Schützender Schirm oder fruchtbarer Humus: Welche Funktion hat das Eidg. Personalamt für die Bundesverwaltung? Barbara Schaerer überlegt nicht lange: «Wir definieren das Tempo der personalpolitischen Entwicklung in der Bundesverwaltung, schlagen die Pflöcke ein, legen die Leitplanken der Route fest und geben so die Marschrichtung vor.» Die Strategie setze sie im Auftrag des Bundesrats um, präzisiert die neue Direktorin des Eidg. Personalamts EPA.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Als Beispiel nennt die Chefin über 120 EPA-Angestellte die Gleichstellung: «Die Quote von 33% Frauenanteil in der Bundesverwaltung wurde vom Bundesrat definiert. Wir bieten die Instrumente zur Umsetzung. Wie die einzelnen Bundesämter diese Quote erreichen wollen, überlassen wir ihnen.»

Beim eigenen Kader hat Barbara Schaerer Glück: Es ist ihr soeben gelungen, einen Geschäftsleitungssitz mit einer Frau aus der Romandie zu besetzen; zwei Fliegen auf einen Schlag und die Umkehr zur Frauenmehrheit in der Geschäftsleitung. Und ihr junger Kommunikationschef, der allen Presseinterviews neugierig beiwohnt, ist von Vaters Seite her Inder. Diversität also nach allen Seiten.

Wieder Personal aufstocken

Ob eine Frau oder ein Mann an der Spitze steht, war nicht das Kernproblem des Eidg. Personalamts. Sondern sein Schlingern innerhalb der Verwaltung und als Konsequenz daraus ein massiver Personalabbau bis auf den halben Bestand. Als Folge der Restrukturierung sank die Motivation und die Resultate schwanden. Das EPA verlor an Bedeutung, und die Angestellten wussten nicht, ob sie zwei Jahre später noch einen Job hätten.

Aufbruchstimmung verbreiten

«Jetzt geben wir Gas, positionieren uns neu und packen unsere Aufgaben zügig an», betont die neue Amtsdirektorin. «Wir werden es schaffen, denn wir haben viele gute Kräfte an Bord», gibt sich Schaerer zuversichtlich.

Sie ist nach einer dreijährigen Interimsphase angetreten, dem EPA wieder Beine zu machen und ebenso effizient wie effektiv in die Zielräume einzulaufen. Ihre Aufgabe gleicht der eines Sportcoachs: Sie muss die Trainingspläne schreiben und ihr Team zu Bestleistungen motivieren. Ist das schwierig? Sie, die Tennisass Roger Federer bewundert, verneint: «Ich sehe uns als Dienstleistungsbetrieb mit dem Auftrag, das Produkt Personalpolitik intern gut zu verkaufen.»

Mit den Mechanismen vertraut

Auch wenn die Gesetzesbuchsammlung in ihrem USM-Regal nicht mehr komplett ist, hat die Juristerei immer noch einen wichtigen Stellenwert in Barbara Schaerers Berufsleben. Denn alles, was sie anrührt, basiert auf Gesetzen.

Systemisch zu arbeiten fällt der begabten Juristin zum Glück leicht: Als Sektionschefin, Vizedirektorin der Eidg. Finanzverwaltung sowie Leiterin Rechtsdienst und Stv. Direktorin des Eidg. Finanzdepartements brachte sie mit neuen Gesetzesartikeln Geldwäscher in Bedrängnis und Expertenkommissionen zu Bankenliquidation, Einlegerschutz und Finanzmarktaufsicht ins Schwitzen.

Abläufe und Strukturen sind ihr vertraut; sie kennt die Bundesverwaltung ebenso gut wie ihre Handtasche. Und das subtile Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit fasziniert sie so sehr wie Kunst an der Wand. Kein Wunder, greift sie zu einer Symbolik, wenn sie erzählt, vor ihrem Stellenantritt am 1. Mai 2008 sei sie von Bundesrat Hans-Rudolf Merz dazu aufgefordert worden, «beim EPA das Bild der Wahrnehmung wieder umzudrehen und für einen guten Geist zu sorgen».Überdies sei es nicht damit getan, die Mechanismen zu kennen, sinniert Barbara Schaerer: «Bundesrat Merz kennt mich und vertraut mir. Er weiss, dass er auf mich zählen kann und dass ich stets gut vorbereitet bin. Qualität ist mir wichtig. Das gibt allen Betroffenen Sicherheit.» Vieles, das man ihr aufgetragen habe, sei bis Ende 2009 erreichbar. Diese Selbsteinschätzung ist typisch: Ebenso pragmatisch wie zielsicher.

Die Zeit der philosophischen Höhenflüge ist vorbei. Es geht vorwärts bei der Bundesverwaltung, nicht nur aufwärts. Sie sei gekommen, «eine klare Linie hineinzubringen», betont die Chefin mit zackiger Stimme. Sie werde zum Beispiel alles daran setzen, die an die Departemente ausgelagerte Aus- und Weiterbildung wieder beim EPA zu zentralisieren, sagt Schaerer und blickt von der Eigerstrasse über die Aare zu Bundeshaus und Bundesverwaltung hinüber. Früher lag ihr Büro dort, jetzt stammt von dort ihr Auftrag.

Ein Auftrag mit positiven Chancen, findet die 52-Jährige. «Me cha hie öppis bewege u präge.» Was auch ihr Umfeld wusste: Nach ihrer Ernennung erhielt Schaerer per Mail und Post viele Reaktionen. Zu ihrem Erstaunen war die Botschaft fast identisch: «Herzliche Gratulation, dass du diese Herausforderung annimmst. Es wird nicht einfach werden für dich», so lautete der Tenor.

Allen Schreibenden will die zähe Joggerin beweisen, «dass das schier Unmögliche möglich ist». Sie nimmt dafür in Kauf, «im Glashaus zu sitzen und noch härter zu arbeiten als je zuvor». Dies für einen professionellen Betrieb, der Monopolberufe wie Zöllner und Diplomatin vereint und von den Kulturen aller Landesteile durchtränkt ist.

Alle Amtsdirektoren kennen

Um ihre Ziele zu erreichen, wirft Barbara Schaerer alles, was sie an Talent und Tools zur Verfügung hat, in die Waagschale. Und eine grosse Portion Perfektion und Kontrolle hinterher. 36000 Mitarbeitende der Bundesverwaltung werden es hoffentlich schätzen.

Warum könnte der Höllenritt gelingen? Barbara Schaerer hängte ein MBA-Studium mit Schwerpunkt Betriebswirtschaft an ihre juristischen Ausbildungen an, das sie 2004 mit summa cum laude abschloss. Kein Zufall, sondern Ernte harter Arbeit.

Nebst den Diplomen ist es die Diplomatie, welche zu Schaerers Erfolg beiträgt: Während 25 Jahren Bundesverwaltung hat sie ein Netzwerk von seltener Dichte geknüpft. Es gibt kaum ein Kadermitglied der Verwaltung oder einen Exponenten aus der Wirtschaft, den sie nicht persönlich kennt. Den Verdacht, ihr Lebenspartner, Post-Chef Ulrich Gygi, habe dem Netz ein paar Knoten beigesteuert, kontert sie mit einem scharfen: «Ich bin ich, und er ist er!»

Karriere statt Kind

Die kinderlose Direktorin verkörpert eine Frauengeneration, die sich zwischen Nachwuchs und Karriere entscheiden musste, die anschliessend mit Erfolg um ihre Rechte kämpfte und die zu stolz war, um von Männern gefördert zu werden. So wie die 52-Jährige Ski fährt – nämlich mit der Kraft eines Mannes und dem Geschick einer Frau –, zieht sie elegant ihre Spur. Sie erwischt längst nicht alle Tore beim Slalom durch den Verwaltungsdschungel, aber sie hat die seltene Gabe, Rückschläge nicht persönlich zu nehmen, sondern auf der Sachebene weiter zu fahren.

Aktiver Freigeist

Ist an ihr eine Profipolitikerin verloren gegangen? Wird sie uns eines Tages mit der Kandidatur als Bundesrätin überraschen? Die Liebhaberin von Kunst und Kino lacht lauthals. «Auch wenn mich Doris Leuthard fasziniert, ist ihre Aufgabe kein Ziel für mich. Denn erstens bin ich bewusst parteilos. Und zweitens verorte ich mich bei jeder Frage neu und beurteile sie mit der Lösung vor Augen. Jede Partei würde mich ausschliessen.» Sagts mit einem Augenzwinkern und wendet sich wieder ihrer Aufgabe zu, dem Amtsschimmel die Sporen zu geben.