Der Gaspreis springt auf Rekordhöhe – und Putin lacht sich ins Fäustchen

Der Gaspreis kennt derzeit nur eine Richtung: nach oben. Kostete die Megawattstunde Anfang Jahr noch rund 15 Euro, so bezahlen Gaskunden für eine Lieferung auf Termin im kommenden Jahr mittlerweile mehr als 40 Euro (siehe Grafik unten). Relevant für die Schweiz sind die Gaspreise in Deutschland, da fast alles Gas über den deutschen Nachbar importiert wird. Hinter den Preissteigerungen stehen verschiedene Gründe, am eindeutigsten sichtbar ist aber die Handschrift Russlands. Dieses hat die Lieferungen von Gas über die Leitungen durch Osteuropa massiv gedrosselt. So wurde Druck auf Europa – und insbesondere Deutschland - ausgeübt, die umstrittene Erdgas-Pipeline «Nord Stream 2» durch die Ostsee endlich in Betrieb zu nehmen. Zwar ist diese Pipeline mittlerweile fertig gestellt. Aber von der ersten Bewilligung bis zur eigentlichen Inbetriebnahme dauert es normalerweise rund vier Monate. Eigentlich kann sich Europa das nicht leisten, und so wird nun darüber spekuliert, ob Nord Stream 2 in einem abgekürzten Verfahren bewilligt werden kann, um Gas-Engpässe im Winter zu vermeiden. Ein früher, kalter Winter könnte zu ernsthaften Problemen führen. Leere Erdgasspeicher in EuropaHinzu kommen weitere Elemente, welche die Preise treiben: Weil schon das ganze Jahr weniger Gas aus Russland nach Europa floss, konnten die hiesigen Erdgasspeicher nicht – wie üblich – aufgefüllt werden. Im September waren sie lediglich zu etwa 70 Prozent gefüllt, wie Zahlen der europäischen Behörden zeigen. So leer waren die Gasspeicher seit vielen Jahren nicht mehr. Noch im Vorjahr betrug der Füllstand um diese Zeit mehr als 90 Prozent. Die Schweiz ist dabei voll durch die Versorgung aus dem Ausland angewiesen, denn im Inland gibt es keine ernsthaften Reserven. Ohne einen Zufluss von Deutschland bricht die Versorgung hier schon nach wenigen Stunden zusammen. Flüssiggas nach Asien, mehr Gas für StromproduktionTief sind die europäischen Gasreserven auch, weil zuletzt viel Flüssiggas mit Schiffen nach Asien exportiert wurde. Auch dort waren die Reserven nach einem kalten Winter tief und die Nachfragen entsprechend hoch. Gleichzeitig wurden in den Niederlanden offenbar im Corona-Jahr 2020 aufgeschobene Service-Arbeiten an Gasfeldern durchgeführt, was die Produktion in Europa senkte. Schliesslich wird der Gaspreis auch vom Strommarkt getrieben – und dort absurderweise von den teuren CO2-Zertifikaten, die Strom aus Gaskraftwerken eigentlich unattraktiv machen sollten. Doch mittlerweile wurden diese CO2-Zertifikate, die es für die Produktion von fossilem Strom brauch, so teuer, dass der eigentlich billigere Kohlestrom unrentabel wurde und jetzt wieder mehr Erdgas verstromt wird. Auf das alte Preisniveau vor 2021 dürfte der Erdgaspreis also auch bei einer raschen Eröffnung der russischen Pipeline nicht zurück kehren. Der eine oder andere dürfte diesen Winter den Gaspreis auch in der eigenen Abrechnung zu spüren bekommen.