Wie werden sich die Preise für Wohnimmobilien entwickeln?

Die Preise für Wohnimmobilien dürften weiter zulegen. Der Grund ist denkbar einfach: Das Immobilienangebot ist zu gering und die Baulandreserven sind äusserst knapp.

Solange die Zinsen und damit die Finanzierungskosten nicht stark steigen, sowie die Zuwanderung auf hohem Niveau verbleibt, ist keine Trendwende zu erwarten. Mit den bereits sehr hohen Preisen in den Zentren und der Verbreitung von Homeoffice nehmen auch die Preise in eher peripheren Gegenden zu, da die Interessenten ihren Suchradius erweitern, wenn sie nicht mehr täglich pendeln müssen.

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Martin Waeber Immobilien Swiss Marketplace Group

Martin Waeber ist Managing Director der Swiss Marketplace Group. Die neue Gesellschaft betreibt bekannte Plattformen wie acheter-louer.ch, anibis.ch, Autoscout24, Car For You, Financescout24, home.ch, Homegate, icasa.ch, Immoscout24, Immostreet.ch, Motoscout24, Ricardo und tutti.ch.
Die SMG ist ein Joint Venture von TX Group, Ringier, Mobiliar und General Atlantic.

Quelle: ZVG

Welche Entwicklung ist bei Büro- und Detailhandelsflächen zu erwarten?

Bei Büroflächen sehen wir gegenläufige Trends: Die Zahl der Beschäftigten im Dienstleistungssektor und vor allem in büroaffinen Branchen ist auch während der Covid-19-Pandemie in der Schweiz weiter gestiegen. Mit der wirtschaftlichen Erholung wird die Beschäftigung und damit die Nachfrage auch weiterhin zunehmen.

Gleichzeitig ist für viele Menschen die Arbeit im Homeoffice zum festen Bestandteil ihrer Arbeitsrealität geworden. Dies mindert in Summe den Bedarf an Büroflächen. Unternehmen warten derzeit mit dem Anmieten neuer Flächen noch ab.

Parallel dazu wurde das Angebot an Büroflächen in den letzten Jahren je nach Standort zum Teil stark ausgeweitet. Vor allem in Standorten in den äusseren Regionen der Zentren zeigen die Leerflächenzählungen sogar wieder zunehmende Büroleerstände. In der Kombination sind daher aktuell keine grossen Preisanstiege zu erwarten.

Mit Blick auf die Verkaufsflächen verzeichnete der Detailhandel in der Pandemie sowohl im Jahr 2020 als auch 2021 ein starkes Umsatzplus. Vor allem die
Kategorien Food/Near Food profitierten. Sowohl der stationäre Handel als auch der Online-Handel legten zu, wobei der Umsatzzuwachs bei Letzterem deutlich grösser war.

Das sind natürlich gute Nachrichten für die Besitzer von Logistikflächen, während die Nachfrage und dadurch die Preise für klassische Verkaufslokale unter Druck bleiben. Allerdings dürften sich die wirtschaftliche Erholung sowie das Bevölkerungs- und Beschäftigungswachstum auch wieder positiv auf den Offline-Konsum auswirken.

In den letzten Jahren sind viele neue Mehrfamilienhäuser entstanden, was zu einem hohen Leerstand führte. Ist dieser Bauboom nun vorbei?

In der Tat war der Schweizer Mietwohnungsmarkt in den letzten Jahren durch steigende Leerstände geprägt. Der Hauptgrund dafür ist klar: Durch das historisch tiefe Zinsniveau haben vor allem institutionelle Anleger wie Pensionskassen in «Betongold» investiert, anstelle das Geld zu null Prozent bei der Nationalbank zu parkieren. Sprich, es wurde «auf Teufel komm raus» gebaut.

Dadurch entstand in den peripheren Regionen ein zu grosses Angebot. Durch die gezielte Reduktion der Neubauten in Regionen mit hohen Leerständen zeichnete sich im vergangenen Jahr nun aber eine Trendwende ab. Derzeit spricht wenig für einen neuerlichen Bauboom.

«Durch das historisch tiefe Zinsniveau haben vor allem institutionelle Anleger wie Pensionskassen in ‹Betongold› investiert (...)»

Werden die Mieten in der Schweiz weiter steigen?

In und um die Zentren dürften die Mietpreise weiter steigen, während in den eher ländlichen Gebieten – aufgrund des nach wie vor grossen Wohnungsangebots – wenig Spielraum für Erhöhungen besteht.

Die Swiss Marketplace Group steht mit ihren Immobilienportalen Homegate und Immoscout24 in Konkurrenz mit den Tech-Giganten Google und Facebook. Wie wollen Sie als Schweizer Anbieter gegen die globalen Konzerne bestehen?
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich Google und Facebook Marketplace in kurzer Zeit zu unseren schärfsten Wettbewerbern entwickelt haben. Dabei agieren diese mit lauteren und – wie von Regulierungsbehörden rund um die Welt zu lesen ist – auch unlauteren Methoden sowie einem schier unendlichen Geldtopf, aus dem diese Unternehmen schöpfen können. Was wir dem entgegenhalten können? Eine Menge! Denn Grösse ist nicht alles.

Das müssen Sie uns erklären.

Als ein rein schweizerischer Anbieter bieten wir massgeschneiderte Lösungen speziell für die Bedürfnisse des hiesigen Marktes. Seit über zwei Jahrzehnten sind wir damit beschäftigt, unsere Plattformen entlang der Kundenbedürfnisse zu bauen. Diese Qualität spiegelt sich auch beim Kundenservice wider, indem persönliche Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Jede Kundin und jeder Kunde ist uns wichtig und wertvoll. Ich weiss nicht, ob man dies über unsere Mitbewerber sagen kann. Stellen Sie sich nur den einfachsten Fall vor: Sie haben ein Problem mit Ihrem Immobilieninserat bei Facebook Marketplace. Versuchen Sie mal, bei Meta Platforms im Menlo Park in Kalifornien anzurufen.

Im Metaversum werden Grundstücke zu Höchstpreisen verkauft. Ergibt dieser Hype um virtuelles Land Sinn – und werden solche Parzellen vielleicht dereinst auch auf Ihren Plattformen verkauft?

Das Metaversum ist eine Wette darauf, dass sich das Internet in diese Richtung weiterentwickelt und sich immer mehr Materielles auch im Immateriellen manifestiert. Spekulanten greifen bei rein virtuellen Immobilien bereits zu kaum mehr nachvollziehbaren Preisen zu. Letztlich muss es sich erst noch beweisen, ob das Metaversum das Zeug hat, zu einem Massenphänomen zu werden, oder ob es sich nur um einen weiteren Hype nach dem Muster von Second Life handelt.

Falls sich das Metaversum aber als nachhaltig entpuppt, kann es für spezialisierte Real-Estate-Marken wie Homegate oder Immoscout24 interessant werden, auch hier Anbietende und Suchende zusammenzubringen.

«Der Reiz einer Immobilie ist zweifelsohne, sie mit allen Sinnen erfahren zu können, anstatt nur über die Augen und Ohren sowie einen Datenhandschuh.» 

So weit sind wir also noch nicht?

Aktuell ist es eher unkomfortabel, sich für eine längere Zeit eine VR-Brille vor das Gesicht zu schnallen. Vergessen wir auch nicht das «Real» in Real Estate.

Der Reiz einer in der Realität existierenden Immobilie ist zweifelsohne, sie mit allen Sinnen erfahren zu können, anstatt nur über die Augen und Ohren sowie allenfalls mit einem Datenhandschuh. 

Laut der Zürcher Kantonalbank machen grosse Maklerunternehmen zunehmend einen Bogen um Immobilienportale und schalten ihre Angebote auf der eigenen Website auf. Können Sie die Aussage bestätigen?

Ich würde nicht sagen, dass grosse Maklerunternehmen einen Bogen um professionelle und etablierte Immobilienportale machen. Allerdings sehen wir bei den grossen Anbietern im Markt, dass sie ihre eigenen Seiten immer professioneller gestalten und sie somit für Suchmaschinen attraktiver und leichter auffindbar machen.

Insofern stimmt die Grundthese. Diese Entwicklung ist bei den Kaufinseraten stärker ausgeprägt als bei den Mietinseraten. Wir dürfen auch nicht ausblenden, dass bei sehr gefragten Lagen oder Objekten Verkäufer und Käufer innert kürzester Zeit zueinander finden. Welche der vielfältigen Möglichkeiten sie im Markt nutzen, um eine Immobilie zu bewerben, ist hier beinahe nachrangig. Ein Käufer findet sich sicher. 

Martin Waeber beantwortete die Fragen schriftlich.