Noch nie hat sich unsere Realität so rasant verändert wie heute. Neben der globalen Machtverschiebung hin zu einer multipolaren Welt sind vor allem neue Technologien der Haupttreiber. Die Unaufhaltsamkeit und Irreversibilität dieses Wandels brachte Joël Mesot zum Ausdruck, als er bei seinem Amtsantritt als Präsident der ETH Zürich von einem «digitalen Tsunami» sprach, der auf uns zurolle.

Die digitale Transformation unterscheidet sich jedoch in einem wichtigen Punkt von einem Tsunami: Es handelt sich um keine unkontrollierbare Naturgewalt, sondern um einen von Menschen gemachten Wandel. Ein Wandel, der zwar gewaltig ist, aber auch mitgestaltet werden kann – von jedem.

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Deshalb ist es für unsere Zukunft entscheidend, dass wir möglichst viele Digital Leader haben, also qualifizierte, vorausschauende Mitgestalter in Führungspositionen. Und zwar über alle Wirtschaftssektoren hinweg sowie in Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Mitgestalter, welche die Verwüstung des digitalen Tsunamis minimieren und gleichzeitig die ungeheure Kraft in wertschöpfende Bahnen lenken.

Die Orientierung am Silicon Valley ist nur bedingt hilfreich

Sich dabei an der Innovationskultur des Silicon Valley zu orientieren, also jenes Ortes mit der höchsten Dichte erfolgreicher Firmen im Digitalbereich, überrascht nicht. Doch es ist nur bedingt hilfreich. Denn was die Schweiz die letzten hundert Jahre erfolgreich gemacht hat, sind andere – mitunter gegenteilige Werte. Schweizer Präzision und Qualitätsbewusstsein geniessen weltweit Anerkennung, lassen sich aber kaum mit dem Valley-Mantra «Fail fast, fail forward» in Einklang bringen.

Ich glaube deshalb, dass die Schweiz das Silicon Valley nicht kopieren kann, sondern ihren eigenen Weg in die digitale Zukunft finden muss. Und mit dem technologischen Wandel sollte auch ein Kulturwandel einhergehen. Entscheidend dabei: Wie muss sich unsere Führungskultur entwickeln, damit wir die Menschen in unserem Land in die digitale Zukunft mitnehmen können? Und was muss die Führungskraft der Zukunft können?

Gemäss einer Umfrage der Schweizer Kader Organisation bei über 300 Schweizer Führungskräften, die ich im Rahmen des Projektes «Leadership – the Swiss Way» mitinitiiert habe, werden Eigenschaften wie Flexibilität, Risikobereitschaft, Begeisterungsfähigkeit und Inspiration in Zukunft immer wichtiger.

Sunnie

Weibelt seit Jahren für die Digitalisierung: Sunnie J. Groeneveld.

Quelle: TIM PEUKERT

Paranoia und Risikobereitschaft machen die Führungskraft der Zukunft aus

Auf die Frage, was Leadership in der digitalen Zukunft der Schweiz ausmacht, antwortet Marc Walder, Gründer von Digitalswitzerland: «Ein Digital Leader ist eine Führungskraft, die Technologieverständnis hat, quasi als Basis. Darüber hinaus ist er begeisterungsfähiger, inspirierender, flexibler und risikobereiter als seine Vorgänger. Der Digital Leader versteht seine Rolle primär als Coach, der sein Team befähigt und Kollaborationen auch über sein Team hinaus vorantreibt. Und, ganz wichtig: Er lernt jeden Tag dazu – und ist paranoid, dass jederzeit etwas um die Ecke kommen kann, das sein bestehendes Geschäft disrumpiert.»

Anstatt uns von einem imaginären Tsunami überrollen zu lassen, sollten wir die Chancen nutzen, welche die digitale Transformation mit sich bringt. «Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern», sagte Giuseppe di Lampedusa. Wenn die Schweiz 2050 immer noch so wohlhabend, wettbewerbsfähig und innovativ sein soll wie jetzt, muss ein ganzheitlicher Wandel stattfinden können. Und dafür müssen wir die Spitzenpositionen unserer Organisationen mit Digital Leader besetzen.