Eine «Besonderheit des Schweizer Kunstversicherungsmarkt ist das Fehlen einer Staatshaftung für bedeutende Ausstellungsprojekte als Alternative zu einer herkömmlichen Kunstversicherung», weiss Kunstexpertin Astrid Bextermöller.

Vor diesem Hintergrund und angesichts stetig steigender Werte ergäbe sich für Kunstversicherer die besondere Herausforderung, finanzierbare Versicherungskonzepte für Museen zu erarbeiten.

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Doch auch für Private sind Kunstversicherungen durchaus ein Thema: Wer teure Uhren oder Gemälde sammelt, muss die Leistungen und die Bedingungen seiner Versicherung im Auge behalten. Eine Umfrage dieser Redaktion bei Schweizer Versicherern zeigt: Die Gesellschaften gehen nicht ganz so einheitlich mit Kunst und Sammelobjekten um, wie man meinen könnte.

Alle befragten Versicherer bieten individuell anpassbare Lösungen sowohl für Privatleute als auch für Museen und Transportunternehmen an. Versichert werden nicht nur Gemälde oder Skulpturen, sondern unter Umständen auch rare Autos oder nobles Kunsthandwerk.

Gefragtes Nischenprodukt

Bei allen angefragten Gesellschaften stellt die Versicherung von Kunst einen Nebenschauplatz dar. «Kunstversicherungen sind ein gefragtes Nischenprodukt innerhalb der gesamten Versicherungsbranche», betont die Helvetia.

Über den Anteil von abgeschlossenen Kunstversicherungen zu ihrem sonstigen Geschäft wollte nur eine einzige Versicherungsgesellschaft etwas sagen: die Allianz. Bei ihr kommen «auf ungefähr 400 Kundinnen und Kunden eine Kunstversicherung».

Je nach Versicherungsgesellschaft wird Kunst – «same same but different» – anders behandelt. Sieben Antworten auf die wichtigsten Fragen:

1. Wird Kunst im Wohnzimmer über den Hausrat versichert? 

Die Mobiliar sagt klipp und klar: «Ja. Kunst gilt als Hausrat im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen.»

Bei der Axa sind Kunstgegenstände von Privatpersonen über die Hausratversicherung abgedeckt, sofern diese in der versicherten Summe berücksichtigt wurden. Die klassische Axa-Hausratversicherung schützt Kunstwerke gegen die Gefahren Feuer, Wasser und Diebstahl.

Sobald aber der Wert eines Objekts hoch ist, ist Vorsicht angebracht: «Bei wertvollen Kunstwerken empfiehlt es sich, die Wertsachenversicherung der Axa abzuschliessen, um seine Sammlung zusätzlich gegen Risiken wie Verlust, Beschädigung und Zerstörung zu versichern», heisst es bei der Axa.

Ergänzend bietet die Axa XL individuelle Versicherungslösungen für Privatkunden, Museen, Firmensammlungen, Galerien, Auktionshäuser, Kunstlager, Transporteure und Restauratoren an.

Bei der Allianz ist Kunst in der Hausratpolice «nur mit Einschränkung» versichert. Denn Kunst, die zum Hausrat zähle, sei «lediglich zu einer pauschalen Summe versichert».

Bei einer spezialisierten Allianz-Kunstversicherung werden Kunstwerke hingegen separat eingeschätzt und einzeln ausgewiesen. Standardmässig beinhaltet eine Kunstversicherung bei der Allianz zudem eine allumfassende Allgefahrendeckung. Die übliche Hausratlösung würde stattdessen nur die Risiken Feuer, Elementar, Wasser und Einbruchdiebstahl abdecken.

Bei der Helvetia kann Kunst grundsätzlich auch im Rahmen einer Hausratpolice als gehobener Hausrat mitversichert werden. Doch: «Wir raten eher davon ab, weil es sich nicht um eine kunstspezifische Deckung handelt.»

Die Helvetia-Experten empfehlen ausserdem: «Darüber hinaus sollten Kunstwerke mit sämtlichen Werkangaben (Name des Künstlers respektive der Künstlerin, Titel des Werks, Datierung, Material, Masse und Versicherungssumme) einzeln aufgelistet werden.»

Im Schadenfall werden bei der Helvetia die Kunstschäden von spezialisierten Kunstschadenexpertinnen und -experten mit einem Netzwerk entsprechender Restauratorinnen und Restauratoren bearbeitet, und ein allfälliger Minderwert ist versichert.

Was bringt eine Kunstversicherung?

Die Leistungen üblicher Kunstversicherungen im Überblick:

  • Schutz bei Diebstahl oder Verlust: Die Kunstversicherung schützt Sie vor den finanziellen Folgen eines Diebstahls oder Verlusts.
  • Wiederbeschaffungskosten: Wenn ein Kunstwerk gestohlen wird, übernimmt die Kunstversicherung die Kosten für die Wiederbeschaffung. Dies umfasst Reise-, Zoll- und Transportkosten sowie die Kosten für einen Rechtsanwalt, der bei der Rückführung des Kunstwerks unterstützt. Zusätzlich veranlasst die Versicherung die Eintragung ins «Art Loss Register».
  • Schutz bei Beschädigung oder Zerstörung: Die Kunstversicherung übernimmt die Kosten für Reparaturen oder Ersatz sowie die Entschädigungen einer Wertminderung durch die Restaurierung des Kunstwerks. Dies umfasst auch Schäden durch Feuer, Wasser, Vandalismus und andere unvorhersehbare Ereignisse.
  • Schadenminderung und Schadenverhütung: Nach einem Schadenfall übernimmt die Versicherung die Kosten für das Ändern von Sicherungssystemen. 

Weitere Informationen finden Sie hier. (Quelle: soab.ch/ajm)
 

2. Ab welchem Wert eines Werks macht eine Kunstversicherung in den Augen der Kunstversicherungsexpertinnen und -experten Sinn?

«Ab dem ersten Franken – jedoch für Privatkunden über eine spezialisierte Kunstversicherung ab 3 Millionen Franken», so die Mobiliar. Sie empfiehlt, tiefere Beträge über die Wertsachen-/Hausratversicherung abzudecken.

Die Axa empfiehlt grundsätzlich eine Wertsachendeckung für Einzelstücke mit einem Wert ab 5000 Franken und für Sammlungen mit einem Gesamtwert ab 30’000 Franken. Beraterinnen und Berater helfen, die Risiken zu bewerten.

Die Allianz empfiehlt hingegen, Kunstwerke ab einem Einzelwert zwischen 2000 und 5000 Franken separat zu versichern. Als minimale Gesamtversicherungssumme für Kunst gilt ein Betrag von 50’000 Franken. Die professionelle Einschätzung der Kunstwerke erfolgt bei der Allianz Suisse durch eigene Kunstsachverständige.

Die Helvetia hierzu: «Bei einer Privatsammlung steht eine Versicherungssumme ab etwa 200’000 Franken in einem angemessenen Verhältnis zur Minimalprämie.» 

3. Doch ab wann ist Kunst Kunst? Welche Kriterien gelten?

Hier gehen die angefragten Versicherungen unterschiedliche Wege. Die Mobiliar meint, wann Kunst Kunst sei, könne nicht abschliessend beantwortet werden. Und sie betont: «Die Kunst muss jedoch physisch vorhanden sein.» Damit schliesst die Mobiliar virtuelle Kunstwerke aus. 

Die Axa «versichert sämtliche Kunst- und Sammlungsgegenstände, die einen Marktwert haben, also auf dem Kunstmarkt gekauft und verkauft werden können».

Die Allianz richtet sich nach dem Primär- und Sekundärmarkt: «Bei jungen noch wenig bekannten Kunstschaffenden halten wir uns an die Aufnahmekriterien von Visarte, welche zum Beispiel eine professionelle Ausbildung verlangen und nach Auszeichnungen, Stipendien oder Ausstellungen in anerkannten Kunstinstitutionen fragen.» 

Im Rahmen einer Kunstversicherung bei der Helvetia können Sammlungsgegenstände «jeder Kunst» versichert werden: «Dazu zählen neben Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen auch Designermöbel und Spazierstöcke mit kunstvoll gefertigten Griffen.»

4. Macht eine Kunstversicherung auch gewisse Auflagen zur Lagerung und Sicherung eines Werks?

Die Axa investiere Zeit, um Versicherungsnehmende umfassend zu allen Aspekten der Schadenprävention zu beraten, einschliesslich der optimalen Lagerung und Sicherung von Kunstobjekten, schreibt die Versicherungsgesellschaft. «Für grosse oder komplexe Risiken steht unser spezialisiertes Risk-Consulting-Team der Axa bereit, um massgeschneiderte Lösungen und Expertise anzubieten.»

Auch die Allianz geht der Sache auf den Grund: «Wir besichtigen die Risiko-Orte, prüfen die Sicherheitsvorkehrungen, diskutieren allfällige Massnahmen für einen besseren Einbruchschutz und geben Tipps zur geeigneten Aufhängung, Platzierung und Lagerung von Kunstwerken.»

Die Helvetia stellt ebenfalls Bedingungen: «In Abhängigkeit von der Höhe der Versicherungssumme sind gute mechanische Sicherungen, eine Brandmelde- oder Alarmanlage und bei Aussenskulpturen eine Absperrung und Diebstahlsicherung obligatorisch.»

Die Auflagen der Mobiliar beziehen sich «vor allem auf Temperatureinflüsse und Klima».

5. Wegen des steigenden Werts von Kunstwerken kann es zu Unterdeckungen kommen. Wie gehen Versicherer vor, um dies im Interesse ihrer Kundinnen und Kunden zu vermeiden?

Die Mobiliar räumt mögliche Unterdeckungen durch Marktpreisschwankungen ein. Sie verweist aber auf die Praxis, dass «Kunstgegenstände jedoch meist höher versichert» werden. Ausserdem wendet die Mobiliar harte Kriterien an: «Im Schadenfall muss der exakte Wert abgeklärt werden, und der Versicherungsnehmer muss die Schadenhöhe beweisen.»

Die Verantwortung für eine wertrichtige Versicherungssumme liege dabei beim Versicherungsnehmer. Die Mobiliar empfiehlt wie alle angefragten Versicherungsgesellschaften, regelmässig eine Neuschätzung vorzunehmen und allenfalls die Versicherungssumme anzupassen.

Da die «Marktwerte einiger Künstlerinnen und Künstler mitunter stark schwanken», bietet Axa auch eine unterjährige Anpassung der Versicherungssummen an.

In der Regel seien die Kundinnen und Kunden sehr gut informiert, betonen alle angefragten Versicherungsgesellschaften.

Bei der Allianz gelten die Versicherungswerte als vereinbart, was per Definition eine Unterversicherung ausschliesst. Die Allianz weist ausserdem darauf hin, dass Preise von Kunst nicht nur steigen, sondern auch sinken: «Es gehört deshalb zu unserem kostenlosen Service, dass unsere Kunstsachverständigen die Einschätzungen im Abstand von rund fünf Jahren überprüfen.»

Bei der Helvetia werden die Versicherungssummen ebenfalls «regelmässig, jedenfalls im Zuge der Erneuerung der Policen, überprüft und allenfalls angepasst».

6. Wie erfasst man den Wert eines Kunstwerks? Wie gehen Versicherungsexperten da vor? 

Die Mobiliar stützt sich auf Expertisen und Erfahrungen aus Verkäufen.

Die Axa ermittelt den Wert anhand von öffentlich einsehbaren Auktionsresultaten. Hauseigene Kunstexpertinnen und -experten verfügen dazu über ein Netzwerk an unabhängigen Expertinnen und Experten. 

Bei der Helvetia können Kaufbelege für die zugesicherten Kunstwerke eingereicht werden. Die Kunstsachverständigen der Helvetia suchen zusätzlich in Auktionspreisdatenbanken oder bei Kunsthändlern nach vergleichbaren Werken, die vor nicht zu langer Zeit verkauft worden sind.

7. Wie entwickelt sich der Markt dieser Versicherungen und die Nachfrage nach Kunstversicherungen?

«Das Bewusstsein für den Schutz von Kunstwerken nimmt erfreulicherweise zu», heisst es bei der Axa. Kombinierte Lösungen wie das Produkt «Tailormade Home» für Privatkunden der Axa und der Axa XL würden immer mehr an Beliebtheit gewinnen, freut sich die Axa. Die Kundinnen und Kunden «profitieren dabei von einem Rundumschutz für Kunst, Hausrat, Gebäude, Schmuck, Armbanduhren, Weine, Classic Cars und vieles mehr».

Die Allianz sieht eine über Jahrzehnte «unverminderte Nachfrage» ihres Produkts «Art Privat», das seit zwanzig Jahren angeboten wird. Helvetia machte zur Entwicklung bei Kunstversicherungen hingegen keine detaillierten Angaben. Die Mobiliar sieht noch Luft nach oben: «Die Kapazitäten sind noch vorhanden. In Ausnahmefällen und bei grossen Ausstellungen kann es zu Engpässen kommen.»

Über die höchste Versicherungssumme eines bei ihnen versicherten Kunstgegenstands schweigen alle Versicherer.

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Andrea Hohendahl, Chefredaktor von HZ Insurance, und sein Versicherungsexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die nationale und internationale Versicherungswelt bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt kostenlos zum Newsupdate für Insurance-Professionals anmelden.
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