur Standard & Poor’s den Rückversicherungsmarkt mit negativem Ausblick. Jetzt hat die schwierige Lage zu einer massiven Marktverhärtung geführt, starke Ratenerhöhungen sind fast flächendeckend zu erwarten. Dies wird den finanziellen Spielraum der Rückversicherer ausweiten.

Mit Geschick und entsprechenden Underwriting-Skills könnte sich die Lage bessern. Der harte Markt stellt vor allem für die kleineren professionellen Rückversicherer eine Wachstumschance dar, vorausgesetzt, sie können gute oder zumindest akzeptable Sicherheit bieten.