Am Donnerstag hat die Meldung aufgeschreckt, dass die Inflation in den USA im Januar im Vergleich zum Vorjahr bereits auf 7,5 Prozent angestiegen ist. Nicht nur die US-Notenbank kommt damit unter Druck, die bereits vorgesehene Straffung ihrer Geldpolitik zu beschleunigen, auch in Europa nimmt die Debatte dazu an Fahrt auf. Eine Folge davon: Binnen einer Woche ist der Kurs des Euro in Franken überraschend stark angestiegen: von unter 1,04 auf bis 1,06 Franken im Maximum. Das heisst, die Schweizer Währung hat gegenüber dem Euro an Wert verloren.

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Auslöser dieser Entwicklung ist eine komplett neue Einschätzung zur künftigen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Nachdem die US-Notenbank Fed mit der Ankündigung einer eingeschränkten Geldversorgung bereits vorgeprescht ist, zeichnet sich jetzt eine Schubumkehr in Europa ab.

Noch bis Anfang Februar schien es, als ob die EZB wie auch die Schweizerische Nationalbank noch für längere Zeit an ihren aktuellen negativen Leitzinsen festhalten würden.

Doch am 3. Februar änderte EZB-Chefin Christine Lagarde die Wortwahl und erklärte, die Notenbank sei «einhellig besorgt» über die auf 5,1 Prozent gestiegene Teuerung. Eine Zinserhöhung dieses Jahr schloss sie nicht mehr aus – anders als noch Wochen zuvor.

An den Kapitalmärkten wurde das als Ankündigung verstanden, was sich sogleich in höheren Zinssätzen niederschlug und wie erwähnt auch in einem höheren Euro-Kurs.

Der aktuell wieder schwächere Franken ist Wasser auf die Mühlen all jener, die auch von der Schweizerischen Nationalbank einen entsprechenden Kurswechsel verlangen. Diese begründete ihre Politik des weltrekordtiefen Leitzinses von minus 0,75 Prozent bisher stets damit, dass nur so eine zu starke Verteuerung des Frankens verhindert werden könne.

Entkräftete bisherige Argumente

Doch die gesetzliche Aufgabe der SNB ist nicht die Beeinflussung des Wechselkurses, sondern die Gewährleistung der Preisstabilität. Deshalb begründete sie ihr Vorgehen damit, dass ein zu teurer Franken auf die Importpreise drücke und die Preisstabilität so durch fallende Preise gefährde. Angesichts der vor allem im Ausland ungemütlich stark steigenden Preise überzeugt dieses Argument aktuell nicht. Ein teurer Franken war im letzten Jahr zudem nützlich, gerade weil er half, den Preisanstieg in der Schweiz in Grenzen zu halten.

Mehr Bedeutung hatte das Argument, dass ein überteuerter Franken der Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Exporteuren schadet. Aber auch diese Sorge verliert durch die im Ausland höhere Teuerung an Bedeutung. Die deutliche Aufwertung des Frankens im Jahr 2021 hat für sich genommen zwar Schweizer Exporte verteuert, doch das wurde durch im Vergleich zum Ausland deutlich weniger stark steigende Güterpreise in der Schweiz kompensiert.

Führen die aktuellen Unsicherheiten etwa um die Ukraine nicht zu einer Katastrophe und krebst die EZB nicht wieder zurück, gibt es für die SNB keinen Grund, nicht auch einen Kurswechsel zu vollziehen: Ein Leitzins von Minus 0,75 Prozent hat keine Berechtigung mehr.