Sie zählen zu den kleinesten Teilchen der Materie – und sind ausgesprochen nützlich fürs Industriegeschäft: Elektronen. In beschleunigtem Zustand setzt sie der Industriehersteller Comet beim Röntgen, Sterilisieren oder Oberflächentrocknen ein. Ein Geschäft, das die Firma seit über 65 Jahren versteht. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Firmengründer Gerhard Steck elektronische Röntgenröhren für die Medizin herzustellen, weil der Bedarf in Europa gross war. Die Kernkompetenz der beschleunigten Teilchen hat Comet stets weiterentwickelt.

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Heute bietet die Firma Hochpräzisionsprodukte für die Auto-, Flugzeug- oder Halbleiterindustrie. Diese Präzision passt zu Firmenchef Ronald Fehlmann, der das Berner Unternehmen seit 2011 führt. Mit einem fein verästelten Mindmap unterm Arm erscheint er zum Gespräch. Fehlmann ist vorbereitet. Etwas später sagt er, dass ihm Glaubwürdigkeit und Authentizität gegenüber seinen über 900 Mitarbeitenden sehr wichtig sind. Denn nur Glaubwürdigkeit führe zum nötigen Vertrauen der Mitarbeiter. Im Gegenzug erwarte er konstruktive Kritik und Ehrlichkeit. «Das bekommt man als CEO meist zu selten», sagt der 52-Jährige.

Es liegt nicht an der Komplexität

Kommunikation ist für Fehlmann bei seiner Strategie zentral, nach innen wie nach aussen. Es sei mitunter einer der entscheidenden Faktoren für das gute Resultat 2013 gewesen, sagt der Firmenchef. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen knapp 250 Millionen Franken Umsatz und einen Gewinn von gut 16 Millionen Franken erzielt. Ein Resultat, das Fehlmann mit seiner Comet den ersten Platz des «CEO des Jahres 2014»-Rankings der mittelgrossen Unternehmen beschert.

Fehlmann hat vor allem eins gemacht: Strategie und Kommunikation vereinfacht. Denn mit Wörtern wie «Vakuumkondensatoren» kann kaum einer etwas anfangen. «Es liegt nicht an der Komplexität unseres Geschäfts, sondern an uns, die richtige Sprache für unser Gegenüber zu finden», sagt er. Um den Kunden näherzubringen, was Comet kann, setzt Fehlmann nun dort an, wo die Kunden seine Technologie nutzen: Bei leistungsfähigeren Chips für Smartphones, Röntgenapparaturen für eine verbesserte Qualitätsprüfung in der Automobil- oder Luftfahrtindustrie, bei Maschinen für umweltfreundliche Sterilisierung von Lebensmitteln.

Sterilisieren ohne Chemie

Dabei sollen neue Geschäftsfelder bald für mehr Umsatz und Einnahmen sorgen: Ebeam heisst die neuste Technologie, die Comet über sieben Jahre mit der Firma Tetrapak entwickelt hat. Auch hier kommen beschleunigte Elektronen wie beim Röntgen zum Einsatz. Die Teilchen werden ab nächstem Jahr bei 80 Prozent der Tetrapak-Produktion zur Sterilisierung bei der Getränkeabpackung eingesetzt werden – und ersetzen die Chemie, die es bis anhin brauchte. «Tetrapak suchte jemanden, der diese Technologie in ihre Maschinen einbaut », sagt Fehlmann. «Nur konnte das bis auf uns keiner so wirkungsvoll.» Man sei bereits mit verschiedenen Grosskunden im Gespräch und ziele auf weitere Abschlüsse.

Während Fehlmann erzählt, rauschen hinter den grossen Glasfenstern ununterbrochen Autos über die Autobahn. Die Betonpiste zieht sich durch die grüne Landschaft und liegt direkt hinter dem Comet-Hauptsitz im freiburgischen Flamatt – fernab der globalen Klientel. «Mich fasziniert, wie wir als kleines Unternehmen dank unserer Kompetenz ganz vorne mitspielen», sagt Fehlmann. Er ist stolz, mit seiner Technologie grossen Firmen bei der Umsetzung weltweiter Megatrends wie Smart-Mobility oder Miniaturisierung Hilfe zu leisten.

Meistens «on the road»

Doch mehrheitlich steigt Fehlmann morgens in Meilen nicht in den Zug nach Flamatt, sondern fährt mit der Bahn zum Flughafen. Die meiste Zeit ist er «on the road, bei Kunden», sagt er und nimmt einen Schluck seines Kaffees. Diesen hat er sich selber zubereitet, nachdem er seinem Gast eine Tasse offeriert hatte.

Seit Fehlmann CEO ist, habe er viel lernen müssen. Etwa vermehrt mit grossen Partnern zusammenzuarbeiten. «Man braucht Partner mit Potenz, die etwas im Markt bewirken können», sagt er – wie mit Tetrapak. Denn die technische Innovation alleine reiche nicht, es brauche Partner, die daraus einen Nutzen für den Markt schaffen. «Innovation läuft nur zielgerichtet», für alles andere habe man bei Comet mit begrenzten Forschungsressourcen schlicht keine Mittel, sagt Fehlmann. Der gelernte Ingenieur und Ökonom versteht sich nicht als Wissenschafter: «Mich interessiert, die Transformation von Technologie zu nutzen.»

Dirigieren statt diktieren

Wenn es die Zeit zulässt, streift Fehlmann mittags die Sportbekleidung über und geht am nahe gelegenen Fluss in Flamatt laufen. Sport und Familie seien ihm wichtig. Die Wochenenden gehören der Familie, seiner Frau und den acht- und neunjährigen Söhnen. Auch die Musik sei Ausgleich für ihn – egal, welcher Art, «solange sie eine Leidenschaft hat». Das spüre man sofort. Er nennt dann auch den Dirigenten Claudio Abbado, der ihn für seine Tätigkeit als CEO inspiriere. «Es beeindruckt mich, mit welcher Leidenschaft er die Menschen in den Bann zieht und alles auf ein Ziel ausrichtet.»

Er verstehe es, verschiedene Persönlichkeiten zu orchestrieren, und vergleicht sein Wirken mit jenem eines Dirigenten. «Wie bei Abbado muss es mir gelingen, die Stärken unterschiedlicher Menschen auf ein Ziel auszurichten.» Gelingt ihm das? Er überlegt. «Ich kann ein Umfeld schaffen, in dem sich die Leute wohlfühlen und gerne für mich arbeiten.» Der Rest sei ein stetiger Lernprozess.

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