Avenir Suisse sorgt sich um den Bundeshaushalt. Gemäss ihrer Rechnung ist in den kommenden Jahren mit Defiziten von 2 Milliarden Franken pro Jahr zu rechnen. Damit das Gleichgewicht nicht vollends aus den Fugen gerät, hat der Think Tank ein sogenanntes Schattenbudget für den Bundeshaushalt aufgestellt. Dieses enthält 34 Massnahmen, mit denen der Bund kurzfristig 1,7 Milliarden Franken einsparen können soll – langfristig gar 9,4 Milliarden Franken.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Statt als Resultat von politischen Kompromissen querbeet zu sparen, will Avenir Suisse gezielt streichen. Wer bluten soll, hat Avenir Suisse anhand von vier Kriterien entschieden: Unnütze Subventionen und vergebene Effizienz sind zwei davon. Ausserdem kann der Bund nach Meinung des Think Tanks den Rotstift ansetzen,  wo die Prinzipien von «Empfänger gleich Bezahler» und das der Subsidiarität gebrochen werden.

Sparen bis zum Verschwinden

Darunter finden sich radikale Massnahmen. So will Avenir Suisse das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) abschaffen. Das BWO berechnet zum Beispiel den Referenzzinssatz. Diese und die wenigen weiteren Aufgaben könnte das Seco übernehmen. Auf die «Wohnraumforschung» des BWOs wollen die Sparer dagegen ganz verzichten. Kurz- und langfristig schätzen sie das Sparpotenzial auf 5 Millionen Franken pro Jahr ein.

Ebenfalls «Weg damit!» lautet die Losung bei den AHV-Witwenrenten für kinderlose Frauen und bei AHV-Kinderrenten. Wegen unklarem Nutzen soll auch «EnergieSchweiz» gestrichen werden. Avenir Suisse bezeichnet die Förderung der Energieeffizienz in der Schweiz als verkapptes industriepolitisches Programm. Pferdefreunde könnten sich am Vorschlag stören, das Nationalgestüt in Avenches aufheben zu lassen. Pferdezucht brauche kein Engagement des Staates, so die Begründung. Gesamthaft liesse sich durch diese vier Punkte langfristig 134,5 Millionen Franken pro Jahr einsparen.

Schweizer Bauern auf EU-Niveau

Bezüglich des Sparpotenzials gibt es aber weitaus grössere Posten. Nirgends sind die vorgeschlagenen Einsparungen höher als bei der Landwirtschaft: Mit einer Reform der Agrarpolitik würden langfristig Gelder im Umfang von 2,5 Milliarden pro Jahr frei. Heute erhalten die Schweizer Bauern die höchsten Zuschüsse im internationalen Vergleich. Gleichzeitig habe die Landwirtschaft eine negative Wertschöpfung von minus 2,3 Milliarden Franken, so Avenir Suisse.

Ganz wegfallen sollen die Subventionen zwar nicht, aber mittelfristig könnten sie auf das europäische Niveau reduziert werden, so die Idee. Ab 2018 sollen die Ausgaben pro Jahr um 10 Prozent gekürzt werden. Als Konsequenz rechnet der Think Tank damit, dass leicht mehr Landwirte ihre Betriebe aufgeben würden als heute schon. Zudem könnten bauernreiche Gemeinden durch den Strukturwandel vor Probleme gestellt werden. Für Konsumenten, Steuerzahler oder auch  Tourismusbetriebe rechnet Avenir Suisse dagegen mit positiven Effekten.

Kosten an Kantone oder Bürger

Fast ebenso grosse Einsparungen erhoffen sich die Schattenbudgetierer von der Kostenverlagerung von Bund auf die Kantone bei der individuellen Prämienverbilligung der Krankenkasse (IPV) – minus 2,48 Millionen Franken. Kurzfristig solle der Bund den Beitragssatz senken, mittelfristig dann gar kein Geld mehr an die Kantone überweisen. Laut Avenir Suisse sei es nicht Aufgabe des Bundes, die Umverteilungspolitik einzelner Kantone mitzufinanzieren.

Als Folge der Sparmassnahmen würden allerdings die Kosten für die Kantone steigen, eine genaue Prognose dazu gibt der Think Tank aber nicht ab. Möglich auch, dass einzelne Kantone die Prämienverbilligungen in der Folge streichen würden, die Konsequenzen trüge die breite Bevölkerung. Auch weitere der 34 Massnahmen würden Mehrkosten für die Kantone auslösen - Widerstand wäre vorprogrammiert.

Sparen, sparen und Steuern senken

Interessanterweise finden sich unter den Sparvorschlägen auch solche, mit denen nichts eingespart würde. Mit einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 6,4 Prozent liessen sich 0 Franken sparen. Aber damit – so Avenir Suisse – verringerte sich der administrative Aufwand für KMUs und Steuerverwaltungen. Gleiches gilt für den Verzicht auf staatliche Subventionierung von Gebäudesanierungen. Der positive Effekt, der durch die Streichung der «ineffizienten» Massnahme entstehe, soll aber den Kantonen zugutekommen. Sie würden jährlich um 100 Millionen Franken entlastet.

Würde der Bund die Ideen von Avenir Suisse komplett umsetzen, wäre das drohende Defizit sogar mehr als ausgeglichen. Für den Think Tank schliesst sich mit dem Überschuss ein Kreis: Auf Bundesebene liessen sich die Steuern senken, dagegen auf Kantonsebene erhöhen. Damit wären die Kantone gerüstet, ihre neuen Aufgaben auch bezahlen zu können.