Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?
Das ist in erster Linie die neuerliche Eskalation im Handelskonflikt zwischen den USA und China. Das hat die Märkte auf dem falschen Fuss erwischt.

Bis Anfang Mai schien eine Einigung nah, ein Scheitern der Verhandlungen unwahrscheinlich. Das war auch in den Kursen eingepreist, weshalb es im Mai zu diesem Rückschlag kam. Das zweite Marktthema ist eine Folge des ersten: der markante Rückgang der langen Zinsen und die neuerliche Inversion der US-Zinskurve.

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Der Markt preist bis Ende Jahr nun sogar zwei Zinssenkungen der US-Notenbank ein. Das hätte ich vor einem Monat noch praktisch ausgeschlossen. Mit der neuen Ausgangslage im Handelskonflikt und den möglichen Auswirkungen auf Konjunktur und Märkte bin ich mir da nicht mehr so sicher.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Der Schweizer Aktienmarkt hat sich in den jüngsten Turbulenzen deutlich besser gehalten als die meisten anderen Börsenplätze. Hält die Unsicherheit an, dürfte sich dieser Trend dank des defensiveren Charakters des hiesigen Aktienmarktes fortsetzen. Der globalen Entwicklung wird sich die Schweiz aber nicht entziehen können. Und da sehe ich zur Zeit keinen Auslöser, der die Aktienmärkte kurzfristig markant nach oben treiben würde.

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Vieles hängt nach wie vor vom weiteren Verlauf des Handelskonflikts ab. Über kurz oder lang brauchen beide, Trump und Xi, einen Deal. Kommt der bis Ende Jahr zustande, steht der SMI in 12 Monaten vermutlich deutlich höher als heute, sagen wir bei 10'500 Punkten. Dauert der Konflikt weiter an, steht der SMI in einem Jahr kaum höher als heute.

Thomas_Heller_SZKB_Börseninterview

*Thomas Heller ist CIO und Leiter Research bei der Schwyzer Kantonalbank.

Quelle: ZVG

Der Preis für Gold ist am steigen, das Edelmetall profitiert von seiner Rolle als Hort für Sicherheit. Wird sich der Steigflug fortsetzen?
Der jüngste Anstieg erfolgte zwar sehr rasch. Er kam angesichts der schon ein paar Wochen anhaltenden Turbulenzen aber relativ spät und fiel trotz der markant erhöhten Unsicherheit nicht übermässig stark aus. Ohne eine nochmalige deutliche Verschlechterung der Situation bei einem oder mehreren der latenten Krisenherde (Handelskonflikt, Brexit, Konjunktur, Italien) ist ein weiterer substanzieller Preisanstieg nicht zu erwarten.

Die Amtszeit von Premier Theresa May ist am Ende – eine neue Regierung muss Grossbritannien aus der EU führen. Was heisst diese neue Ausgangslage für den Brexit aus wirtschaftlicher Sicht?
Es fällt mir schwer zu beurteilen, wieviel sich an der politischen Konstellation innerhalb Grossbritanniens und im Zusammenspiel mit der EU wirklich ändert. Ich bin kein Politologe.

Fakt ist: Der Brexit-Prozess war schwierig und bleibt schwierig - auch nach Theresa May. Die Wahrscheinlichkeit eines No-Deal-Brexit scheint gestiegen zu sein. Und das ist keine gute Nachricht, weder für Grossbritannien noch die EU. Weder für die Konjunktur noch für die Märkte.

So viel Negativzins zahlen die Banken der SNB

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Die Agentur Bloomberg spekuliert über eine weitere Zinssenkung der Schweizerischen Nationalbank. Halten Sie einen Zinsschritt für möglich – und was würde dies für die Entwicklung des Franken bedeuten?
Sogar SNB-Präsident Thomas Jordan hatte kürzlich gesagt, dass die Negativzinsen von heute -0.75 Prozent bei Bedarf noch weiter gesenkt werden könnten. Das ist wohl eher verbale Geldpolitik. Die SNB wird die Zinsen nicht senken. Weder machen es die Rahmenbedingungen nötig, noch wird die SNB ein trotz Nebenwirkungen funktionierendes Regime antasten wollen. Würde sie es dennoch tun, hiesse das wohl, dass sich die allgemeine Lage insbesondere in der Eurozone verschlechtert und Aufwärtsdruck auf den Franken ausgeübt hat.

Letztlich würde es der SNB wohl gelingen den EUR/CHF-Kurs mit Devisenmarktinterventionen - und in diesem Fall halt eben auch mit einer Zinssenkung - irgendwo um das heutige Niveau herum zu stabilisieren. Aber nochmal: ich glaube nicht, dass es zu einer Zinssenkung in der Schweiz kommt.

Der Aufwärtstrend an den US-Börsen hält seit über zehn Jahren an. Wie stehen die Chancen für eine Fortsetzung des Bullenmarkts?
Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: es hängt vieles vom weiteren Verlauf des Handelskonflikts ab. Eine Einigung könnte die Wachstumshandbremse lösen und auch die Aktienmärkte beflügeln. Und nächstes Jahr sind US-Präsidentschaftswahlen. Da wird Trump für seine Wiederwahl alles für eine gute Konjunktur und positive Börsen tun.

Kurzfristig sehe ich zwar keinen unmittelbaren Auslöser für rasch und markant steigende Aktienkurse. Aber darüber hinaus könnte es im Idealfall also durchaus eine Fortsetzung des Bullenmarktes bis Ende nächsten Jahres geben. Nur: kommt es zu keiner Einigung oder schaukelt sich das Ganze womöglich noch weiter auf - neue/höhere Zölle, nicht-tarifäre Handelshemmnisse, etc. - dann haben wir Anfang Mai den Höchststand am US-Aktienmarkt wohl für längere Zeit gesehen.

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