Franken-Dollar-Gleichstand spricht für eine Kursänderung der Nationalbank

Erstmals seit 2019 erreichte der Dollar-Kurs am Donnerstagabend zum Schweizer Franken wieder die Parität. Das heisst, 1 Dollar kostete an den Devisenmärkten wieder 1 Franken und sogar etwas mehr. Das blieb auch am Freitagvormittag der Fall. Die Verteuerung des Dollars steht umgekehrt für eine Abwertung des Frankens zur US-Währung. Eine Überbewertung des Frankens war eines der grössten Probleme für die Schweizer Wirtschaft seit der Finanzkrise und sie erklärt vor allem die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank seither. Weil der Euro-Raum für den Schweizer Aussenhandel allerdings eine noch grössere Bedeutung hat als der Handel mit den USA, steht beim Aussenwert des Frankens das Verhältnis zum Euro stärker im Fokus als der Dollar. Zu einer Abschwächung des Frankens ist es allerdings auch hier gekommen. Noch im März sackte der Preis des Euro ebenfalls auf rund 1 Franken ab, seither hat sich die Gemeinschaftswährung aber wieder auf über 1,04 Franken verteuert. Die Abschwächung des Frankens ist noch ausgeprägter, wenn die Kaufkraft mitberücksichtigt wird, da die Güterpreise in Europa und den USA deutlich stärker steigen als in der Schweiz. Für den Aussenhandel sind die länderübergreifenden Preisvergleiche entscheidend – die sowohl vom Preisniveau in jedem Land wie von den Währungskursen abhängen. Aus Sicht der Nationalbank bedeutet die Entwicklung, dass auch in der Schweiz eine Erhöhung der Leitzinsen möglich wird. Immer mehr Analystinnen und Analysten rechnen mit einem ersten solchen Schritt noch in diesem Jahr. Der aktuell wichtigste Impuls an den Devisenmärkten geht vom Dollar aus. Rezessionsängste und die Aussicht auf eine Serie von US-Zinserhöhungen treiben immer mehr Anleger in die Weltleitwährung. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, notiert mit 104,52 Punkten so hoch wie zuletzt vor zwanzig Jahren. Was den Dollar treibt Der Dollar ist die wichtigste Währung der Welt, die Weltleitwährung. Nachdem die US-Notenbank Fed kürzlich die Zinsen erhöht hat, sorgt das für eine gesteigerte Attraktivität des Dollars, mehr Anleger kaufen den Dollar und erhöhen so seinen Wert. Der Dollar profitiert dabei aber nicht nur von der Aussicht auf eine Serie von Zinserhöhungen der Fed, so Analysten der Barclays Bank laut Reuters. Der Krieg in der Ukraine und die Abkühlung der chinesischen Konjunktur trieben Investoren zudem in den «sicheren Hafen». Der Dollar legt ebenso zum Britischen Pfund, zum Yen und dem Euro zu. Das sind die Folgen Das Erstarken der eigenen Währung freut US-Konsumenten, wenn sie zum Beispiel im Ausland auf Reisen gehen, denn ihre Währung ist mehr wert. Im Gegenzug ist es allerdings für US-Konzerne schwieriger, ihre in Dollar gehandelten Waren im Ausland zu verkaufen. Die Exporte dürften abnehmen. Ebenso die Gewinnaussichten vieler börsengehandelter US-Unternehmen, die stark exportieren. Immerhin: Die Binnenwirtschaft spielt für die US-Ökonomie eine deutlich grössere Rolle als der Aussenhandel. Derweil werden die Exporte in die USA günstiger, und dies hilft der US-Wirtschaft beim Thema Inflation. Die hat in den USA stark zugelegt – im April im Jahresvergleich um 8,3 Prozent – und dürfte somit ein wenig gedämpft werden. Entgegengesetzt das Bild in Europa: Wer als Schweizer oder Schweizerin Ferien in den USA plant, zahlt mehr. Schweizer Firmen, die Produkte in Dollar kaufen müssen, haben ebenfalls das Nachsehen. Dieser Zusammenhang gilt auch für den Euro-Raum: Importe aus den USA werden teurer, weil der Dollar so stark ist. Das erhöht auch den Inflationsdruck. Wie lange die Dollar-Stärke anhält Die Frage ist, wie lange die Dollar-Stärke bestehen bleibt. Thomas Stucki, Chief Investment Officer der St. Galler Kantonalbank, schreibt dazu in einem Bericht: «Die Finanzmärkte werden sich an die höheren Zinsen gewöhnt haben und der im Juni beginnende Abbau der Bilanz der Fed wird mehr ein Hintergrundgeräusch als ein schlagzeilenträchtiges Thema sein.» Wenn die EZB wie erwartet im Herbst die Zinsen in der Euro-Zone anhebe, werde sich die Aufmerksamkeit der Analysten und der Finanzmärkte von Washington abwenden und Frankfurt zuwenden. «Sollte gleichzeitig in den USA der Druck im Arbeitsmarkt abnehmen und die Arbeitslosenrate steigen, was unausgesprochen eines der Ziele der aktuellen Fed-Politik ist, dürfte der Dollar die Gunst der kurzfristig orientierten Anlegerinnen und Anleger rasch verlieren», so Stucki. «Eine Wiederholung von 2017 und damit ein Rückfall des Dollar-Kurses zum Franken in Richtung 0,92 ist wahrscheinlicher als ein dauerhafter Anstieg deutlich über die Parität.»

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Was die Dollar-Franken-Parität bedeutet