Chinas Aktienmarkt: Warum Anlegerinnen und Anleger das Handtuch werfen

Böses Erwachen in China. Nach dem Ende des 20. Parteitages der Kommunistischen Partei kam es an den Börsen erneut zu massiven Verlusten. Der Hongkonger Aktienindex Hang Seng brach am Montag mehr als 6 Prozent ein und liegt unterdessen so tief wie seit 2009 nicht mehr. Die Indizes der Festlandbörsen fielen zwischen 2 und 3 Prozent. Damit akzentuierte sich der Abwärtstrend an den chinesischen Börsen, während die Aktienmärkte im Rest der Welt im Oktober zumindest vorläufig einen Boden gefunden haben. Für die anhaltende Skepsis gegenüber den chinesischen Aktienmärkten gibt es viele Gründe. Mehr Ideologie, weniger Pragmatismus Der 20. Parteitag der Kommunistischen Partei hat keinerlei Überraschungen gebracht, die Anlegerinnen und Anleger optimistischer hätten stimmen können. Präsident Xi Jinping hat seine dritte Amtszeit bekommen und seine Macht gefestigt. Davon zeugt auch die Besetzung des neuen Ständigen Ausschusses des Politbüros, des höchsten Gremiums des Zentralkomitees. Die Mitglieder gelten alle als loyal gegenüber Xi und entsprechend sind keine abweichenden Meinungen zu erwarten. Und was Xi mit der Wirtschaft will, hat er in seiner Rede nochmals bestätigt. Unter der Parole «gemeinsamer Wohlstand» sollen die Früchte des Wachstums besser verteilt werden. Dazu gehört auch, dass die mächtigen Internetkonzerne stärker reguliert werden. Die neue Ausrichtung steht generell für mehr Ideologie und weniger Pragmatismus in ökonomischen Belangen. Dass unter dieser Politik auch das Problem der Verschuldung etwa im Immobiliensektor angegangen werden soll, ist laut Ökonomen wie dem Pekinger Finanzprofessor Michael Pettis zu begrüssen, aber es bedeutet, dass die Wachstumsraten noch länger sehr bescheiden sein werden. Wenig Hoffnung auf Lockerung der Covid-Politik Premierminister wird wahrscheinlich Li Qiang werden, der als Nummer zwei hinter Xi neu in den Ständigen Ausschuss ernannt wurde. Li ist der Parteichef von Schanghai und hat den harten Lockdown in der Metropole zu verantworten. Er dürfte der letzte sein, der sich gegen die von Xi befürwortete Null-Covid-Strategie und die strikte Lockdown-Politik wehrt. Die Hoffnung ist damit geschwunden, dass die Covid-Regeln bald gelockert werden und Chinas Konsumsektor einen Aufschwung erlebt. Beobachter und Beobachterinnen gehen davon aus, dass erst nach dem Nationalen Volkskongress im März die Covid-Politik geändert wird. Neben der Politik belasten auch neue Konjunkturdaten die Börsenkurse. Mit einer Woche Verzögerung hat die statistische Behörde wichtige Wirtschaftsdaten für den Monat September und das dritte Quartal publiziert. Details offenbaren Schwächen der chinesischen Konjunktur Auf den ersten Blick waren diese Zahlen gar nicht so schlecht: Das Bruttoinlandprodukt (BIP) hat im dritten Quartal im Vorjahresvergleich real 3,9 Prozent zugenommen. Das ist besser als von den befragten Analystinnen und Analysen erwartet und deutlich mehr als im zweiten Quartal, als die Wachstumsrate wegen des Corona-Lockdowns in Schanghai und den Mobilitätseinschränkungen in anderen Regionen auf 0,4 Prozent gefallen war. Auch die Exporte haben die Analystenschätzungen übertroffen. In Dollar nahmen die Ausfuhren im September trotz global schwierigem Umfeld 5,4 Prozent zu. Die Industrieproduktion ist 6,3 Prozent gestiegen, ebenfalls mehr als erwartet. Gestützt wurde sie durch die Anlageinvestitionen, die 6,6 Prozent zugenommen haben. Doch andere Bereiche offenbaren die Schwächen von Chinas Wirtschaft: Die Arbeitslosenquote ist von 5,3 auf 5,5 Prozent gestiegen. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt weiterhin rund 18 Prozent. Der Einzelhandelsumsatz ist immer noch unter Vorjahresniveau und die Flaute im Immobiliensektor hält an. Gegenüber dem Vormonat wurden im September 17,9 Prozent weniger Flächen verkauft und die Häuserpreise sind tendenziell rückläufig. Der Datenkranz zeichnet ein durchzogenes Bild der chinesischen Konjunktur. Vor allem aber zeigt er, dass der auch von der Regierung angestrebte Umbau zu einer ausgeglicheneren Wirtschaftsstruktur mit weniger Investitionen in weite Ferne gerückt ist. Momentan passiert genau das Gegenteil von dem, was China eigentlich bräuchte. Die Investitionen ausserhalb der Immobilienbranche nehmen weiter zu, aber der Konsum bleibt schwach.

Chinas Aktienmarkt: Warum Anlegerinnen und Anleger das Handtuch werfen

Präsident Xi verfestigt seine Macht, die Börsen sind auf Talfahrt