Einen Tag nach den Lockerungsbeschlüssen der Europäischen Zentralbank (EZB) melden sich die Kritiker unter den Währungshütern zu Wort. Die Notenbank-Chefs der Niederlande und Österreichs erklärten am Freitag, dass sie die neuen Massnahmen skeptisch sehen oder gar ablehnen.

Die am Donnerstag verkündeten Massnahmen, vor allem der Neustart der Anleihenkäufe, passten nicht zum aktuellen Konjunkturumfeld, erklärte der niederländische Notenbankchef Klaas Knot. Es gebe gute Gründe, die Wirksamkeit zu bezweifeln.

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Wirtschaft ausgelastet, Löhne steigend

Die Wirtschaft im Euro-Raum sei voll ausgelastet, zudem stiegen die Löhne. Die Finanzierungsbedingungen für Konsumenten, Unternehmen und Regierungen seien sehr günstig. 

Die EZB hatte unter anderem eine Erhöhung der Negativzinsen beschlossen. Zudem sollen die – umstrittenen – Anleihenkäufe wieder aufgenommen werden. Ab November sollen pro Monat neue Zukäufe im Volumen von 20 Milliarden Euro hinzukommen. Sie sollen erst gestoppt werden, wenn die EZB kurz vor einer Zinserhöhung steht.

Knot wandte nun ein, dass es ja bereits Anzeichen für verzerrte Kurse an den Finanzmärkten und eine überhöhte Risikobereitschaft im Immobilienmarkt.

Es bestehe weder die Gefahr einer Deflation – also einer schwer zu stoppenden Abwärtsspirale aus Preisen, Löhnen und Investitionen –, noch Anzeichen für eine Rezession im gesamten Euro-Raum. Zwar bereite Sorge, dass die Inflation unter der Zielmarke der Notenbank liege. Daraus folge aber nicht, dass der Neustart eines Instruments angemessen sei, das eine so grosse Tragweite hat wie die Anleihenkäufe.

Auch Österreichs Notenbank-Chef Robert Holzmann meldete zumindest Zweifel an. Auf die Frage, ob andere und auch er dachten, dass die Beschlüsse vielleicht ein Fehler gewesen seien, sagte er Bloomberg TV: «Ich bin mir sicher, dass diese Idee einigen Leuten durch den Kopf ging. Mir ging sie definitiv durch den Kopf.»

Insidern zufolge war EZB-Präsident Mario Draghi mit dem Vorschlag zur erneuten Auflage der Anleihenkäufe in der Zinssitzung auf starke Opposition gestossen. Laut Holzmann waren Zweifel an der Wirksamkeit des Pakets ein Hauptgrund für den Widerstand.

(Reuters)