Die beschlossenen Forderungen werden in Form von Petitionen dem Parlament übergeben. Insgesamt wurden 23 Vorstösse aus acht Kommissionen verabschiedet. Darunter auch ein Vorstoss zum Thema Gleichstellung im Alter: Der Bundesrat wird beauftragt, mit Gesetzesrevisionen die Altersvorsorge von betreuenden Personen, insbesondere von Frauen, substanziell zu verbessern. Der Koordinationsabzug soll abgeschafft werden. Die Eintrittsschwelle zur obligatorischen Versicherung soll halbiert werden. Abstimmung: 213 zu 5 bei 8 Enthaltungen.
Die weiteren Vorstösse:
Arbeit und Absicherung
Chancengleichheit im Erwerbsleben: Der Bundesrat soll zusammen mit den Kantonen und Gemeinden einen Fonds für eine qualitativ hochstehenden Kinderbetreuung gründen. Langfristig soll der Fonds sicherstellen, dass es genügend qualitative Plätze für die Kinderbetreuung gibt. Zudem soll der Bund eine Elternzeit einführen - als Ergänzung zur Mutterschaftsversicherung und den Vaterschaftsurlaub. Die Elternzeit soll zur Realisierung der Gleichstellung beitragen. (219 zu 0 bei 0 Enthaltungen)
Arbeitsrecht: Angestellte in Privathaushalten sollen ins Arbeitsrecht aufgenommen werden, damit sie dieselben Rechte und denselben Schutz wie andere Berufsgruppen erhalten. (226 zu 0 bei 0 Enthaltungen)
Lohngleichheit: Im Gleichstellungsgesetz soll festgehalten werden, dass Unternehmen mit über 50 Mitarbeitenden Lohntransparenz schaffen müssen. Das Gesetz soll unbefristet gelten - und nicht wie vorgesehen 2032 auslaufen. Die Lohnkontrollen sollen alle vier Jahre stattfinden - bei allen Unternehmen. Zudem soll eine Behörde eingerichtet werden, die Missbräuche untersucht und ahndet. (226 zu 0 bei 0 Enthaltungen)
Verwaltung: Der Bundesrat soll für die Gleichstellung von Frau und Mann ein "Bundesamt für Gleichstellung und Familie" schaffen. Damit soll die Gleichstellungspolitik innerhalb der Bundesverwaltung gestärkt und die Ressourcen erhöht werden (219 zu 4 bei 3 Enthaltungen)
Sexuelle Gesundheit und Gender-Medizin
Gesundheit: Der Bundesrat wird beauftragt, ein nationales Programm "Sexuelle Gesundheit von Frauen" einzuführen, um die gesundheitliche Chancengleichheit zu fördern. (222 zu 0 bei 1 Enthaltung)
Ausserdem soll ein nationales Forschungsprogramm zur Gendermedizin lanciert werden. Diesen Auftrag soll der Bundesrat an den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) vergeben. Bei durch den Nationalfonds geförderten Projekten solle das Geschlecht signifikant berücksichtigt werden. (216 zu 0 bei 9 Enthaltungen)
Sexuelle Bildung: Der Bundesrat soll dafür sorgen, dass der Zugang zu umfassender und professioneller sexueller Bildung für alle gewährleistet ist. (225 zu 0 bei 1 Enthaltung)
Digitalisierung
"Digitale Schweiz": Der Bundesrat wird beauftragt, die Strategie "Digitale Schweiz" im Jahr 2022 aus Geschlechterperspektive zu überarbeiten und dafür die nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. (223 zu 0 bei 3 Enthaltungen)
Berufsbildung: Der Frauenanteil in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) soll bis 2030 auf 50 Prozent steigen. Der Bundesrat wird aufgefordert, die dafür notwendigen Mittel bereit zu stellen. (207 zu 6 bei 13 Enthaltungen)
Einwohner- und Einwohnerinnenstimmrecht
Wahlrecht: Personen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft, die seit fünf Jahren in der Schweiz leben, sollen auf Bundesebene das aktive und passive Wahlrecht sowie das Stimmrecht erhalten. Der Bundesrat soll die dazu notwendigen Verfassungs- und Gesetzesänderungen vorlegen. (186 zu 18 bei 19 Enthaltungen)
Internationale Organisationen: Die Schweiz soll dem Wellbeing Economy Governments Partnership (WEGo) beitreten kann. Das Bündnis bezweckt, sich über praktikable Instrumente zur Messung des Wohlbefindens auszutauschen und Massnahmen zu diskutieren. (219 zu 1 bei 6 Enthaltungen)
Anerkennung von Freiwilligen- und Care-Arbeit
Aufwertung der Freiwilligenarbeit: Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Vorlage zur Ausweitung und Aufwertung der Erziehungs- und Betreuungsgutschriften zu unterbreiten. Entweder indem die Voraussetzungen für einen Bezug gelockert oder die Gutschriften grosszügiger berechnet werden. (222 zu 0 bei 1 Enthaltung)
Rechtsfragen und Schutz vor Gewalt
Gewalt gegen Frauen: Der Bundesrat soll ein jährliches Budget von 0,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) in den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt und Bekämpfung von Gewalt zu investieren. Die vom Bund bereitgestellten Mittel können an Gemeinden, Kantone, Verbände und Nichtregierungsorganisationen verteilt werden. (221 zu 0 bei 5 Enthaltungen)
Revision des Sexualstrafrechts: Im Strafrecht soll das Konsensprinzip verankert werden. Die Bedingung der explizite Zustimmung zum Geschlechtsverkehr solle ins Gesetz. Ausserdem sollen die Begriffe sexuelle Belästigung und Vergewaltigung unabhängig vom Geschlecht definiert werden. Für die Umsetzung des neuen Sexualstrafrechts soll der Bund Gelder sprechen und spezialisierte Fachpersonen auszubilden.
Der Bundesrat wird zudem aufgefordert, schweizweit eine einheitliche Herangehensweise bei der Beweissicherung sicherzustellen. Im Kanton Bern wird nach dem sogenannten "Berner-Modell" seit 1986 die ärztliche Beweissicherung bei sexualisierter Gewalt durch speziell ausgebildete Beamtinnen und Beamte durchgeführt - ohne dass die Polizei eingeschaltet wird. (215 zu 6 bei 5 Enthaltungen)
Präventionsmassnahmen gegen Gewalt: Der Bundesrat wird aufgefordert, jedes Jahr eine Kampagne zur Sensibilisierung für Themen der geschlechtsspezifischer Gewalt und Gewalt im sozialen Raum lancieren. (216 zu 1 bei 6 Enthaltungen)
Landwirtschaft
Frauen in der Landwirtschaft : Mit einer Revision des Eherechts sollen die negativen Folgen bei Ehescheidungen oder Auflösungen der eingetragenen Partnerschaften auf landwirtschaftlichen Betrieben abgefedert werden. So soll das bäuerliche Bodenrecht das Güterrecht nicht mehr gänzlich überlagern. (225 zu 0 bei 0 Enthaltungen)
Zudem soll die soziale Absicherung von einer Partnerin oder einem Partner, der oder die in einem landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeitet, verbessert werden. (218 zu 0 bei 8 Enthaltungen)
Weiter soll der Bundesrat dafür sorgen, dass alle Frauen Zugang zu einer Mutterschaftsversicherung erhalten. (222 zu 0 bei 4)
Und schliesslich wird der Bundesrat mit einer Interpellation beauftragt, die Frage zu klären, ob es eine geschlechtsspezifische Diskriminierung bei der Übertragung von landwirtschaftlichen Betrieben gibt. Derzeit sind 94 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in männlicher Hand. (208 zu 9 bei 6 Enthaltungen)
Wissenschaft
Hochschulfinanzierung: Die finanziellen Beiträge des Bundes an die Hochschulen sowie die Drittmittelvergabe in der Forschungsförderung sollen an gesetzlich verankerte gleichstellungspolitische Standards gekoppelt werden. So sollen etwa verbindliche Frauenanteile auf allen Karrierestufen vom Studium bis zur Professur festgelegt werden. (220 zu 2 bei 4 Enthaltungen)
Forschung: Die Untervertretung von Frauen im akademischen Bereich soll mit einer Neustrukturierung des Stellenangebots für wissenschaftliche Mitarbeitende an den Universitäten behoben werden. Der Bundesrat soll auch dafür sorgen, dass die Kantone ihre Gesetze und Budgets anpassen, um mehr Festanstellungen in der Forschung zu ermöglichen. (215 zu 3 bei 6 Enthaltungen)
Professuren: An den Universitäten sollen bis 2030 mindestens zwölf neue Professuren in der Geschlechterforschung eingerichtet werden - insbesondere mit den Themenschwerpunkten Medizin, Digitalisierung, Ökonomie und Recht sowie MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). (2013 zu 1 bei 11 Enthaltungen). (sda/hzi/kbo)