Es rumort in der UNO-Nachhaltigkeitsallianz der Versicherer: Offenbar wegen Bedenken zu Kartellrisiken hatte vor einer Woche die Munich Re, der weltgrösste Rückversicherer und Gründungsmitglied der Net-Zero Insurance Alliance (NZIA), Knall auf Fall seine Mitgliedschaft im UNO-Programm beendet. Einen Tag später folgte die Zurich Versicherung. Ihre Logos sind inzwischen von der Website der NZIA verschwunden.

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Die von den Vereinten Nationen 2021 gegründete Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) hat von Anfang an deutlich gemacht, dass sie und ihre Mitglieder die geltenden Gesetze, Regeln und Vorschriften, einschliesslich des Kartellrechts, einhalten werden.

Emily Banzet, UNO-Programmverantwortliche

Die Sorge wegen kartellrechtlicher Risiken, zumindest bei der Munich Re, war grösser als deren nachhaltiges Engagement in der UNO-Allianz. Die Zurich sagt punkto Austritt wenig zu ihren Beweggründen. Klar scheint jedenfalls: Wenn schon Klimaschutz betrieben werden soll, dann bitte ohne Risiko. 

Worum es bei der Uno-Initiative Net-Zero Insurance Alliance geht

In der Net-Zero Insurance Alliance haben sich ursprünglich 30 Erst- und Rückversicherer zusammengeschlossen, um ihre Versicherungsportfolios bis 2050 auf Netto-Null-Treibhausgasemissionen auszurichten. Dazu werden Zwischenziele definiert und die Versicherer berichten jährlich, welche Massnahmen sie umgesetzt haben. Vor allem von Kohle und Erdgas wollen sich die Versicherer verabschieden: sowohl bei der Geldanlage als auch bei der Versicherung von Risiken.

Tatsächlich machen in den USA republikanische Politiker gezielt Stimmung gegen NZIA-Mitglieder, die Öl- und Gasfirmen aus ihren Portfolios verbannen wollen. Diese Praxis verstosse in den USA gegen das Wettbewerbsrecht, heisst es. Davon hat auch die entsprechende UNO-Stelle Kenntnis genommen. Auf Anfrage von HZ Insurance sagt deren Sprecherin Emily Banzet: «Die von den Vereinten Nationen 2021 gegründete Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) hat von Anfang an deutlich gemacht, dass sie und ihre Mitglieder die geltenden Gesetze, Regeln und Vorschriften, einschliesslich des Kartellrechts, eingehalten werden.» Einzelnen Massnahmen und Handlungen ihrer Mitglieder würden dagegen nicht kommentiert. 

Doch was seitens UNO einfach tönt, erscheint bei näherer Betrachtung um einiges komplexer.

Diese Allianz stellt eine Wettbewerbsabrede dar.

Patrick Krauskopf, Spezialist für Compliance und Wettbewerbsrecht, ZHAW

Patrick Krauskopf, Experte für Compliance und Wettbewerbsrecht an der ZHAW und Rechtsanwalt bei Agon Partners, stuft das Programm durchaus kritisch ein: Gegenüber HZ Insurance sagt der Wettbewerbsrechtler deutlich: «Diese Allianz stellt eine Wettbewerbsabrede dar. Zu diesem Schluss dürften nicht nur die Eidgenössische Wettbewerbskommission kommen, sondern wohl alle Wettbewerbsbehörden. Eine andere Frage ist, ob diese unzulässig ist und Bussgelder nach sich zieht.»

Wir hatten keine Kontakte mit Versicherungsunternehmen in diesem Zusammenhang und bisher keinen Anlass, von Amtes wegen Abklärungen vorzunehmen oder ein Verfahren zu eröffnen.

Eidgenössische Wettbewerbskommission Weko

Wo kein Kläger, da kein Richter

HZ Insurance hat bei den Eidgenössischen Wettbewerbshütern nachgefragt, wie sie die Lage für die Schweiz einschätzen. Ihre Antwort darauf: «Wir können keine Beurteilung abgeben, was das für Schweizer Versicherungsunternehmen heisst. Wir hatten keine Kontakte mit Versicherungsunternehmen in diesem Zusammenhang und bisher keinen Anlass, von Amtes wegen Abklärungen vorzunehmen oder ein Verfahren zu eröffnen.» In anderen Worten: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Versicherer nicht sonderlich beunruhigt

Die in der Schweiz tätigen Versicherer und Mitglieder der NZIA scheinen derweil nicht sonderlich beunruhigt. «Wir beobachten die Entwicklungen. Generell glauben wir an die Kraft effektiver Partnerschaften, um die Dekarbonisierung voranzutreiben. Die von den Vereinten Nationen einberufenen Allianzen gelten als weltweit führend in ihren Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels und zum Aufbau von Klimaresilienz», teilt etwa die Allianz mit. Ähnlich tönt es beim Rückversicherer Swiss Re: «Wir nehmen die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der NZIA zur Kenntnis und beobachten die Situation.» Auch für die Axa kommt ein Austritt zurzeit nicht in Frage: «Die Beteiligung bei der Net-Zero Insurance Alliance bleibt unverändert.» Und auch Generali hält der UNO-Allianz die Stange, wie sie in einem Statement schreibt.