Wer Ausschau nach helvetischen Wachstumswerten hält, wird sie gewiss nicht in der Tourismusbranche suchen. Zu viel Unbill hat diesen Wirtschaftszweig in den vergangenen Jahren heimgesucht – allem voran der starke Franken. Nach Berechnungen der SNB hat sich der Franken gegenüber den wichtigsten ausländischen Währungen seit 1998 nämlich Jahr für Jahr um 2 Prozent aufgewertet. Das ist ein erheblicher Wettbewerbsnachteil. Hinzu kommt die Klimaerwärmung, die vor allem im Wintertourismus die Erträge buchstäblich schmelzen lässt.

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Die jüngsten Zahlen aus dem Wintertourismus stimmen denn auch wenig optimistisch. Gemäss dem Verband der Seilbahnen Schweiz fiel die Zahl der Gäste in diesem Winter im Vergleich zum Vierjahresdurchschnitt um 8 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr sieht die Bilanz merklich besser aus. Per Ende Januar, nach Halbzeit der Wintersaison, lag die Zahl der Gäste erneut 3,1 Prozent über jener der Vorjahresperiode. Die grossen Schneefälle im Januar erwiesen sich als Glücksfall. Es bleibt aber dabei: Vor allem Gäste aus dem Ausland reisen deutlich seltener in Schweizer Winterdestinationen als zuvor. Sowohl im Januar wie im Februar fiel die Zahl der ausländischen Gäste um mehrere Prozente.

Rückschläge für Topunternehmen

Mit Blick auf die schwierigen Verhältnisse schlagen sich die Bahnbetreiber wacker. Die Abschlüsse 2015 der Bergbahnunternehmen fielen mehrheitlich gut bis sehr gut aus. Die Topwerte der Branche Jungfrau, Titlis und Rigi erreichten sogar neue Rekordergebnisse. Resultate, die aber im abgelaufenen Geschäftsjahr nicht durchwegs wiederholt werden konnten. Erstmals seit längerer Zeit mussten auch zwei der sechs Vorzeigeunternehmen zurückbuchstabieren. Dies wegen des schwachen Winterauftakts und des unbefriedigenden Geschäfts über Weihnachten und Neujahr.

Neue Visumsvorschriften für Chinesen, die Wirtschaftslage im Land der Mitte und die Angst vor Terroranschlägen in Europa haben sich negativ auf das zuvor stark wachsende Asiengeschäft ausgewirkt. Bei den Titlisbahnen fiel der Gewinn sogar um die Hälfte und die Dividende musste gekürzt werden. Auch die Jungfraubahnen blieben deutlich hinter dem Rekordergebnis des Vorjahres zurück.

Alles andere als ein kurzlebiges Modegeschäft

Doch Branchenkenner wissen: Das Bergbahngeschäft ist stark investitionslastig und alles andere als ein kurzlebiges Modegeschäft. Wer einmal auf der Erfolgsspur ist, fällt nicht so schnell wieder daraus heraus. Und bei den Branchenbesten wie den Jungfraubahnen, Titlis, Pilatus, Rigi, aber auch bei den Schilthornbahnen oder der Brig-Visp-Zermattbahn BVZ zeigt der Trend nun schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten steil nach oben (siehe Tabelle unten). Dies scheinbar unabhängig von der Konjunktur und politischen Ereignissen.

Die Aktie der Jungfraubahnen etwa befindet sich seit 2009 in einem steilen Aufwärtstrend und zählt mit einer Kursverdreifachung innert fünf Jahren zu den Topperformern im SPI. Und auch in den letzten zwanzig Jahren ging es mit dem Papier nach oben - lediglich zwischenzeitlich von kurzen Kursrücksetzern unterbrochen.

Mit Kooperationen zum Erfolg

Der kleine Rückschlag von 2016 ist für die Geschäftsleitung denn auch kein Anlass zum Pessimismus. Dies umso weniger, als der Start ins laufende Geschäftsjahr 2017 wieder erfreulich verlaufen sei. Dem Erfolgsrezept der letzten Jahre wollen die Berner Oberländer treu bleiben: Es wird weiter investiert. Bis 2018/2019 will der Bahnbetreiber mit seiner neuen VBahn die Reisezeit massiv verkürzen. Ziel des Grossprojekts ist es, die Reisezeiten mit einem direkten Anschluss an den öffentlichen Verkehr massiv zu verkürzen und Anlagen von internationalem Standard zu schaffen. Mit einer Baubewilligung für das nicht ganz unumstrittene Projekt rechnet die Jungfraubahn in diesem Sommer.

Doch auch mittels Kooperationen wollen die Berner Oberländer ihr Angebot verbessern. Zu diesem Zweck hat man vor kurzem beschlossen, mit dem österreichischen Wintersportort Sölden zusammenzuarbeiten. Eine Idee, für die sogar von der Konkurrenz applaudiert wird. «Eine gute Tat, um den Wintersport in der Schweiz zu stärken», sagt Titlisbahnchef Norbert Patt, «mit den Branchenbesten zu kooperieren ergibt Sinn.» 

Kursrakete Titlisbahn

Sogar noch ein deutlich rascheres Tempo angeschlagen haben die Bergbahnen Engelberg-Trübsee-Titlis. Zwar ist die Aktie seit gut einem halben Jahr in einen Seitwärtstrend eingeschwenkt, doch hat sie zuvor während 14 Jahren einen beeindruckenden Aufwärtslauf hingelegt. Zwischenzeitliche Kursrückschläge waren jeweils nur von kurzer Dauer. In den letzten zehn Jahren hat sich der Wert der Aktie mehr als verfünffacht. Rascher als jeder andere Bergbahntitel und rascher auch als die meisten übrigen Schweizer Aktien.

Die kleine Verschnaufpause in den letzten Monaten macht der Unternehmensleitung denn auch keine Sorgen. Mit Blick auf das laufende Jahr sind die Berg bahnen Engelberg-Trübsee-Titlis optimistisch. Der Start in die Wintersaison sei mit einer Zunahme der Gästezahl um knapp 5 Prozent erfreulich angelaufen. «Mittelfristig gehen wir von einem moderaten Wachstum im Rahmen des Fünfjahresdurchschnitts aus», sagt Norbert Patt, Chef der erfolgreichen Gesellschaft.

Überaus schöne Kursfortschritte gab in den letzten fünf und zehn Jahren auch für die Aktien der Rigi-, der Pilatus- und der Brig-Visp-Zermatt-Bahnen BVZ. Die Kurse der Rigi-Bahnen nahmen vor allem in den letzten drei Jahren Fahrt auf, als sie sich gleich verdreifachten. Im Geschäftsjahr 2016 erreichten die Innerschweizer trotz etwas weniger Gäste wiederum ein Rekordergebnis. Und so dürfte es weitergehen. Nach Ansicht von Karl Bucher, dem Präsidenten der Rigi-Bahnen, hat seine Gruppe das Potenzial nämlich noch nicht ausgeschöpft: «Weiter verbessern können wir uns speziell in der Gastronomie, im Merchandising und im Shopbereich.»

Bezüglich der Ertragskraft haben gemäss einer Studie von Philipp Lütolf, Professor am Institut für Finanzdienstleistungen Zug der Hochschule Luzern, die Jungfrau-, Pilatus- und Titlisbahnen die Nase deutlich vorn. Die Rigi- und Schilthornbahnen kommen dem Toptrio aber sukzessiv näher. Generell sind die genannten Bergbahnunternehmen überaus solide finanziert. Die Pilatusbahnen sind sogar schuldenfrei. Die übrigen Kennzahlen liegen etwa im Rahmen des Gesamtmarktes. Und die Dividendenrenditen liegen mit 1,4 bis 2,5 Prozent in der Grössenordnung anderer Wachstumswerte. In Bezug auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist die Aktie der Titlisbahnen klar am attraktivsten bewertet.

Zermatt rührt mit grosser Kelle an

Erfreulich: Bei den Top Six stimmen die langfristigen Erfolgsfaktoren weiterhin: Die entsprechenden Unternehmen und Destinationen investieren weiter in das Bahn- und Beherbergungsangebot, bieten ständig neue Attraktionen und legen das Schwergewicht immer stärker auf die Sommersaison: «All diese Unternehmen haben zudem schon früh mit der Marktbearbeitung der interkontinentalen Märkte begonnen, vor allem der asiatischen», hat Tourimusexperte Philipp Lütolf unlängst an einem Symposium festgestellt. Norbert Patt sekundiert: «Es ist eindeutig, fehlende Investitionen in die Infrastruktur sind die grössten Versäumnisse der Branche.» Seinem Unternehmen soll dies nicht passieren. Nach der Eröffnung der Gondelbahn Titlis Xpress sind umgehend drei weitere Zukunftsprojekte in Angriff genommen worden, der Ausbau der Bergstation Titlis, die Renovation des Hotels Terrace sowie der Ersatz der Sesselbahn Engstlenalp-Jochpass.

Bei den Schilthornbahnen sind es die Investitionen in die neuen Ausflugsangebote Bond World 007, Skyline Walk, Piz Gloria View, Walk of Fame und Thrill Walk, die helfen sollen, die Zukunft zu sichern. Mit der grossen Kelle rührt, wie schon gewohnt, Zermatt an. In einem Grossprojekt bauen die Bergbahnen zunächst die Transportkapazität zum Matterhorn Glacier Paradise mit einer zusätzlichen Bahn aus. Danach soll eine Pendelbahn von Testa Grigia zum Matterhorn Glacier Paradise erstellt werden. So wird die Verbindung nach Italien auch im Sommer und auch für Fussgänger möglich sein. Zermatt will so vor allem bei asiatischen Gästen punkten. Diese könnten dann die beliebten Reiseziele Italien und Frankreich mit der höchst möglichen Alpenquerung verbinden.