Seit einem Monat gelten die westlichen Sanktionen gegen Russland, die als Reaktion auf den Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar verhängt wurden.

Sie reichen vom Stop von Hightech-Lieferungen über das Einfrieren der Devisenreserven der Zentralbank bis hin zum weitgehenden Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungsnetzwerk Swift. Nach und nach werden die Folgen dieser Massnahmen auf die russische Wirtschaft sichtbar. Nachfolgend ein Überblick:

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INFLATION

Sie ist bereits deutlich gestiegen. Mitte März erreichte die Teuerungsrate mit 14,53 Prozent den höchsten Stand seit November 2015, wie aus Daten des Wirtschaftsministeriums hervorgeht. Eine Woche zuvor hatte sie noch bei 12,54 Prozent gelegen.

Nahezu alle Waren wurden teurer - von Babynahrung bis hin zu Medikamenten. Grundnahrungsmittel wie Zucker und Zwiebeln kosteten über 13 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ökonomen gehen davon aus, dass sich die Inflationsrate weiter in Richtung der 20-Prozent-Marke bewegen wird.

STAATSFONDS

Gelitten hat bereits der Nationale Vermögensfonds, in dem die Öleinnahmen von Russland angelegt werden. Dessen Wert schmolz im Februar um 11,5 Prozent zum Vormonat auf umgerechnet 154,8 Milliarden Dollar, wie aus Daten des Finanzministeriums hervorgeht.

Grund dafür ist der sinkende Wert russischer Unternehmen, in denen Geld angelegt wurde. Der Wert der Beteiligung an der grössten russischen Bank Sberbank etwa halbierte sich auf geschätzt 1,5 Billionen Rubel, der an der Fluggesellschaft Aeroflot schrumpfte von 47,4 Milliarden auf 30,7 Milliarden Rubel.

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RUBEL

Vor einem Monat lag der durchschnittliche Wechselkurs der Landeswährung Rubel noch bei 74 pro Dollar. Nach den Sanktionen stürzte der Kurs auf ein Rekordtief von mehr als 120 ab. Im Offshore-Handel fiel er sogar bis auf 160.

Durch die Abwertung werden Importe deutlich teurer, was die Inflation befeuern könnte. Inzwischen hat sich der Kurs wieder etwas erholt und liegt bei etwa 100. Ein Grund dafür ist die Ankündigung von Präsident Wladimir Putin, sich die Gaslieferungen in Rubel statt in Dollar oder Euro zahlen zu lassen.

REZESSION

Die Sanktionen dürften den Experten der Ratingagentur Scope zufolge das Bruttoinlandprodukt in diesem Jahr um mehr als zehn Prozent einbrechen lassen. «Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine werden zu einer viel tieferen Rezession führen als während der Covid-19-Pandemie», heisst es in der aktuellen Studie der Bonitätswächter.

Noch im Dezember - also wenige Wochen vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine - hatten die Scope-Experten mit einem Wachstum von 2,7 Prozent gerechnet. Der Einbruch könnte sogar noch dramatischer ausfallen - abhängig von der Dauer und den weiteren Folgen des Krieges, dem Ausmass der russischen Finanzkrise und der Wahrscheinlichkeit weiterer internationaler Sanktionen.

Noch düsterer sind die Prognosen von Ökonomen des Institute of International Finance: Es sagt für dieses Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 15 Prozent voraus, dem 2023 ein weiteres Minus von drei Prozent folgen soll. «Insgesamt bedeuten unsere Prognosen, dass die aktuellen Entwicklungen die wirtschaftlichen Gewinne von etwa 15 Jahren zunichtemachen werden», so das IIF.

INTERNATIONALES GEWICHT

2020 war Russland nach Angaben der Weltbank die elftgrösste Volkswirtschaft der Welt. Bis Ende des Jahres könnte das Land auf Platz 15 abrutschen, sagt der ehemalige Ökonom der US-Investmentbank Goldman Sachs, Jim O'Neill.

Er hatte einst das Akronym Bric geprägt, mit dem die aufstrebenden grossen Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China zusammengefasst wurden.

RATING

Russland wurde das für Anleger so wichtige Qualitätsurteil «Investment Grade» von den drei grossen Ratingagenturen S&P Global, Moody's und Fitch aberkannt. Damit verliert das Land den Zugang zu vergleichsweise günstigen Krediten, weil Investoren ein hohes Ausfallrisiko signalisiert wird.

(reuters/mbü)