Was ist noch Spass an Leistung und was ist Überarbeitung? Das ist eine gute Frage beim Begriff Workaholic. Für mich gilt: Der feine kleine Unterschied zwischen Engagement und Workaholismus ist, dass der Suchtgefährdete keinen Ausgleich hat, nicht auf sich achtet, sich nicht genug erholt.

Woran erkenne ich den Workaholic?

  • Er ist unpünktlich bei privaten aber auch geschäftlichen Verabredungen und hetzt von Termin zu Termin
  • Er hört Euch nicht zu, ist in Gedanken immer bei anderen Dingen, die noch zu erledigen sind
  • Er ist erschöpft, hat Gesundheitsprobleme, kann sich nicht erholen, seine Leistungsfähigkeit sinkt zunehmend.
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Das denkt der Workaholic über sich selbst:

  • Ich habe immer mehr zu tun, ich strenge mich immer an, aber zufrieden bin ich mit meinen Ergebnissen nicht.
  • Ich habe alles unter Kontrolle und ich könnte jederzeit anders arbeiten.
  • Ich nehme einfach geistige Aufputsch- oder Schlafmittel, um leistungsfähig zu bleiben. Alkohol geht auch.
  • Puh, ist das langweilig: Es gibt nichts zu tun./ Ich muss warten.

Die fünf grössten Gefahren

… sind schwer zu verallgemeinern, weil die Hintergründe vielfältig sind und immer persönliche Eigenschaften sowie ein entsprechendes Umfeld dazukommen müssen.

  1. Leistung ist eine geförderte Sucht
    Wer viel schafft, ist viel wert, ist das Credo unserer Zeit. Wir finden dank mobiler Geräte kein Ende beim Arbeiten mehr, Überstunden werden nicht als solche empfunden, arbeiten wir einmal nicht, sind wir immer noch in ständiger Betriebsamkeit.
     
  2. Geht nicht gibt es nicht
    Unsere Kultur der Selbstausbeutung ist nicht auf die Arbeit beschränkt. Wir leben in einer Welt, in der keiner den ständig wachsenden Ansprüchen mehr gerecht werden kann. Weil es zu viele und zu hohe in allen Lebensbereichen gleichzeitig sind.
     
  3. Wir werden älter
    Dies ist an sich keine Gefahr. Die Gefahr ist die jahrzehntelange Selbstüberforderung. Wir sind also nicht unbedingt weniger belastbar, weil wir älter sind, sondern weil wir unsere Reserven aufgebraucht haben.
     
  4. Wir setzen die falschen Prioritäten
    Bruce Headey und andere haben Daten zur Lebenszufriedenheit ausgewertet und kommen zu dem Schluss, dass soziales Engagement und Beziehungsziele langfristig zufriedener machen als materielle und Karriereziele. Wir schuften uns kaputt für Ziele, die uns krank und nicht einmal glücklich machen.
     
  5. Es gibt kein «geschafft» mehr
    Wir arbeiten und arbeiten, und es kommt immer mehr. Etwa die Flut von E-Mails: Gerade noch hat man in einer Nachtschicht das Postfach endlich einmal aufgearbeitet, ist der Zustand nach zwei Tagen wie vorher. Oder Zielvereinbarungen. Auch sie sind dadurch gekennzeichnet, dass das nächste Ziel, kaum ist das vorherige mit Mühe erfüllt, schon wieder vor einem steht.

Neues Denken ist gefragt – der Fünf-Punkte-Plan

Wenn ihr euch und andere schützen wollt, heisst es als erstes – Vorbild sein. Und das sind die wichtigsten Spielregeln.

  1. Egoismus 2.0
    Es ist egoistisch, nicht gut für sich zu sorgen. Weil wir dann von aussen die Lieferung unseres Wohlbefindens erhoffen – von anderen Menschen oder eben der Arbeit.
     
  2. Die wissenschaftlich nachgewiesene Gesundheitsformel lautet 3:1
    Glück und Gesundheit brauchen geistige Disziplin. Als günstig gilt der Quotient von drei zu eins. Das heisst: auf jedes schlechte Gefühl sollten mindestens drei gute kommen, auf einmal Überforderung dreimal sich Gutes tun.
     
  3. Startet Aufwärtsspiralen
    Teilt gute Nachrichten mit vielen Menschen, fangt Teammeetings mit Erfolgsnachrichten an, schreibt Nettigkeiten in den Absender eurer E-Mails. Schaut auf das, was ihr leistet. Indem ihr Euren Fokus auf das Positive setzt, schützt ihr euch vor Überforderung.
     
  4. Schützt eure Ressourcen
    Rücken oder Kiefer, Haut oder Augen – ihr kennt Euch selbst am besten und wisst, wo ihr Überlastung am schnellsten merkt. Also sorgt vor! Wenn euer Arbeitgeber keine ergonomische Tastatur oder guten Bürostuhl stellt, dann kauft ihn doch selbst. Es ist euer Körper. Haltet euch fern von Spekulationen und negativen Gedanken. Sie kosten Kraft und Zeit.
     
  5. Nach der Arbeit Abstand schaffen
    Sorgt dafür, dass ihr in einem guten Zustand nach Hause kommt. Jeder sollte nach der Arbeit zunächst einmal allein Stress abbauen. Zum Beispiel durch Sport oder zumindest einen kleinen Weg zu Fuss, Musik und Entspannungs-CDs auf dem Heimweg.

 

Dr. Ilona Bürgel ist als Expertin für körperliches und geistiges Wohlbefinden eine der deutschen Topreferentinnen. Als Vertreterin der Positiven Psychologie hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen an sich selbst zu erinnern. Die Diplom-Psychologin ist nach 15 Jahren Managementerfahrung als eine der ersten Frauen in Führungspositionen in der Anwaltsbranche seit acht Jahren im eigenen Unternehmen tätig. Sie ist Mentorin im Führungskräftetraining der Bundesregierung für Frauen. Sie lebt und arbeitet in Dresden und Aarhus (DK). www.ilonabuergel.de

 

Dieser Artikel erschien zuerst auf Bizzmiss – das Business-Magazin für Frauen mit den Schwerpunkten Karriere und Work-Life-Balance.