Vor gut einem Jahr kostete die Aktie der Credit Suisse gerade einmal 9 Franken – der Sturz auf einen einstelligen Frankenwert ging einher mit viel Häme, aber auch Besorgnis um die Verwundbarkeit der zweitgrössten Schweizer Bank: Selbst eine feindliche Übernahme schien möglich angesichts einer Marktkapitalisierung von gerade mal 20 Milliarden Franken. Nach Jahren schlechter Führung wäre es keine Überraschung mehr, sollte die Credit Suisse aufgekauft werden, sagte der Genfer Bankenexperte Laurent Bakhtiari im Sommer 2016. Kaum ein Experte glaubte an einen schnellen Turnaround.

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Entgegen der weitverbreiteten Skepsis ist die Credit Suisse inzwischen aber doch klar auf dem Weg der Besserung. Eine Reihe von Analysten empfiehlt die Aktie zum Kauf, die in den vergangenen Monaten deutlich zugelegt hat. Derzeit notiert der Kurs mit 15.80 Franken nur noch leicht unter dem der Konkurrenz vom Paradeplatz: Die UBS-Aktie steht bei 16.90 Franken.

Credit Suisse hat Marktkapitalisierung verdoppelt

Zwar ist die UBS mit insgesamt rund 65 Milliarden Franken am Kapitalmarkt noch deutlich höher bewertet, doch die Differenz der beiden Banken ist in den vergangenen Monaten geschmolzen. Die Marktkapitalisierung der Credit Suisse hat sich seit dem Tiefpunkt im vergangenen Jahr auf über 40 Milliarden Franken verdoppelt – die CS ist wieder ein Schwergewicht im Schweizer Leitindex SMI. Und glaubt man den Experten ist noch mehr möglich: So veranschlagt etwa die Citigroup das Kursziel der CS-Aktie bei knapp 20 Franken.

Andrew Coombs, Aktienanalyst bei dem amerikanischen Geldhaus, schätzt, dass die Bank an diesem Donnerstag bessere Quartalszahlen präsentieren dürfte, als es das Gros der Analysten heute noch erwartet. Coombs verweist auf das stärkere Aktien-Engagement der beiden Schweizer Grossbanken im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern. Das werde sich positiv bemerkbar machen: Denn das Geschäft mit Aktien lief zuletzt besser als der Handel mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen, analysiert er.

Kernkapitalquote deutlich gestiegen

Bereits am Freitag übertraf die UBS mit der Präsentation ihrer Bilanz die Erwartungen der Experten: Der Reingewinn stieg deutlich, die Aktie kletterte auf ein neues Jahreshoch. Die Kernkapitalquote (Tier 1) liegt nun bei 13.7 Prozent, nach 13.5 Prozent im Frühjahr. In diesem für Experten wichtigen Bereich konnte die Credit Suisse im zweiten Quartal ebenfalls positiv überraschen. Die Quote stieg gemäss Bloomberg deutlich auf 13.3 Prozent. Damit liegt die CS erstmals seit Jahren nicht nur auf Tuchfühlung zum Wettbewerber vom Paradeplatz, sondern auch europaweit nicht mehr auf den hinteren Plätzen.

Das honoriert man auch bei der UBS: Analyst Daniele Brupbacher beliess am Donnerstag die Einstufung für die Credit Suisse auf «Buy» mit einem Kursziel von 16.40 Franken. Die Bank gehe mittlerweile weniger Risiken ein und habe zudem ihre Kosten reduziert. Dass die Credit Suisse zuletzt mit der kleinsten Kostenbasis der vergangenen vier Jahren agierte, betonte im Sommer auch Konzernchef Tidjane Thiam.

Pläne von Investor Rudolf Bohli

Ein neues Jahreshoch scheint für die Aktie der Credit Suisse also in Reichweite, mit rund 15.80 Franken steht der Kurs ohnehin nur leicht darunter. Auch die US-Investmentbank Goldman Sachs revidierte vergangene Woche das Kursziel nach oben, von 17.60 auf 17.90 Franken. Zuletzt hatte die Aktie nach dem Einstieg das aktivistischen Investors Rudolf Bohli einen kleinen Satz nach oben gemacht – offenbar setzen Anleger per Saldo auf einen positiven Effekt.

Bohli fordert mit seinem Hedgefonds RBR die Aufspaltung der Bank in drei Teile. Zwar hält RBR einen Anteil von nur maximal 0.3 Prozent. Doch völlig chancenlos scheint Bohli nicht zu sein: Der Plan könnte für die Bank zum echten Problem werden, schrieb Analyst Alevizos Alevizakos in einer Studie vergangene Woche. Bei RBR indes ist man von einer weiteren Verdopplung des Aktienkurses innert eines Jahres überzeugt, sollte die CS-Spitze die geforderten Pläne umsetzen. Alevizakos sieht das anders: Potenziell könnte der Konzern dabei 14 Prozent an Wert verlieren, den Bereich Investment Banking würde es am schlimmsten treffen, schrieb er. Dieser Unkenrufe zum Trotz: Vorerst gehört die Aktie der Credit Suisse zu den Gewinnertiteln in diesem Jahr.