Trotz Rezessionssorgen steht die US-Notenbank Fed im Kampf gegen die hohe Inflation vor einer weiteren kräftigen Zinserhöhung. Die Währungshüter um Zentralbankchef Jerome Powell haben bereits Mitte Juni das Niveau um 0,75 Prozentpunkte (75 Basispunkte) angehoben

Sie dürften am Mittwoch nach Ansicht vieler Experten einen weiteren Schritt in dieser ungewöhnlichen Grössenordnung folgen lassen. Der Leitzins läge dann in einer Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent. Auch eine noch drastischere Anhebung um einem vollen Punkt ist nicht ausgeschlossen. 

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Denn die Federal Reserve dürfte es eilig haben, rasch ein sogenanntes neutrales Zinsniveau zu erreichen, mit dem die Wirtschaft nicht länger angekurbelt wird und der Preisauftrieb endlich abebben kann.

Experten befürchten eine zu starke Straffung der Geldpolitik

«Eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte würde die derzeitige geldpolitischen Haltung auf ein Niveau bringen, das von den Zentralbankern höchstwahrscheinlich als neutral angesehen wird», meint DWS-Ökonom Christian Scherrmann. Der Präsident des Fed-Bezirks Atlanta, Raphael Bostic, sprach sich unlängst dagegen aus, die Zinsen «zu drastisch» anzuheben. 

Ansonsten könnten positive Trends in der Wirtschaft geschwächt und die bereits beträchtliche Unsicherheit erhöht werden. Experten befürchten, dass eine zu starke Straffung der Geldpolitik die Konjunktur abwürgt. Nach Veröffentlichung der jüngsten Inflationsdaten hatte Bostic zunächst eine Zinsanhebung um einen vollen Punkt nicht ausgeschlossen.

Womöglich befinden die USA schon in einer Rezession

«Das letzte Mal, dass es den politischen Entscheidungsträgern in den USA gelang, die Inflation von einem so hohen Niveau aus zu senken und gleichzeitig eine Rezession zu vermeiden, war 1951», gibt Shamik Dhar, Chefökonom des Vermögensberaters BNY Mellon, zu bedenken. Die US-Wirtschaft befinde sich möglicherweise bereits in einer «technischen Rezession», so KfW-Chefökonomin Fritzi Köhler-Geib. Mit dem Fachbegriff sind zwei Quartale in Folge mit schrumpfender Wirtschaftsleistung gemeint.

Die Ökonomin verweist darauf, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) in den ersten drei Monaten des Jahres bereits um 0,4 Prozent im Vorquartalsvergleich geschrumpft sei. Die Fed des Bezirks Atlanta prognostiziere in ihrer Schnellschätzung auch für das zweite Quartal eine konjunkturelle Talfahrt. 

Die Gründe hierfür seien jedoch eher technischer Natur, beispielsweise spiele die Veränderung von Lagerbeständen eine grosse Rolle: «Da sich der Arbeitsmarkt aber weiterhin in einer sehr guten Verfassung präsentiert und gleichzeitig die Inflation auf hohem Niveau verweilt, gehe ich davon aus, dass die Fed den Leitzins zum zweiten Mal in Folge um 75 Basispunkte anheben wird», sagte Köhler-Geib.

Die US-Konsumentenpreise steigen immer weiter

Die immer weiter steigenden Konsumentenpreise zehren an der Kaufkraft der US-Bürger. Die Inflationsrate lag zuletzt bei 9,1 Prozent – der höchste Stand seit Ende 1981. Viele Experten und auch die Notenbanker waren von dem erneuten Inflationsschub kalt erwischt worden. Fed-Direktor Christopher Waller dämpfte die danach ins Kraut schiessenden Zinsfantasien indes.

Er betonte, die Fed werde nichts übers Knie brechen und ihre Zinsentscheidung nicht von einer einzigen Zahl abhängig machen, sondern eine Reihe von Daten analysieren. Die Märkte seien nach den schlechter als erwartet ausgefallenen Inflationsdaten wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen.

Ein sehr grosser Zinsschritt ist nicht wahrscheinlich

Dies wurde als Hinweis gewertet, dass die Fed eine Erhöhung um einen vollen Prozentpunkt wohl eher nicht wagen wird. Auch Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner erwartet, dass es nicht dazu kommen wird: «Aufgrund der zunehmenden Signale einer wirtschaftlichen Abschwächung und einer Beruhigung bei den Inflationserwartungen ist ein noch grösserer Schritt nicht wahrscheinlich.» 

(reuters/mbü)