Allzu oft führen Kurzfristigkeit und Voreingenommenheit im Denken von Risikomanagern dazu, dass aufkommende Trends übersehen werden. Dies wiederum wirkt sich langfristig auf die Strategien aus und hat zur Folge, dass der Umgang mit aufkommenden Risiken häufig reaktiv statt proaktiv ist. Hier will die Federation of European Risk Management Associations (Ferma) Gegensteuer geben.

Dazu hat die europäische Riskmanagement-Dachorganisation einen Foresight-Ausschuss gegründet, der aussagekräftige Einblicke in aktuelle Themen gibt. Ein erstes Resultat ist der Report «Next – New Exposure Trends». Dieses Papier soll interne Diskussionen in den Unternehmen der Mitglieder anstossen und praktische Leitlinien bereitstellen, die Risikomanagern Instrumente an die Hand geben, um Risiken dynamisch zu bewerten und proaktive Strategien zu entwickeln.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Weitreichende Auswirkungen

Risikomanager sollen in die Lage versetzt werden, sich auf diejenigen Risiken vorzubereiten, die oft als «Black Swan»-Ereignisse bezeichnet werden: Ereignisse, die unvorhergesehen oder unerwartet sind, aber dramatische, möglicherweise weitreichende Auswirkungen haben. Oder auf «graue Nashörner», also Ereignisse, die grosse Auswirkungen haben und die sehr wahrscheinlich sind, auf die jedoch aus verschiedenen Gründen – etwa weil sie geleugnet werden oder weil Verwirrung herrscht – oft nicht rechtzeitig reagiert wird, bis sie eintreffen.

Der Begriff wird im Risikomanagement oft verwendet, um auf Bereiche wie geopolitische oder klimatische Krisen aufmerksam zu machen, die erkannt, aber nicht proaktiv angegangen werden.

Zusätzlich zu vier globalen, miteinander verknüpften und potenziell systemischen Trends (geopolitische Verschiebungen, technologische Beschleunigung, Klimawandel und Humankapital), die der Foresight-Ausschuss identifiziert hat, widmet sich die Dokumentation dem kurzfristigen Denken und kognitiven Verzerrungen, welche die Fähigkeit beeinträchtigen, aufkommende Risiken zu antizipieren und zu mindern, was zu strategischer Blindheit führen könne. Damit es nicht so weit kommt, gelte es, folgende Ansätze zu verfolgen:

  • Einbettung einer strategischen Vorausschau. Praktiken wie Szenarioplanung, Trendanalyse und Horizont-Scanning in Entscheidungsprozesse integrieren.
  • Pflege einer Kultur des langfristigen Denkens. Neudefinition von Kennzahlen: über kurzfristige Finanzkennzahlen hinausgehen und langfristige Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit als wichtige Leistungsindikatoren einbeziehen.
  • Technologie nutzen: KI-gestützte Analysen und Vorhersagemodelle können die Risikoerkennung verbessern und objektive Erkenntnisse liefern, die menschliche Vorurteile abmildern.
  • Regelmässige kritische Überprüfungen hinsichtlich der Parameter, die zur Festlegung strategischer Ziele verwendet werden, um Vorurteile zu vermeiden.
  • Ganzheitliches Denken anwenden und ein stärkeres Bewusstsein dafür entwickeln, wie Risiken miteinander verflochten, verbunden und voneinander abhängig sein können.

Die meisten Risikomanagerinnen und Risikomanager, so eine Erkenntnis aus dem «Next»- Report, erkennen durchaus die Grenzen des Kurzfristdenkens und der eng gefassten operativen Fokussierung auf bekannte Risiken, verfügen jedoch nicht über die Instrumente oder die Unterstützung, um Zeit und organisatorische Aufmerksamkeit auf die sich abzeichnende Risikolandschaft zu richten.

Kollektives Denken

Ferma möchte deshalb Einsichten und darüber hinaus Lösungsansätze wie die Einführung mit Methoden der strategischen Vorausschau und der Förderung einer Kultur des langfristigen Denkens nicht nur seinen Mitgliedern (europaweit über 6'000 Risiko- und Versicherungsmanager) näherbringen, sondern auch «unseren Partnern in der Versicherungsbranche» und den Behörden, um eine Kultur des kollektiven langfristigen Denkens und der Vorbereitung zu fördern. Ziel sei, dank dem aktuellen und auch künftigen «Next»-Report «zukunftsfokussierte Risikomanager» zu fördern. Europa wird es zu danken wissen.

Dieser Beitrag ist Teil des am 27. November 2025 erschienenen HZ Insurance-Print-Specials «Riskmanagement».